Aktien von Essens-Lieferdiensten und anderen Internet-Bestellfirmen gehören am deutschen Aktienmarkt mit kräftigen Zuwächsen am Dienstag zu den stärksten Werten. Im DAX glänzt HelloFresh mit einem satten Kurssprung, obwohl der Kochboxen-Lieferant in Kürze aus der ersten Börsenliga absteigen muss. Im MDax steht Delivery Hero an der Spitze. Analysten haben ihre Finger im Spiel.

Die Papiere von HelloFresh profitieren von bekräftigten Kaufempfehlungen durch die Privatbank Berenberg und durch die Bank of America. Der Kochboxen-Versender gewinnt bis zum Dienstagmittag gut fünf Prozent hinzu. Die Bank of America bleibt zwar zuversichtlich für HelloFresh, hat aber das Kursziel gesenkt. Die 58 Euro sind aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie der aktuelle Kurs von gut 25 Euro.

Berenberg hat den Wert im Rahmen einer Branchenstudie auf "Buy" belassen und sieht weiterhin ein Kursziel von 60 Euro. Dass der Abstieg von HelloFresh aus dem DAX zum 19. September besiegelt ist, stört offenbar kaum. Dies sei so erwartet worden, heißt es am Markt.

Auch zu Delivery Hero ist Berenberg-Analystin Sarah Simon optimistisch eingestellt. Sie hat das Voting auf "Buy" mit einem Kursziel von 75 Euro belassen. Die Aktie bleibe zudem ihr "Top Pick" unter den Essenslieferdiensten, heißt es in der europäischen Branchenstudie. Sowohl der Marktführer im Bereich Online-Essenslieferung als auch Konkurrent Deliveroo dürften weiterhin besser abschneiden als Just Eat Takeaway mit seinem eher auf den Massenmarkt bezogenen Geschäftsmodell, präzisierte sie. Delivery Hero dürfte von der Lebenshaltungskosten-Krise wegen seines geografischen Schwerpunkts weniger stark in Mitleidenschaft gezogen werden.

Morgan Stanley mit Hochstufung

Die US-Bank Morgan Stanley hat sich ebenfalls positiv zu Delivery Hero geäußert. Analystin Miriam Josiah zeigte sich erfreut darüber, dass die Profitabilität beim Unternehmen mittlerweile einen größeren Stellenwert einnimmt. Dies mache die mittelfristige Margenstory überzeugender. Sie stufte Delivery Hero daher von "Equal-weight" auf "Overweight" hoch und hebt das Kursziel von 62 auf 73 Euro an.

Für Internetwerte insgesamt sieht die Expertin zwar noch Risiken durch ein schwächeres Konsumklima, doch eröffneten die niedrigen Aktienbewertungen in der Branche mittlerweile auch gute Gelegenheiten, schrieb sie in ihrer Studie. Im DAX profitierte davon auch Online-Modeversender Zalando mit einem Kurssprung von gut fünf Prozent.

Delivery Hero, HelloFresh und Zalando hatten während der Pandemie zu den Höhenfliegern am deutschen Aktienmarkt gezählt, weil aufgrund der Lockdowns mit Schließungen von Restaurants und Geschäften der Internethandel boomte. Mit dem Wiederhochfahren des öffentlichen Lebens war die Boom-Phase dann aber schnell vorbei. Inzwischen wurden die hohen Bewertungen der Aktien deutlich abgebaut.

HelloFresh (WKN: A16140)

Fazit

Alle drei Werte arbeiten an einer Bodenbildung. Delivery Hero hat sich dabei von seinem Tief bei knapp 24 Euro Mitte Mai bereits deutlich erholt, HelloFresh und Zalando müssen aufholen. Ob die ehrgeizigen Kursziele der Analysten, die teilweise Kursverdreifachungen voraussetzen, in schwierigen Inflations- und Krisenzeiten auf absehbare Zeit erreicht werden, muss arg bezweifelt werden. BÖRSE ONLINE bleibt insbesondere gegenüber den Essenslieferanten skeptisch. Auch Zalando-Aktien stehen derzeit nur auf einer Beobachtungsliste. 

(Mit Material von dpa-AFX)