Die Wachstumstreiber in der Agrochemie sind schnell ausgemacht: eine steigende Weltbevölkerung bei gleichzeitig zunehmendem Wohlstand. Das lässt den weltweiten Bedarf an Nahrungsmitteln enorm anschwellen. Nach Einschätzung des Club of Rome wird sich die Nachfrage bis zur Mitte des Jahrhunderts mindestens verdoppeln. Damit steht fest: Landwirte müssen das Beste aus dem Acker holen. Von der Saatzucht bis zum Pflanzenschutz werden sie dabei von den Agrochemiekonzernen unterstützt.

Doch auch wenn das Gesamtbild nach riesigem Potenzial für die Branche aussieht, ist die Stimmung derzeit eher geerdet. Bereits vor der aktuellen Marktkorrektur kamen die Aktien von Monsanto, dem weltgrößten Hersteller von Saatgut und Genpflanzen, nicht in die Gänge. Für den Erzrivalen Syngenta mit Stammsitz in Basel lief es noch schlechter, die Aktien verloren seit Jahresbeginn ein Fünftel an Wert. Die Hauptschuld an der Misere tragen die sinkenden Agrarpreise. Nach einem starken Jahresauftakt brachen die Getreidepreise zuletzt regelrecht ein. Mais verbilligte sich binnen drei Monaten um 26 Prozent, Weizen gab um rund ein Fünftel nach. Bei fallenden Notierungen droht den Agrardienstleistern ein Umsatzschwund, da die Bauern an ihren Ausgaben für Saatgut und Pflanzenschutzmitteln sparen könnten.

Bei Syngenta kommen hausgemachte Probleme hinzu. Die Schweizer bekamen in China keine Zulassung für ihren genmodifizierten Mais MIR162. Zu allem Überfluss verklagt ein US-Futtermittelhersteller den Konzern auf Schadenersatz. Mit den jüngsten Quartalszahlen konnten die Eidgenossen die Investorengemeinde jedoch etwas beschwichtigen. Angetrieben von der Pflanzenschutzsparte legte der Umsatz in dem traditionell schwachen Quartal um zwei Prozent zu und übertraf damit die Erwartungen. Positiv: Im Abschlussviertel soll sich die Wachstumsdynamik erhöhen. Für das Gesamtjahr rechnet Syngenta unverändert mit einem Umsatzwachstum von sechs Prozent. Der Titel gehört daher auf die Watchlist.

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Langfristiges Potenzial

Auch Branchenprimus Monsanto hat bereits seine Bücher offengelegt - und zwar für das gesamte vergangene Jahr. Der US-Konzern erwirtschaftete im Ende August abgeschlossenen Geschäftsjahr einen um sieben Prozent höheren Umsatz und ein um 15 Prozent höheres Ergebnis je Aktie. In beiden Fällen wurden die Konsensschätzungen übertroffen. "Und dies, obwohl das Umfeld für Agrarunternehmen so schwierig ist wie seit einigen Jahren nicht mehr", kommentiert die Credit Suisse das gute Abschneiden. Monsanto blickt zuversichtlich nach vorn und erwartet einen Gewinn je Aktie von 5,75 bis sechs US-Dollar - ein weiteres Plus von bis zu 15 Prozent. Innerhalb der kommenden fünf Jahre möchte der US-Konzern seinen Gewinn sogar verdoppeln. Damit erscheint ein KGV von 18 günstig.

Das Geschäftsjahr bereits abgeschlossen hat auch die deutsche KWS Saat. Beim ersten Blick in die Bilanz könnte man zusammenzucken: Bei deutlich höheren Erlösen ist der Gewinn abgetaucht. Allerdings hat das zwei spezielle Gründe: zum einen außerordentliche steuerliche Belastungen, zum anderen Investitionen in die Zukunft. Letzteres wiederum spricht für KWS Saat, denn die SDAX-Firma ist auf einem globalen Expansionskurs.

Um die Aktionäre bei Laune zu halten, bleibt trotz des 13-prozentigen Gewinneinbruchs die Dividende unverändert bei drei Euro je Aktie. Im neuen Geschäftsjahr will das Unternehmen beim Umsatz um fünf bis zehn Prozent wachsen und eine Marge vor Zinsen und Steuern von mindestens zehn Prozent erreichen. Die Analysten von Bankhaus Lampe sehen sogar ein Margenpotenzial von elf Prozent. Ihr Urteil: Kaufen, mit Kursziel 322 Euro - ein Aufschlag von einem Viertel auf den aktuellen Kurs.

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Lukrative Wandlung

Dass die Aussichten im Agrogeschäft langfristig stimmen, zeigt der jüngste Schachzug von Bayer. Das DAX-Schwergewicht kündigte an, sich von seinem Kunststoffgeschäft trennen zu wollen und sich fortan auf die rentableren Bereiche Pharma und Agrarchemie zu konzentrieren. "Wir sind trotz zunehmender Schwankungen vom langfristigen Wachstumspotenzial der Agrarmärkte überzeugt", sagt Spartenchef Liam Condon. Bayer CropScience möchte daher künftig noch intensiver nach neuen Pflanzenschutzmitteln und Saatgutsorten forschen und lässt sich das eine Milliarde Euro pro Jahr kosten. Mit Erlösen von 8,8 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnis von 1,7 Milliarden ist die Geschäftseinheit bereits heute einer der Umsatz- und Gewinnträger im Konzern.

Um das langfristige Potenzial der Branche übergreifend zu nutzen, können Anleger auch den Fonds DWS Global Agribusiness in Betracht ziehen. Mit dem breit diversifizierten Portfolio lassen sich kurzfristige Schwankungen besser ausgleichen. Zu den Schwergewichten im Fonds zählen Monsanto, KWS Saat und Syngenta.

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