Börse Online: Herr Herrmann, die Börsen sind 2019 gut gelaufen. Und auch das neue Jahr ging nicht schlecht los. Das heißt aber auch, dass die Bewertungen gestiegen sind. Finden Sie noch günstige Aktien?
Markus Herrmann: Durchaus. Aufgrund der Systematik des Fonds tauchen im Screening immer wieder spannende Unternehmen auf, die unterhalb ihres fairen Wertes notieren.

Wie läuft Ihr Suchprozess genau ab?
Grundsätzlich sind alle europäischen Aktien interessant, die liquide genug gehandelt werden, um uns den problemlosen Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. In der Praxis sind das meist Titel von Unternehmen mit einem Börsenwert von 500 Millionen Euro aufwärts. Davon gibt es in Europa etwa 2000. Rund 90 Prozent fallen aber durchs Raster, weil sie unsere Qualitätskriterien nicht erfüllen.

Die da lauten?
Auf Sicht von zehn Jahren keine Umsatzrückgänge von mehr als 30 Prozent, in keinem Jahr ein negatives Nettoergebnis, kein Dividendenausfall und auch keine Dividendenkürzung um mehr als 15 Prozent. Außerdem sollte die Eigenkapitalquote bei mindestens 30 Prozent liegen.

Wenn 90 Prozent durchs Raster fallen, bleiben etwa 200 Unternehmen übrig. Aber nur 30 schaffen es ins Portfolio. Welche?
Diejenigen, denen ich auf Sicht der nächsten fünf Jahre die besten Perspektiven zubillige. Dabei stelle ich mir die Fragen: Wie strukturell ist das Wachstum? Wie zyklisch das Geschäft? Wie stetig die Unternehmensentwicklung? Wie hoch die Verschuldung? Und ganz wichtig: Wie ist es um die Qualität des Managements bestellt? Daraus bilde ich einen Score, der mich zu einem fairen Multiple des Free Cashflow bringt. Die Aktien mit dem größten Abschlag auf diesen fairen Wert finden Sie im Fonds.

Wie lässt sich die Qualität eines Managers in Zahlen quantifizieren?
In harten Zahlen vielleicht nicht, aber je nachdem, wie glaubwürdig die Vorstände und ihre Prognosen sind, kann ich Risikoabschläge auf den fairen Wert vornehmen oder nicht. Hier spielt die Leistung des Managements in der Historie eine Rolle und - ganz entscheidend - der persönliche Eindruck. Mein Anspruch ist es, jedes der 200 infrage kommenden Unternehmen mindestens einmal im Jahr zu treffen. Ohne mit dem Management gesprochen zu haben, investiere ich nie.

Sie haben erst im Januar angefangen, da können Sie unmöglich schon 200 Unternehmen besucht haben, oder?
Natürlich kenne ich die meisten aus meiner vorherigen Tätigkeit bei Lupus Alpha, wo ich einen ähnlichen Fonds gemanagt habe. Außerdem wusste ich schon mit 16, dass ich Fondsmanager werden will, weil es für mich so gut wie nichts Spannenderes gibt, als Unternehmen und ihre Entwicklung zu verfolgen. Im Lauf der Jahre lernt man so seine "Pappenheimer" kennen.

Wodurch unterscheiden sich der Lupus Alpha Dividend Champions und der Loys Premium Dividende?
In erster Linie dadurch, dass sich Lupus Alpha auf Nebenwerte spezialisiert. Bei Loys habe ich die Möglichkeit, auch in große Konzerne, sogenannte Large Caps, zu investieren.

Zum Beispiel?
Zum Beispiel Novo Nordisk. Der dänische Pharmakonzern hat einige schwierige Jahre hinter sich, erfüllt aber nach wie vor alle unsere Qualitätskriterien. Jetzt hat das Unternehmen neue, vielversprechende Produkte gegen Diabetes auf den Markt gebracht. Davon versprechen wir uns Wachstumsimpulse.

