Eine Gefahr sehen sie darin, dass Staaten diejenigen Firmen, an denen sie beteiligt sind, mit Hilfe von Gesetzen bevorteilen. Für Diskussionsstoff sorgt aber auch der Kauf von Farmen durch chinesische Staatsfonds in Afrika, mit dem das Land seine Nahrungsmittel-Versorgung sichern will. Aber auch politisch werden Fonds gelegentlich instrumentalisiert. So sollte zu Beginn der Ukraine-Krise die staatliche russische Pensionskasse den Löwenanteil eines 15 Milliarden Dollar schweren Hilfspakets für die Ukraine zur Verfügung stellen. Staaten wie Kasachstan, Kuwait oder Irland zapften ihre Fonds an, um der heimischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen.

"Kredit- und Kapitalströme werden politisiert", sagt Steve Hanke, Wirtschaftsprofessor an der Johns Hopkins Universität und Forscher bei der Ideenschmiede Cato Institute. "Das ist ein beunruhigender Trend und wird zu Heulen und Zähneklappern führen." David Marsh, Geschäftsführer des Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF), das die Geschäfts öffentlicher Finanz-Organisationen untersucht, warnt: "Es gibt eindeutig potenzielle und wirkliche Interessenskonflikte. Es sollte eine Art Verhaltenskodex geben."

Der Einfluss staatlicher Investoren ist gewaltig: Dem OMFIF zufolge verwalten Notenbanken, Pensions- und Staatsfonds ein Vermögen von 29,1 Billionen Dollar. Dies entspricht etwa 40 Prozent der weltweiten jährlichen Wirtschaftsleistung. Einem größeren Publikum bekannt sind die Staatsfonds der Emirate Kuwait und Katar, die jeweils die größten Anteilseigner der Autobauer Daimler und Volkswagen sind. Auch Russland, China oder Singapur sind an den Finanzmärkten aktiv.

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FREIWILLIGE SELBSTVERPFLICHTUNG

Yngve Slyngstad, der Chef des weltgrößten Staatsfonds aus Norwegen, ist sich der Verlockung, mit gezückten Brieftaschen politische Hindernisse aus dem Weg zu räumen, durchaus bewusst. "Ich nehme dieses Thema nicht auf die leichte Schulter", betont er. Aus diesem Grund gebe es im seinen Haus klare Selbstverpflichtungen. Hierzu gehörten eine Maximalgrenze für Beteiligungen und klare Aussagen darüber, wie der Fonds seine Rolle als Eigner ausübe. Slyngstad ist Herr über ein verwaltetes Vermögen von 890 Milliarden Dollar. Das entspricht fast dem Doppelten der jährlichen Wirtschaftsleistung des skandinavischen Landes.

Aber auch internationale Organisationen wollen möglichen Machtmissbrauch durch Staatsfonds einen Riegel vorschieben. So rief der Internationale Währungsfonds (IWF) 2008 eine Runde ins Leben, die freiwillige Transparenz- und Verhaltensregeln erarbeitet. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat entsprechende Richtlinien zusammengestellt. Hierzu gehöre eine strikte Trennung zwischen den Rollen des Staates als Eigner und als Regulierer, der die Rahmenbedingungen der Wirtschaft festlegt, betont OECD-Volkswirt Hans Christiansen.

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ANLEGER MIT DICKEN BRIEFTASCHEN

Selbstverpflichtung hin, internationale Richtlinien her: Selbst bei einer vergleichweise niedrigen Aktienquote von zehn Prozent in den Depots der Staatsfonds bedeutet dies ein Anlagevolumen von 2,9 Billionen Dollar. Das entspricht in etwa dem Börsenwert aller im pan-europäischen Leitindex EuroStoxx50 gelisteten Unternehmen.

Der norwegische Staatsfonds, der 1,3 Prozent aller weltweit gehandelten Dividendenpapiere hält, hat bereits eine Ausweitung seines Engagements am Aktienmarkt angekündigt. Langfristig soll der Anleihe-Anteil in den Depots auf 20 von derzeit 35 Prozent sinken.

Auch bei Übernahmen und Fusionen mischen staatliche Investoren kräftig mit. Im ersten Halbjahr gaben sie nach Daten von Thomson Reuters hierfür 24,5 Milliarden Dollar aus. Das ist der höchste Betrag in einem Sechs-Monats-Zeitraum seit 2010.

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SCHEINDEBATTE ODER REALE GEFAHR?

Bislang gebe es nur vereinzelt Hinweise darauf, dass Investitionen von Staatsfonds vorrangig politischen Zwecken dienten, betont OECD-Experte Christiansen. Die Entscheidungen basierten in der Regel auf finanziellen Aspekten. Schließlich wachten die Fondsmanager über das Geld für künftige Generationen, fügt er hinzu.

Wirtschaftsprofessor Hanks hält diese Sichtweise für zu kurz gegriffen. "Die Einschätzung, dass Staatsfonds nicht politisiert werden, ist ein Witz. Das große Problem dabei ist: Sobald etwas politisiert ist, wird es undurchschaubar."

Reuters