Je länger, desto besser - das war einmal in der Zahnchirurgie. Wurden Implantate unter zehn Millimeter Gewindelänge lange Zeit nicht als vollwertig angesehen, hat sich diese Meinung in den vergangenen Jahren komplett geändert. Aktuell geht der Trend zu immer kürzeren Einsätzen. Dies hat wesentliche Gründe: Bei kürzeren Varianten werden aufwendige chirurgische Eingriffe vermieden, die Behandlungszeiten verkürzt und die Kosten gesenkt. Zudem können diese auch bei reduziertem Kieferknochen eingesetzt werden. Marktführer Straumann mit Sitz in Basel hat die Entwicklung frühzeitig erkannt und verfügt in seiner Palette sogar über ein nur vier Millimeter langes Modell.

Dass die Schweizer mit ihren Innovationen erfolgreich sind, zeigt ein Blick in die Geschäftsbücher. Zwischen 2013 und 2017 legte der Umsatz im Durchschnitt um ein Zehntel pro Jahr zu, die Nettogewinnspanne verbesserte sich in diesem Zeitraum von 14,8 auf beachtliche 24,8 Prozent. Und dass Straumann noch längst nicht an seine Wachstumsgrenzen stößt, zeigt der Verlauf im aktuellen Geschäftsjahr. Im dritten Quartal betrug das organische Umsatzplus 18,1 Prozent und lag damit satte zwei Prozentpunkte oberhalb der Konsensschätzung. Das gute Abschneiden hat das Management dazu veranlasst, das zweite Mal in diesem Jahr die Prognose anzuheben. Für 2018 wird nun ein organisches Wachstum im hohen (bisher: mittleren) Zehn-Prozent-Bereich erwartet. Auch bei der Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wird mit einer weiteren Verbesserung gerechnet.

Wachstum rundum



Neben den klassischen Implantaten läuft es derzeit besonders gut im digitalen Geschäft mit Hard- und Software sowie mit transparenten Zahnspangen. Auch im Bereich Biomaterialien gibt es eine starke Nachfrage nach Knochentransplantaten und Membranprodukten. Die im vergangenen Jahr getätigten Akquisitionen von ClearCorrect, Dental Wings und Bati-Group wirken sich ebenfalls positiv auf das Wachstum aus. Vom Umsatzplus in den ersten drei Quartalen 2018 in Höhe von 23 Prozent gehen fünf Prozentpunkte auf das Konto des Trios.

Auf der Produktseite bilden die Implantate nach wie vor das Kerngeschäft, welches mehr als die Hälfte zum Wachstum beiträgt. Treiber sind vor allem die Premiumlösungen, darunter das "Bone Level Tapered"-(BLT-)Sortiment. Diese Implantate sind besonders für Verfahren geeignet, bei denen die Stabilität eine wichtige Rolle spielt - beispielsweise bei sehr weichen Knochen. "Das BLT-Angebot ist der Hauptgrund für Marktanteilsgewinne im Premium-Implantatsegment", weiß Commerzbank-Analyst Oliver Metzger.

Aussichtsreiche Zukunft



Um das Wachstumstempo hoch zu halten, präsentierte Straumann jüngst eine ganze Palette an neuen Produkten. Hierzu zählen unter anderem das vollkonische BLX-Implantat, ein zweiteiliges Keramikimplantat sowie Miniaturimplantate, die bereits im dritten Quartal auf den Markt gebracht wurden. Letztgenanntes Produkt verfügt über einen Durchmesser von nur 2,4 Millimetern.

Das 2015 auf den Markt gebrachte und heute meistverkaufte BLT-Implantat von Strauman wurde derweil weiterentwickelt. Daraus entstand BLX, ein System, welches die Stabilität in allen Knochenklassen optimiert. "Wir haben ausreichend Gelegenheiten, um zu wachsen und den Markt zu übertreffen", zeigt sich Straumann-Vorstandschef Marco Gadola zuversichtlich.

Das starke Produktportfolio sowie die regionale Expansion - in den vergangenen Quartalen ist Straumann in eine Reihe von Märkten wie Argentinien und Chile eingetreten - veranlasste Commerzbank-Experte Oliver Metzger, seine Wachstumsprognosen für die kommenden Jahre anzuheben. So rechnet der Analyst zwischen 2017 und 2020 nun mit einem durchschnittlichen organischen Umsatzwachstum von 16,8 Prozent (bisher 11,8 Prozent). Das operative Ergebnis soll in diesem Zeitraum sogar überproportional um 21 Prozent zulegen.

Angesichts der florierenden Geschäfte und der ausgezeichneten Wachstumsaussichten wundert es nicht, dass die Straumann-Aktie den Gesamtmarkt deutlich hinter sich lassen konnte. Während sich der Schweizer Mid Cap in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelte, steht für den Schweizer Mid-Cap-Index SMIM ein Minus von 13 Prozent zu Buche.

Auch die aktuelle Korrekturphase an den Märkten überstand das Dentalunternehmen relativ gut. Dennoch hat sich Straumann mittlerweile klar von seinem im August aufgestellten Rekordhoch entfernt. Wir sehen auf dem mittlerweile reduzierten Bewertungsniveau eine gute Einstiegsgelegenheit.