Auch an der Wall Street notierten die US-Futures vor dem Handelsstart niedriger. "Die Weltwirtschaft wird unter Problemen in den Versorgungsketten leiden, und natürlich ist China von entscheidender Bedeutung", sagte Teeuwe Mevissen, Stratege bei der Rabobank.
Bei dem wichtigen Handelspartner schlagen die wirtschaftlichen Folgen der seit Wochen bestehenden Corona-Lockdowns immer stärker durch. Sorgen bereitete den Investoren etwa ein Einbruch bei Immobilienverkäufen, die sich im April fast halbierten. Der Einzelhandelsumsatz brach in der Volksrepublik um elf Prozent ein; auch die chinesische Industrie drosselte ihre Produktion.
"Da China seine Null-Covid-Politik kaum aufgeben wird, dürften sich diese Zahlen in den kommenden Monaten wohl nicht verbessern", sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Die Aussicht auf eine Lockerung des Lockdowns für die Wirtschaftmetropole Shanghai begrenzte indes die Kursverluste.
NACHFRAGESORGE DRÜCKEN ÖLPREIS - WEIZENPREIS AUF REKORDHOCH
Spekulationen auf eine geringere Nachfrage angesichts der trüben chinesischen Konjunkturdaten setzten auch dem Ölpreis zu. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich in der Spitze um mehr als zwei Prozent auf 108,84 Dollar je Barrel (159 Liter). Wegen des geplanten EU-Embargos russischer Importe und der zurückhaltenden Anhebung der Fördermengen durch die Opec+-Staaten sei aber nicht mit weiteren größeren Kursrücksetzern zu rechnen, sagte Naohiro Niimura, Partner bei der Beratungsfirma Market Risk Advisory.
Dagegen trieben Angebotssorgen den Weizenpreis in Europa auf ein Rekordhoch. Der Terminkontrakt stieg um rund fünf Prozent auf 431,75 Euro je Tonne. Befeuert wurde die aktuelle Rally vom indischen Export-Verbot für Weizen. Der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt will damit Preissteigerungen im eigenen Land in den Griff bekommen. Seitdem die Ausfuhren aus der Schwarzmeerregion wegen des Krieges in der Ukraine stark zurückgegangen sind, setzten Käufer weltweit bei der Weizenversorgung auf Indien.
REISEBRANCHE UNTER DRUCK
Zu den größten Verlierern gehörte zum Wochenauftakt der Reise- und Freizeitsektor mit einem Minus von rund 1,5 Prozent. So verloren Ryanair in Dublin in der Spitze 6,6 Prozent, nachdem der Billig-Flieger mitgeteilt hatte, dass die Ticketpreise niedriger waren als erwartet. Im Sog von Ryanair ging es auch für die Rivalen Easyjet und Wizz Air um jeweils mehr als drei Prozent nach unten.
Mit Verkäufen reagierten Investoren auch auf die Zahlen von Vantage Towers. Die Titel des Funkturm-Betreibers fielen um rund vier Prozent. Der Ausbau des Geschäfts laufe zu langsam, um die mittelfristigen Geschäftsziele zu erreichen, monierte Analyst Jerry Dellis von der Investmentbank Jefferies. Außerdem bleibe der Ausblick für das Gesamtjahr hinter den Markterwartungen zurück.
Dagegen griffen Anleger bei der Vantage-Mutter Vodafone zu und bescherten ihnen in London ein Plus von knapp zwei Prozent. Der Telekom-Konzern e& aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sicherte sich für 4,4 Milliarden Dollar knapp zehn Prozent der Anteile an dem Mobilfunker. Er rechne nicht damit, dass der neue Eigner auf Veränderungen der Geschäftsstrategie drängen werde, kommentierte Jefferies-Experte Dellis. Er sehe es vielmehr als Gegengewicht zu aktivistischen Investoren.
rtr