Die Stifel-Strategen warnen: Nach der Rekordrallye der vergangenen Monate droht dem S&P 500 ein erheblicher Rückschlag – und zwar um bis zu 14 Prozent.

Die Märkte laufen von Allzeithoch zu Allzeithoch. Erst gestern markierte der S&P 500 mit 6445 Zählern erneut ein neues Rekordhoch. Noch im April befand sich der Markt im Ausnahmezustand: Der „Tariff Tantrum“ nach Donald Trumps überraschend harten Zollankündigungen hatte die Kurse um bis zu 20 Prozent abstürzen lassen. Doch was folgte, war ein historisches Comeback. In Rekordtempo erholte sich der S&P 500, schoss auf neue Allzeithochs – schneller als je zuvor nach einem Einbruch dieser Größenordnung.  

Befeuert wurde der Aufstieg von der Erleichterung, dass die Zölle bislang weniger stark auf die Verbraucherpreise durchschlagen, als viele Ökonomen prognostiziert hatten. In diesem Umfeld waren Investoren bereit, Bewertungsaufschläge in Kauf zu nehmen – selbst wenn das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Niveaus kletterte, die zuletzt vor dem Hochpunkt 2021 zu sehen waren.

Die Rückkehr der Fundamentaldaten

Genau hier setzen Bannister und Carroll vom amerikanischer Finanzdienstleister Stifel an. Für sie gleicht die gegenwärtige Marktstimmung dem „Whistling past the graveyard“ – einem Pfeifen im dunklen Friedhof, um die eigene Angst zu überspielen. Denn mit der Zeit würden sich die realwirtschaftlichen Folgen der Zollpolitik unweigerlich in den Unternehmensbilanzen und den makroökonomischen Daten niederschlagen.

Sobald sich diese Bremsspuren deutlicher abzeichnen, dürfte der Bewertungsbonus dahinschmelzen. Stifel rechnet damit, dass Anleger Gewinne mitnehmen und Risiko reduzieren – der Abwärtssog könnte den Leitindex auf 5.500 Punkte drücken.

Blasenbildung und die Lehren aus 1999 und 2021

Die S&P-Schwergewichte sind laut Bannister und Carroll jenseits jeder gesunden Bewertungsgrenze – teurer als zum Höhepunkt der Dotcom-Euphorie. Die Parallelen zu historischen Übertreibungen sind laut den Stifel-Strategen frappierend: „Hopium ist eine mächtige Droge,“ warnt Bannister. Schon jetzt notiert der S&P über 30 Prozent  über dem April-Tief; gerade diese Stärke ist laut den beiden ein Warnsignal.

Auslöser für die bevorstehende Korrektur sehen die Strategen in einer „milden Stagflation“ – also einer ungünstigen Mischung aus hartnäckiger Inflation, steigender Arbeitslosigkeit und stagnierendem Wachstum. Besonders bedrohlich: Der Konsum, der 70 Prozent der US-Wirtschaft trägt, beginne zu schwächeln. Während KI-Investitionen und vorgezogene Käufe infolge von Zöllen die Schwächen zeitweise verdeckten, deutet die Basis bereits jetzt auf einen Nachfragerückgang. Unternehmen erhöhen die Preise, doch die Reallöhne stagnieren – eine toxische Mischung für die Binnennachfrage.

Zwischen politischem Rückenwind und ökonomischer Schwerkraft

Kurzfristig mag der Markt weiterhin von der Erwartung profitieren, dass politische Impulse aus Washington – vor allem im Technologiesektor – weiteres Wachstum befeuern. Doch Bannister und Carroll verweisen auf den Zyklus: Historisch folgten auf Phasen extremer Überbewertung oft schnelle, abrupte Rückgänge, wenn die Konjunkturindikatoren kippten.

Dass dies ausgerechnet vor einem US-Wahljahr geschieht, macht die Lage komplexer. Politische Eingriffe könnten den Abschwung verzögern – aber kaum aufhalten, wenn die Fundamentaldaten sich eintrüben.

Die Rekordrallye im S&P 500 könnte sich laut Bannister und Carroll daher als Pyrrhussieg entpuppen. Die Stifel-Strategen liefern damit einen seltenen, scharf formulierten Gegenentwurf zum dominanten Bullen-Narrativ. Wer ihrer Logik folgt, sieht in der aktuellen Stärke weniger ein Sprungbrett zu neuen Höhen, sondern den letzten, euphorischen Akt vor einer längst überfälligen Abkühlung. In diesem Szenario wird 2025 nicht nur ein Jahr der Kursrekorde, sondern auch der Ernüchterung.

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Infront S&P 500 (WKN: A0AET0)

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