Im Bundestag zeigten sich nach der Anhörung eines Facebook-Vertreters Abgeordnete aller Parteien unzufrieden mit der Aufklärung des Skandals um den Missbrauch der Daten von Facebook-Nutzern durch Cambridge Analytica. Facebook selber stellte Konsequenzen in Aussicht, die noch vor der bayerischen Landtagswahl im kommenden Herbst wirksam werden sollten.

Caspar verlange Aufklärung über den automatisierten Abruf von Nutzer-Daten über Apps, sagte der Sprecher. Nächste Woche werde deswegen ein detaillierter Fragenkatalog an Facebook geschickt. Dem Unternehmen droht ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro. Hintergrund sind Zugriffsmöglichkeiten, die App-Entwickler auf Daten Dritter hatten. Der britische Firma Cambridge Analytica wird vorgeworfen, Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Nutzern abgegriffen und damit Wahlkampfhilfe für den US-Präsidenten Donald Trump geleistet zu haben. In Deutschland waren die Daten von 65 Nutzern und potenziell von über 300.000 Freunden dieser Nutzer betroffen.

Bei der Anhörung im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz versicherte der Facebook-Chef für globale Beziehungen, Joel Kaplan, seit 2014 seien Maßnahmen ergriffen worden, damit nicht mehr über Apps Nutzerdaten abgegriffen werden könnten. Derzeit werde jede einzelne App unter die Lupe genommen, die Zugriff auf die Nutzerdaten hatte. Er versicherte, in Zukunft solle insbesondere politische Werbung überprüft werden. An der Werbung solle klar erkennbar sein, wer sie in Auftrag gegeben habe. Man hoffe, dass diese Maßnahmen bis zum Sommer umgesetzt seien - rechtzeitig vor der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober. Kaplan zeigte sich auch aufgeschlossen zur Offenlegung der Funktionsweisen von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz.

SPD: BISLANG WOMÖGLICH NUR SPITZE DES EISBERGS BEKANNT



"Eine der zentralen Botschaften ist, wir wissen bis heute immer noch nicht, wie viele weitere Apps es vielleicht da draußen noch gab, die vielleicht bis 2014 die gleichen Zugriffsrechte hatten, die von Cambridge Analytica genutzt wurden", kritisierte der SPD-Abgeordnete Jens Zimmermann. "Es wurde davon gesprochen, dass es möglicherweise nur die Spitze eines Eisbergs ist."

"Wir haben heute den nächsten Teil in der Salami-Taktik von Facebook erlebt", sagte der CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek. Auf konkrete Fragen habe es keine Antworten gegeben. Man werde sich überlegen müssen, wie man in Zukunft mit sozialen Netzwerken umgehe. "Wir müssen als Gesetzgeber daran jetzt arbeiten, eine Schnittstelle verpflichtend zu machen, dass wenn sie in einem anderen sozialen Netzwerk sind, weiter mit ihren Freunden bei Facebook befreundet sein können, deren Bilder sehen, deren Texte lesen können." Erst dann werde es einen Wettbewerb der sozialen Netzwerke geben. "Momentan ist es ein reines Monopol."

Alle Abgeordnete äußerten die Erwartung, dass mit dem Inkrafttreten der europäischen Datenschutz-Grundverordnung im kommenden Monat der Missbrauch gestoppt werden könne. Die Verordnung werde dazu führen, dass Facebook seine Nutzungsbedingungen anpassen werde, zeigte sich die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker überzeugt.

rtr