Kanada hat gefühlt ein deutlich besseres Image als die USA. Tatsächlich landete es in einer Splendid Research-Umfrage zu den aus Sicht der Deutschen sympathischsten Ländern auf Platz 4. Die USA tauchen dagegen nicht in den Top Ten auf. An der Börse hingegen, wo es um Performance und nicht um Sympathie geht, hatten Anleger an der Wall Street zuletzt viel mehr Freude als am Aktienmarkt in Toronto. In den vergangenen Jahren hinkte der kanadische S & P/TSX Composite Index dem US-Pendant S & P 500 deutlich hinterher. Auch im Vorjahr reichte es nur zu einem Plus von sechs Prozent - in einem für die Weltbörsen sehr guten Jahr ist das eher bescheiden.

Als Stimmungsbremse fungierte unter anderem Donald Trump. Der US-Präsident leitete bekanntlich Nafta-Neuverhandlungen ein. Für Kanada geht damit viel Unsicherheit einher, weil ein Ausstieg des südlichen Nachbarn aus dem Freihandelsabkommen deutliche konjunkturelle Spuren nach sich ziehen dürfte. Warenlieferungen in die USA haben einen Anteil von 76,3 Prozent am gesamten kanadischen Warenexport. Allerdings gab Trudeau beim Weltwirtschaftsforum in Davos bekannt, sein Land habe soeben einem transpazifischen Abkommen mit zehn weiteren asiatischen Staaten zugestimmt.

Ohne zu wissen, wie die Neuverhandlungen mit den USA letztlich ausgehen, traut der Internationale Währungsfonds (IWF) Kanada 2018 ein BIP-Wachstum von über zwei Prozent zu. Die Unternehmensgewinne sollen in diesem Jahr um acht Prozent steigen und 2019 um elf Prozent. Dem stehen laut dem Finanzdienstleister Canaccord Genuity ein geschätztes Markt-KGV von 16,1 und ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von 1,9 Prozent gegenüber - bewertungstechnisch zwar keine überragenden Werte, verglichen mit der US-Börse besteht aber ein Bewertungsvorteil.

Trotz der im Weltvergleich unterdurchschnittlichen Performance sind die führenden kanadischen Aktienindizes zuletzt auf neue Rekorde vorgerückt. Eine Entwicklung, die anhalten könnte, insbesondere, wenn die Rohstoffpreise weiter Stärke zeigen sollten. Als rohstoffreiches Land würde das Kanada wirtschaftlich helfen. Auf der Suche nach aussichtsreichen Kaufkandidaten sind wir bei fünf Aktien hängen geblieben.

Zweimal fündig geworden sind wir im Finanzsektor, der mit einem Anteil von 33 Prozent den S & P/TSX Composite -Index dominiert. So erzielen die kanadischen Top-Banken laut Landesbank Baden-Württemberg im globalen Vergleich seit Jahren überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalrenditen. Dank der von der heimischen Notenbank längst eingeleiteten Zinswende bessert sich das Geschäftsumfeld für den Finanzsektor. Für die kanadische Canaccord-Genuity-Gruppe haben Lebensversicherer mit am stärksten unter der quantitativen Lockerungspolitik der Notenbanken gelitten.

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Buntes Favoriten-Quintett



Bei steigenden Zinsen im Sog einer wachsenden Weltwirtschaft und anziehender Inflation wäre es den Lebensversicherern möglich, die erwirtschafteten Gelder künftig höherverzinslich als bisher anzulegen. Das bringt die Aktie des im Jahr 1887 gegründeten traditionsreichen Lebensversicherungskonzerns Manulife Financial ins Spiel, der weltweit 22 Millionen Kunden bedient. Der Titel überzeugt mit einem KGV von unter zehn für 2019 und einer Dividendenrendite für 2018 von 3,2 Prozent. Bei unserem Bankenfavoriten Bank of Nova Scotia beläuft sich das 2019er-KGV auf elf und die Dividendenrendite für 2018 auf 3,9 Prozent. Als Beleg dafür, wie viel Qualität in der in 17 Ländern tätigen Scotiabank steckt, reicht der Hinweis auf die seit der Gründung im Jahr 1831 ununterbrochene Dividendenzahlung.



Auch im Technologiebereich hat der kanadische Kurszettel etwas zu bieten. Mit einer sehr guten Erfolgsbilanz kann etwa Constellation Software aufwarten. Die Strategie des Unternehmens mit Sitz in Toronto lautet, über Akquisitionen ein Portfolio von Softwareunternehmen aufzubauen. Inzwischen ist daraus eine Gesellschaft entstanden, die in mehr als 100 Ländern über 125 000 Kunden verfügt. Läuft alles wie geplant, ist von 2017 bis 2021 eine Ergebnisverdoppelung drin.

Deutliche Ergebnisverbesserungen kann in den kommenden Jahren auch Blackberry erzielen. Allerdings bedarf es dafür eines erfolgreichen Turnarounds, nachdem das früher verfolgte Geschäftskonzept nicht mehr funktioniert. Der Neuanfang soll mit einem Wandel vom Hardwarehersteller zum Anbieter von Softwaredienstleistungen gelingen. Mit Produkten wie dem Cloud-basierten Dienst Jarvis, der Autobauern bei der Suche nach Softwaresicherheitslücken helfen soll, gibt es hoffnungsvolle Ansätze. Gelingt ein Comeback, winken langfristig deutlich steigende Gewinne.

Ebenfalls relativ hoch sind traditionell die Risiken im Minenbereich. Das gilt erst recht für noch im Aufbau befindliche Produzenten wie Atlantic Gold. Aber ein Börsenbericht über Kanada ohne einen Rohstoffwert wäre unvollständig. Denn wie zu hören ist, besteht die Chance, die für 2018 geplante Produktion von 82 000 bis 90 000 Unzen Gold mittelfristig zu verdoppeln. Bei derzeit anvisierten Gesamtförderkosten von 540 bis 588 Dollar je Unze klingt das vielversprechend. Seit Ende 2014 hat sich ein schöner Aufwärtstrend herausgebildet - ein charttechnischer Pluspunkt im derzeit noch gebeutelten Edelmetallsektor.



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