Am 1. Oktober 1949 rief Mao Zedong die Gründung der Volksrepublik China aus. Das Reich der Mitte zählte seinerzeit sowohl zu den ärmsten als auch isoliertesten Staaten der Welt. 70 Jahre später ist das Land nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der Anteil am kaufkraft­bereinigten Bruttoinlandsprodukt beträgt 18 Prozent. Lässt die konjunkturelle Dynamik in China nach, werden Regierungen, Unternehmen und Investoren rund um den Globus nervös. Für 33 Länder ist China, das 2001 der Welthandelsorganisation WTO beitrat, der wichtigste Absatzmarkt. Für 66 Staaten steht es als ­Importland an erster Stelle. Und in den Depots von Anlegern steigt die Gewichtung chinesischer Titel. Im MSCI All Countries World Index werden sie Ende des Jahres mit sechs Prozent vertreten sein.

China ist auch militärisch stark. Das demonstrierte die Führung in Peking klar am 1. Oktober vor allem in Richtung Washington mit einer massiven Waffenschau zur Feier des 70. Gründungstags. "Keine Macht kann den Fortschritt des chinesischen Volkes aufhalten", verkündete Xi Jinping, Staatspräsident und Generalsekretär der Kommunistischen Partei, die das Land autoritär regiert.

Die Armee soll nicht nur das Reich der Mitte schützen, sondern auch den Großmachtanspruch Pekings glaubhaft untermauern. Der globale Gestaltungswille zeigt sich unter anderem am Projekt "Neue Seiden­straße". Mit Krediten und milliardenschweren Infrastrukturinvesti­tionen in den Ländern entlang der alten Handelsroute von Shanghai bis Europa verschafft sich Peking Einflusszonen.

3,5 Millionen Millionäre


Wirtschaftliche Reformen und die Öffnung des Landes gegenüber dem Westen haben den Aufstieg Chinas zur Weltmacht ermöglicht. Der ­Aufschwung ist bei den Menschen angekommen. 420 Millionen der insgesamt 1,3 Milliarden zählenden Bevölkerung gehören mittlerweile der kaufkräftigen Mittelschicht an. Laut dem Credit Suisse Wealth Report verfügen 3,5 Millionen Chinesen über ein Vermögen von mindestens einer Million Dollar, rund 370 Chinesen haben es zum Milliardär gebracht. Einer von ihnen ist Colin Huang, Vorstandschef von Pinduoduo. Der Onlinediscounter erfreut derzeit die Investoren. In den vergangenen drei Monaten legte die Aktie um über 60 Prozent zu. Auch mit aktiv gemanagten China-Fonds haben Investoren bislang gut verdient. Der UBS Equity China Opportunity (siehe Investor-Info) gewann auf Sicht von fünf Jahren 115 Prozent.

Auch wenn der seit einem Jahr währende Handelskrieg und die Unruhen in Hongkong Anleger derzeit zur Vorsicht mahnen - an langfris­tigen Kursfantasien fehlt es nicht. Seinen wirtschaftlichen Zenit hat China nämlich noch nicht erreicht. Die weiteren Ziele sind ambitioniert: Bis zum Jahr 2049 will das Land eine technologische Supermacht sein. Utopisch ist das nicht. Im Bereich künstliche Intelligenz hat die Volksrepublik laut dem Berliner Mercator-­Institut für China-Studien schon jetzt zweieinhalb Mal so viele Patente angemeldet wie die USA.

Das zunehmende ökonomische und militärische Gewicht gefällt aber den USA nicht. Der von US-Präsident Donald Trump initiierte "trade war" soll nicht nur das enorme Ungleichgewicht beim Austausch von Waren und Dienstleistungen reduzieren, sondern Chinas Vormarsch hemmen. Bringt auch die am 10. Oktober beginnende neue Verhandlungsrunde kein Ergebnis, werden im Dezember fast alle chinesischen Einfuhren in die USA mit Strafzöllen belegt sein.

Börsenbann oder Bluff


Für zusätzliche Unruhe unter den Investoren sorgen die jüngst bekannt gewordenen Pläne aus dem Weißen Haus. Laut Bloomberg erwägt Trump, chinesischen Unternehmen eine Notierung in den USA zu untersagen und bereits gelistete Firmen - derzeit 156 Werte - von der Börse zu verbannen. Die Meldung drückte die Kurse chinesischer Aktien an der Wall Street nach unten, vor allem die Internetriesen Alibaba und Baidu gaben nach. Allerdings gibt es erhebliche rechtliche Hindernisse für ein Delisting. Möglich, dass Trump nur blufft und den Druck auf China erhöhen will. Mutige Investoren nutzen daher den Rücksetzer zum Einstieg.

Investor-Info

UBS Equity China Opportunity
Abweichen von der Linie


Bin Shi will vor anderen Marktteilnehmern aussichtsreiche Titel identifizieren. Bei der Aktienauswahl orientiert sich der Fonds­manager daher an keinem Vergleichs­index. Vor allem Konsumtitel hat er aktuell deutlich höher gewichtet. Hochkapitalisierte Werte wie das Internetunternehmen Alibaba oder das Finanzinstitut China Merchants Bank sind in dem 50 bis 70 Werte umfassenden Portfolio dennoch prominent vertreten. Seit Jahres­beginn legte der Fonds um 30 Prozent zu.