Als E.ON-Chef Johannes Teyssen die Abspaltung des alten Kerngeschäfts mit der Stromerzeugung bekanntgab, sprachen Kritiker schnell von einer "Bad Bank" des Versorgers. Tatsächlich lagert der Konzern die vom Aussterben bedrohten deutschen Atomkraftwerke ebenso aus wie die aus dem Markt gedrängten Gaskraftwerke und die von Umweltschützern kritisierten Kohlemeiler. Als Zugabe gibt es noch den schwankenden Energiehandel und das Gasgeschäft mit Russland & Co. Doch in dem Beipackzettel für die neue Gesellschaft finden sich einige womöglich positive Nebenwirkungen. Für risikobereite Anleger bieten sich Chancen. Garantiert sind diese aber nicht, zumal E.ON viele Details noch nicht geklärt hat.

Die neue Gesellschaft habe durchaus Potenzial, erläutern die Experten von Bernstein Research. Dazu gehörten die Atom-Klagen des Konzerns, die zusätzliches Geld in die Kasse spülen könnten. Die Einnahmen sollen in das Unternehmen mit noch unbekannten Namen fließen, das E.ON 2016 vom Konzern abspalten will. Die Düsseldorfer klagen gegen die 2011 von der Regierung eingeführte Brennelementesteuer und hat damit bereits vor einigen Gerichten Erfolg gehabt. Sollte der Versorger in letzter Instanz Recht bekommen, könnte der Konzern die bislang gezahlten knapp zwei Milliarden Euro zurückbekommen. Die Klage auf Entschädigung für den beschleunigten Atomausstieg könnte noch deutlich mehr bringen. E.ON hat hier Schadenersatz von über acht Milliarden Euro geltend gemacht.

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STROM-GROSSHANDELSPREISE KEINE EINBAHNSTRASSE

Bei dem gesamten Plan von E.ON hielten sich die positiven wie negativen Argumente die Waage, erklären die Analysten der DZ Bank. So könnten sich die Großhandelpreise wieder erholen. Diese sind wegen der Überkapazitäten und der Konkurrenz durch Ökostrom allein seit Anfang 2013 um mehr als ein Viertel auf 35 Euro je Megawattstunde gefallen. Wohl nicht kurzfristig, aber gegen Ende des Jahrzehnts könnten die Preise anziehen, wenn alte Kraftwerke vom Netz gehen, sagen Branchenexperten. Zudem hoffen die Versorger darauf, dass der Staat die Bereitstellung von sicherem Strom, den Kohle und Gaskraftwerke rund um die Uhr erzeugen können, extra honoriert. Auch dies könnte die Bilanz der Anlagen aufpolieren. Die abgeschalteten Gaskraftwerke von E.ON dürften wieder ins Spiel kommen, wenn durch die Politik die Klimaschutzauflagen verschärft werden und damit der Erwerb von Verschmutzungsrechten teurer wird.

Die neue Gesellschaft soll schuldenfrei sein. Der Verkauf weiterer Geschäfte könnte weiteres Geld in die Kasse spülen. Auf der Verkaufsliste steht unter anderem die Beteiligung an der Urantochter Urenco. Die Aktionäre könnten auch mit höheren Dividenden gelockt werden, erklärt Morgan Stanley. E.ON habe angekündigt, dass die Abspaltung eine hohe Ausschüttungsquote haben werde. Natürlich gilt auch hier das Prinzip Hoffnung. Dies trifft auch auf das Russlandgeschäft zu. Das leidet unter dem schwachen Rubelkurs, der die Einnahmen in Euro schmelzen lässt. Ist die Ukraine-Krise Geschichte, kann es aber auch im Osten wieder aufwärts gehen.

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LANXESS GILT ALS POSTIV-BEISPIEL EINER ABSPALTUNG

"Es ist noch nicht in die Bücher geschrieben, wer in fünf Jahren von den beiden der Erfolgreichere ist", trommelt E.ON-Chef Teyssen die Werbetrommel für beide Gesellschaften. Es gebe durchaus Beispiele für erfolgreiche Spin-Offs. Als Erfolgsgeschichte gilt der Chemiekonzern Lanxess. Und das war zum Start des Unternehmens keineswegs sicher: Denn der damalige Mutterkonzern Bayer hatte 2004 so ziemlich alle damals schwächelnden Chemie-Geschäfte in eine Gesellschaft zusammengepackt und noch einen milliardenschweren Schuldenberg draufgesattelt. "Crapco" oder "Resterampe" lauteten die unschönen Namen, die damals in der Finanzwelt kursierten. Als Lanxess im Januar 2005 an die Börse kam, schrieb das Unternehmen Verluste. Doch es rappelte sich auf: Nach mehreren harten Spar- und Umbauprogrammen schaffte Lanxess 2012 sogar den Sprung in den Dax.

Reuters