Es sind harte Nüsse, die Deutschlands schnellster Supercomputer namens SuperMUC-NG im Leibnitz-Rechenzentrum in Garching bei München zu knacken hat: Aufwendige Berechnungen zum Klimawandel, Modelle zur Aktivierung von Zellen des Immunsystems, die Krebs­zellen vernichten sollen, oder Algorithmen zur Entstehung des Universums.

Zum Spaß zaubern die 300.000 Rechenkerne der Netzwerkcomputer von Lenovo mit ihrer geballten Leistung auch bunte virtuelle Welten - etwa den Kaisersaal in Bamberg anlässlich der Einweihung des Rechenzentrums durch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Sichtlich stolz auf die Leistungen des neuen Megacomputers ist auch Kirk Skaugen, beim IT-Riesen Lenovo Chef der Sparte für Rechenzentren und Netzwerkrechner. Spezialisten des chine­sischen Unternehmens haben das ­Rechenzentrum der TU München konfiguriert und die maßgeschneiderte Technologie geliefert.

Unter der Leitung von Skaugen, der 24 Jahre bei Intel arbeitete, bevor er 2016 zu Lenovo wechselte, wurde das Unternehmen die globale Nummer 1 ­ bei ­Supercomputern. 140 der weltweit 500 größten Nutzer von Superrechnern sind Lenovos Kunden. Das sind nach ­eigenen Angaben 94 mehr als beim ehemaligen Marktführer Hewlett Packard Enterprise.

Zukunft beflügelt

Wie die Formel 1 in der Autoindustrie loten die Superrechner die Grenzen der Computertechnologie aus. Auch in der Wirtschaft erledigen die Hightech­boliden Aufgaben, die einen hohen Rechenaufwand benötigen, und werden etwa im Bereich künstliche Intelligenz eingesetzt. Andere Trends in der IT-Branche wie Cloud-Computing oder die Industriedigitalisierung beflügeln zudem die Nachfrage nach Netzwerkrechnern. Der Bereich ist einer der dynamischsten der gesamten IT-Branche. Nach aktuellen Zahlen stiegen die Umsätze hier zur Jahreshälfte 2018 um mehr als 40 Prozent.

Der Trend dürfte anhalten. Markt­forscher wie die amerikanische IDC erwarten in den kommenden drei Jahren weltweit einen Anstieg der Unternehmensausgaben für IT-Ausrüstung von im Schnitt jährlich vier Prozent auf insgesamt 3,5 Billionen Dollar im Jahr 2021.

In der digitalisierten Wirtschaft brauchen Unternehmen weitaus leistungs­fähigere IT-Strukturen. Etwa um damit eigene Cloud-Dienste intern zu nutzen und um ihre Systeme mit denen externer Cloud-­Anbieter wie Amazon, Alphabet oder Microsoft kompatibel zu machen. Zudem lässt die Digitalisierung enorme Datenmengen entstehen, die rasch verarbeitet werden müssen. Mitarbeiter greifen über verschiedene digitale Geräte von außen auf Bürodaten zu, der Bereich Datensicherheit macht zusätzliche Rechenkapazitäten notwendig.

Die Standards für Hardware und Betriebssysteme in dieser neuen digitalen Welt setzen sogenannte Hyperscaler. Das sind IT-Dienstleister, die nach einer gängigen Definition der Branche auf 10.000 Qua­dratmeter Fläche mindestens 5.000 Netzwerkrechner, sogenannte Server, betreiben. Dafür sind Hochleistungscomputer notwendig, die Nachfrage ist groß.

"Die Server werden anspruchsvoll konfiguriert, um große Datenmengen zu bewältigen. Der Absatz steigt, die Preise legen zu", sagt Lenovos Spartenchef Skaugen. Während der vergangenen zwei Jahre wurde der Fokus auf die Betreiber großer Serverfarmen verstärkt. "Sechs der zehn größten Hyper­scaler sind unsere Kunden", so Skaugen. Zu den Top Ten der Hyperscaler gehören Amazon, die Alphabet-Tochter Google und Microsoft.

Der Bereich liefert rund ein Zehntel der 45,7 Milliarden Dollar Umsatz von Lenovo. Damit ist er die kleinste Sparte. Doch während das PC-Geschäft, das über 70 Prozent des Umsatzes bringt, in den vergangenen drei Jahren leicht rückläufig war, glänzte die Data-Center-­Sparte mit jährlichen Zuwächsen von über 18 Prozent. Eine Abschwächung ist nicht in Sicht.

Aufstieg der Chinesen

Weltweit bekannt wurde Lenovo durch den Kauf des PC-Geschäfts sowie von Teilen des Servergeschäfts von der amerikanischen IT-Legende IBM. Den Chinesen gelang es anschließend, die Stärke von IBMs Notebookmarke Thinkpad im wichtigen Firmenkunden­geschäft zu nutzen.

Mit 20 Fertigungsstätten und einer Vertriebspräsenz in 160 Ländern ist Lenovo einer der wenigen Anbieter, die den weltweiten Primus bei Netzwerkrechnern, den US-Konzern Dell, ernsthaft herausfordern. Dell ist inzwischen auch für Investoren wieder bestens sichtbar. Gründer und Selfmade-Milliardär Michael Dell hat seine Firma zwischen Weihnachten und Neujahr zurück an die Wall Street geführt.

