Nun können wir die schnellste Erholungsbewegung an den Märkten beobachten. Nachdem der Markt in weniger als 30 Tagen rund 40% der Kapitalisierung verloren hatte, konnten DAX und S&P 500 in den letzten 40 Tagen über 30% zulegen.
Zwar notieren die Kurse unter den alten Höchstständen, die Bewertung schießt allerdings durch die Decke, weil die Gewinne und Gewinnerwartungen stark fallen. Seit dem Hoch im Februar wurden die Gewinnschätzungen für das Jahr 2020 bereits über 20% reduziert und dieser Trend sollte anhalten. Der S&P 500 notiert mit einem KGV von 19,2 - so teuer wie seit 2002 nicht mehr. Das DAX KGV liegt mit 13,3 zwar niedriger, allerdings ist die Bewertung in den letzten Wochen um 50% angestiegen.
Sicherlich Regierungen und Zentralbanken stützen mit den beschlossenen Hilfsmaßnahmen die Finanzmärkte und dabei natürlich auch die Aktienmärkte. Ein unverzerrter Blick auf die konjunkturellen Erwartungen bietet zurzeit der Ölpreis, der sich nach seinem Absturz nicht wieder erholt hat. Andererseits erleben wir bereits seit mehreren Jahren von niedrigen Zinsen und hoher Liquidität aufgeputschte Aktienmärkte. Dabei wurde die notwendige Dosis immer größer, da die stimulierenden Maßnahmen einem abnehmenden Grenznutzen unterliegen, aber der lange Aufwärtstrend hielt an.
Die ultimative Dosis von Regierungen und Zentralbanken gab es nun zu Beginn der Coronakrise. Dies wird nur schwer zu übertreffen sein. Gleichzeitig befinden sich die Unternehmen in einem konjunkturellen Sturm, der Gewinn- und Dividendenkürzungen hinterlassen wird. Damit steigt, auch wegen der hohen Bewertung, das Risiko für ausgeprägte Rückschläge. Zu einem Ausverkauf und einem langen Abwärtstrend an den Aktienmärkten sollte es aber nicht kommen. Bei einer solchen Entwicklung wäre die Stabilität der Finanzmärkte nachhaltig gefährdet und daran hat keine relevante Seite ein Interesse.
Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.