Premiere für den neuen Deutsche Bank-Chef Christian Sewing: Wie das größte deutsche Geldhaus am Freitag in Frankfurt mitteilte, lag das Ergebnis 2018 unter dem Strich bei 341 Millionen Euro. Hätten die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die imageschädigenden Fernsehbilder der Geldwäsche-Razzia im November dem Institut nicht das Schlussquartal verhagelt, wäre womöglich sogar noch mehr drin gewesen. 2017 hatte die Deutsche Bank einen Verlust von 735 Millionen Euro geschrieben.

Der seit gut zehn Monaten amtierende Vorstandschef Sewing gab sich zuversichtlich: "Die Rückkehr in die Gewinnzone zeigt, dass die Deutsche Bank auf dem richtigen Weg ist." Das Institut sei allerdings "noch lange nicht" dort, wo es sein wolle. Nun gehe es darum, die nächsten Schritte zu tun und die Bank nach dem Abbau Tausender Stellen und dem Rückzug aus weniger rentablen Geschäften etwa in den USA endlich wieder auf Wachstum zu trimmen: "Wir werden 2019 die Kosten weiter senken und gleichzeitig in Wachstum investieren. So werden wir unsere Profitabilität auch über das laufende Jahr hinaus substanziell steigern." 2018 sanken die Einnahmen um vier Prozent auf 25,3 Milliarden Euro.

Einen konkreten Ausblick auf Erträge und Gewinn im laufenden Jahr wagte Sewing nicht. Der Stellenabbau - bis Ende des Jahres soll es deutlich weniger als 90.000 Deutschbanker geben - laufe planmäßig. Genaue Angaben dazu machte er nicht. "Wir haben 2018 relativ geräuschlos 240 Filialen der Postbank geschlossen." 2019 sei die Zusammenlegung der Zentralen und die Implementierung der Informationstechnik geplant. Er bekräftigte das Ziel, aus der Integration der Postbank 900 Millionen Euro Synergieeffekte zu erzielen.

Auch auf der Kostenseite sieht Sewing Erfolge und wird etwas ehrgeiziger. In diesem Jahr sollen sie auf 21,8 Milliarden Euro sinken. 2018 lagen die bereinigten Kosten bei rund 22,8 Milliarden Euro und damit leicht unterhalb der Zielmarke von 23 Milliarden.

Die leidgeprüften Aktionäre sollen eine stabile Dividende von elf Cent je Aktie bekommen. In den vergangenen Jahren hatte das Institut den Anteilseignern jeweils lediglich eine magere Pflichtdividende ausgeschüttet. An der Börse gab die im deutschen Leitindex Dax notierte Aktie im frühen Handel um gut zwei Prozent nach, nachdem sie am Donnerstag noch um fast vier Prozent in die Knie gegangen war. Der Kurs ist seit Monaten unter Druck, Ende Dezember war mit 6,68 Euro der bisherige Tiefststand erreicht.

Viertes Quartal bremst



Wie andere große Institute litt die Deutsche Bank im vierten Quartal unter den Turbulenzen an den Finanzmärkten, rutschte deshalb aber im Gegensatz zu den wichtigsten US-Konkurrenten sogar in die roten Zahlen. Das Minus belief sich auf netto 409 Millionen Euro. Vor allem der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren - einst die Paradedisziplin der Frankfurter - schwächelte. Hier brachen die Erträge um 23 Prozent ein auf 786 Millionen Euro.

Das Investmentbanking insgesamt, das neben dem Handel auch das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen und die Begleitung von Kunden etwa bei Börsengängen umfasst, musste im Gesamtjahr deutliche Einbußen hinnehmen. Der gebürtige Ostwestfale, der seit Mai 2018 das Geldhaus leitet, gab ein klares Bekenntnis zu der Sparte: "Die Investmentbank ist einer der Eckpfeiler, auf denen die Deutsche Bank einst aufgebaut wurde. Hier liegt auch künftig das Wachstumspotenzial". Die Erträge sanken um mehr als eine Milliarde auf rund 13 Milliarden Euro. Vor Steuern blieben davon nur 530 Millionen Euro übrig. 2017 hatte das Vorsteuerergebnis noch bei 1,1 Milliarden Euro gelegen. Zur Diskussion um die Boni für die Investmentbanker sagte der Bankchef: "Wir werden weiter wettbewerbsfähig zahlen. Durch die um 6000 geringere Mitarbeiterzahl reduziert sich aber die absolute Summe."

Auch in der Vermögensverwaltung - hauptsächlich verbirgt sich dahinter die im vergangenen Frühjahr an die Börse gebrachte Fondsgesellschaft DWS - lief es nicht rund für die Deutsche Bank. Hier halbierte sich das Ergebnis auf 367 Millionen Euro. Das Privat- und Firmenkundengeschäft, in dem auch die Postbank enthalten ist, konnte hingegen die Erträge stabil halten und beim Ergebnis sogar von 465 auf 829 Millionen Euro zulegen.

Fusion?



Zu einer möglichen Fusion seines Hauses mit einer anderen Bank, über die seit langem spekuliert wird, hielt sich Sewing bedeckt. Einen Kommentar zu den immer wieder hochkochenden Übernahmespekulationen wollte er nicht abgeben. "Wir beteiligen uns nicht an diesen Spekulationen", sagte er. "Das Geschäft wird unter dem Gerede nicht leiden." Er habe einen Plan für die Bank, den er konsequent abarbeite. Er sei sehr zuversichtlich, dass es 2019 weitere Fortschritte geben werde.