In den 90er-Jahren hatte der Konzern, ansässig in Round Rock in Texas, mit einem internetbasierten Geschäftsmodell in der Branche für Furore gesorgt. Zu Beginn der Jahrtausendwende stieg Dell schließlich zur weltweiten Nummer 1 der Computerbranche auf. Nachdem die nach einer harten Auslese verbliebenen Konkurrenten die innovativen Ansätze der Texaner in ihre Geschäftsmodelle übernommen hatten, geriet der Primus unter Druck. 2013 nahm Gründer Dell sein Unternehmen von der Börse, um es neu zu sortieren.

Attacke des alten Haudegens

Fünf Jahre später gelingt ihm das Come­back. Der Texaner hat seinen Konzern für den Umbruch in der IT-Welt gut vorbereitet und wieder auf Wachstumskurs gebracht. Dafür wurde vor gut zwei Jahren EMC, der größte Anbieter professioneller Datenspeicherung in Rechenzentren, übernommen. Mit EMC kam auch die Mehrheit an VMWare, einem führenden Spezialisten für Virtualisierungssoftware, zu Dell. Mit den Programmen werden sogenannte virtuelle Server simuliert. Mit diesen zusätzlichen Rechnern können größere Datenmengen platzsparend und schneller verarbeitet werden. Das hilft, wenn in Rechenzentren zunehmend mehr Cloud-­Software gespeichert wird. Neben VMWare hält Dell im Portfolio noch weitere Mehrheitsbeteiligungen an Softwareunternehmen.

Nun wieder an der Börse, müssen die Texaner ihre gesetzten Ziele jetzt wieder ­regelmäßig erreichen. Das wird eine Herausforderung. Denn der Kauf von EMC bescherte dem Unternehmen hohe Schulden und ein unvorteilhaftes Rating. Das verteuert den Abbau der Verbindlichkeiten und belastet auch das Geschäft. Trotz 15 Prozent Umsatzwachstum auf 22,5 Milliarden Dollar wurden im vierten Quartal (bis Ende Oktober) knapp 900 Millionen Verlust gebucht. Und anders als bei Dells Aufstieg in den 90er-Jahren sind Konkurrenten wie Hewlett Packard Enterprise (HPE) und Lenovo jetzt vorbereitet.

Inzwischen müssen IT-Anbieter nicht nur schnelle Hardware, sondern auch passende Software auf Lager haben. "Software wird in der von der Cloud ­geprägten IT ein wesentlicher Faktor für mehr Gewinn sein", sagt Lenovo-Mann Skaugen. Die Hewlett-Packard-Tochter HPE bietet Programme, mit denen Firmen ihre Cloud sowie die Datenwolken externer Anbieter organisieren können. Lenovo gründete jüngst ein Joint Venture mit dem EMC-Rivalen Net App, nach HPE die Nummer 3 in der Datenspeicherung, und erweitert sein Softwareportfolio. Das Comeback von Dell dürfte den Wettbewerb auch hier ankurbeln.

Investor-Info

Lenovo
Ehrgeiziger Aufsteiger

Aktuell legt Lenovo bei Servern doppelt so stark zu wie der Markt und dürfte bald an IBM vorbeiziehen. 2014 übernahm Lenovo einen Teil des Servergeschäfts von IBM. Bei PCs ist Lenovo weltweit die Nummer 1. Das Verhältnis der Nettoschulden zum operativen Gewinn liegt bei 1,3. Damit ist die Verschuldung moderat. Die Aussicht auf höhere Renditen bei Servern und die Sanierung der Mobilfunksparte mit Motorola bringen Kursfantasie. Eine Notierung unter einem Euro ist bei asiatischen Konzernen nicht ungewöhnlich.

Dell
Primus mit Schulden

Rund 67 Milliarden Dollar hat der Kauf von EMC 2016 gekostet - das war fast doppelt so viel, wie Dell jetzt wieder an der Börse wert ist. Aktuell wird das Verhältnis der Nettoschulden zum operativen Gewinn auf 4,4 geschätzt. Die hohe Verschuldung bremst die Kursfantasie. Dell ist die Nummer 1 bei Servern und Nummer 3 bei PCs. Der Konzern ist auch bei Software gut aufgestellt. Vorerst sollten Anleger jedoch abwarten.

Hewlett Packard Enterprise
Solide Nummer 2

Knapp zwei Drittel seines Umsatzes von 31 Milliarden Dollar fährt der auf Unternehmen fokussierte US-Konzern mit Servern und Datenspeichern ein. Ein knappes Viertel der Erlöse liefern Cloud-Dienstleistungen und die entsprechende Software. Mit 1,6 ist das Verhältnis der Nettoschulden zum operativen Gewinn moderat. Gemessen an dem von Analysten erwarteten Gewinnwachstum und der Bewertung ist die Aktie aussichtsreicher als Dell. Attraktive Dividendenrendite. ____________________________