Er könne auch keinen politischen Druck ausmachen, sagte er dem Nachrichtensender n-tv: "Ich fühle das nicht. Und es ist auch kein Eingreifen." Er freue sich, "dass wir ein Finanzministerium haben, das sich um den Finanzstandort Deutschland wirklich kümmert - sich Gedanken macht. Denn die Bankenindustrie ist enorm wichtig, insbesondere für die deutsche Wirtschaft."

Eine Fusion zwischen der Deutschen Bank mit einem anderen Geldhaus - sei es der heimische Konkurrent CommerzbankCBKG.DE oder ein europäisches Kreditinstitut - wird nach Einschätzung von Insidern immer wahrscheinlicher. Die Analyse der Situation habe sich bei den Banken, bei Analysten, einigen Anteilseignern und im Finanzministerium in Berlin zuletzt deutlich geändert, hatte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Donnerstag zu Reuters gesagt. Vor wenigen Monaten noch habe man gedacht, die Banken hätten mehr Zeit, ihre Hausaufgaben zu machen. Das werde jetzt nicht mehr so gesehen. Die Entscheidung müsse schneller fallen.

Vizechef Karl von Rohr äußerte sich auch zu den Rechtsrisiken und die Verstrickungen seines Instituts in den Geldwäscheskandal der Danske-Bank: "Weder der Danske-Skandal noch die Panama-Papers-Geschichte haben die Dimension, dass die Deutsche Bank dafür Rückstellungen gebildet hat. Auch nach zwei Monaten Recherche haben wir keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhalten der Bank oder unserer Mitarbeiter feststellen können."

Die gesamten Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten des Frankfurter Instituts betrugen Ende 2018 1,2 Milliarden Euro (Ende 2016: 7,6 Milliarden Euro). "Neue Fälle dieser Größenordnung und dieses Risikos sind seit 2016 nicht hinzugekommen", betonte von Rohr. "Das alles zeigt, dass wir heute viel besser und sicherer dastehen als noch vor drei Jahren."

Die Deutsche Bank kommt seit Jahren nicht aus der Krise. 2015 hatte der damalige Vorstandschef John Cryan, der im vergangenen April seinen Hut nehmen musste, einen Rekordverlust von 6,7 Milliarden Euro gemeldet. 2016 lag das Minus dann wegen einer Milliardenstrafe in den USA bei 1,4 Milliarden Euro. 2017 hatte die US-Steuerreform, die bei der Deutschen Bank zu einer Milliarden-Belastung geführt hatte, einen Gewinn verhindert. Ohne diesen Gegenwind hätte Cryan ein positives Ergebnis in Höhe von 900 Millionen Euro einfahren können.

rtr/bih/fh

Einschätzung der Redaktion


Von Wolfgang Ehrensberger

Die Deutsche Bank steckt weiter tief in der Krise. Dass das Institut längst nicht über den Berg ist, haben die Zahlen heute morgen bestätigt. Zwar hat das Geldhaus mit 314 Millionen Euro unter dem Strich erstmals wieder einen kleinen Nettogewinn erzielt - das erste Plus seit 2014. Und der im Mai 2018 angetretene Vorstandschef Christian Sewing kann durchaus Erfolge bei der Neuausrichtung der Bank vorweisen, etwa beim Kostenabbau, wo er die Messlatte für 2019 jetzt höher legt.

Dennoch reichen diese Fortschritte für einen substanziellen Turnaround längst nicht aus. Mit den Resultaten blieb die Bank weitgehend hinter den Erwarungen zurück. Im operativen Geschäft bläst ihr weiterhin kräftiger Wind entgegen: Zins- und Provisionseinnahmen schrumpften insgesamt 2018 um vier Prozent. Und was passiert, wenn es an den Märkten noch turbulenter wird, zeigt das tiefrote vierte Quartal. Eingeschlagen hat es dabei im Kerngeschäft Investmentbanking. Vor allem den rückläufigen Anleihenhandel hat die Bank deutlich zu spüren bekommen. Unter dem Strich stand hier ein Minus von 425 Millionen Euro. Auch die US-Banken haben unter der Flaute gelitten, aber längst nicht so stark. Im gesamten Investmentbanking halbierte sich das Ergebnis.

In diesem schwierigen Umfeld bleibt die Bank mit ihrer schwachen Marktkapitalisierung anfällig für Krisen, die sie schlimmstenfalls in Existenznöte bringen könnten. Dass auch die Rechtsrisiken längst nicht ausgestanden sind, haben die jüngsten Verwicklungen in den Danske-Skandal gezeigt. Kein Wunder, dass die Politik das Institut immer stärker zu einem Zusammenschluss drängt. Allerdings würde ein Zusammenlegen mit der Commerzbank zum jetzigen Zeitpunkt die Probleme nicht lösen. Nennenswerte Kosteneffekte wären zudem nur duch einen massiven Stellenabbau möglich, den auch in Berlin keiner will. Auch potenzielle Käufer aus dem Ausland wie die Schweizer UBS werden sich in der jetzigen Situation dreimal überlegen, ob sie sich tastächlich eine Deutsche Bank ans Bein binden wollen.

Die Deutsche-Bank-Aktie bleibt vor diesem Hintergrund auch bei scheinbar niedriger Bewertung eine hochriskantes Investment.

Empfehlung: Halten
Kursziel: 10,00 Euro
Stoppkurs: 7,00 Euro