Warum konzentrieren Sie sich auf Europa und lassen damit gestandene amerikanische Dividendenaristokraten außen vor?
Weil es eben mein Anspruch ist, die Unternehmen regelmäßig zu besuchen. Würde ich weltweit investieren, wäre das wegen der weiten Wege rein zeitlich nicht zu schaffen. Ich bin schon so genug unterwegs.

In welcher Region am häufigsten?
Zuletzt in Großbritannien. Die Hälfte des Portfolios besteht derzeit aus britischen Aktien.

Ist das nicht eine gewagte Wette? Was, wenn es doch noch zum harten Brexit kommt?
Ich sehe darin keine Wette, sondern eine Riesenchance. Die Kurse standen im Vorfeld enorm unter Druck - auch die von Unternehmen, deren Schicksal nicht am britischen Markt oder an der EU-Zugehörigkeit hängt.

Was sind das für Unternehmen?
Die größte Position im Fonds ist derzeit Emis Group. Das ist ein Software- und IT-Unternehmen, das sich vornehmlich auf die Gesundheitsbranche spezialisiert hat. Ärzte und Apotheker nutzen die Produkte und zahlen eine monatliche Gebühr - Software as a Service, wie es so schön heißt. Der Bereich wächst mit vier bis fünf Prozent jährlich, und Emis gewinnt Marktanteile, daher rechnen wir mit Umsatzsteigerungen von sechs bis sieben Prozent pro Jahr.

In Deutschland hat die Aktie kaum jemand auf dem Radar. Haben Sie noch mehr solche unbekannten Perlen im Portfolio?
Natürlich. Zum einen wäre da Gamma Communications, ein Voice-over-IP-Anbieter. Zum anderen FDM Group, ein Vermittler von IT-Fachkräften mit einem sehr innovativen Konzept, das damit beginnt, dass Talente schon an den Universitäten rekrutiert werden. FDM ist ein klassisches Beispiel für eine Firma, die in England sitzt, aber weltweit agiert.

Und in welche bekannten Unternehmen sind Sie investiert?
Ein Unternehmen, das sicher nahezu jeder kennt, ist Bic. Die Feuerzeugsparte litt stark unter dem Trend zu E-Zigaretten, der seinen Höhepunkt inzwischen aber überschritten hat. Die Umsätze stabilisieren sich, der Marktanteil in den USA liegt bei 70 Prozent. Zusätzlich sorgte die Renaissance der Bartkultur dafür, dass auch das Geschäft mit Einwegrasierern schwächelte. Aber das Management ist kreativ. Bic bietet etwa Tattoostifte an, mit denen man sich selbst Tattoos aufmalen kann, die sich auch wieder entfernen lassen. An großen Namen wäre außerdem Do & Co zu nennen. Das Unternehmen ist für seine Restaurants in Wien bekannt, aber auch als Caterer für Airlines und Veranstaltungen - von der Fußball-EM bis zur Formel 1.

Welche deutschen Aktien halten Sie?
Zurzeit mit Cancom nur eine einzige. Am deutschen Markt fällt auf, dass die Bewertungen zwar insgesamt nicht überzogen sind, aber Qualität inzwischen sehr teuer bezahlt wird. Dafür sind Zykliker günstig.

Da schlagen Sie aber nicht zu?
Das kann und will ich nicht, wegen der eingangs genannten Qualitätskriterien. Zykliker tauchen in meinen Screenings eher selten auf. Um solche Werte müssen sich andere Kollegen im Haus kümmern.

Sie rücken also nie von Ihren Prinzipien ab? Auch nicht, wenn eine Firma - beispielsweise wegen einer größeren Übernahme - die Dividende für ein oder zwei Jahre streicht, aber plausibel erklären kann, warum?
Wenn es nötig ist, die Dividende zu streichen, ist die Übernahme entweder eine Nummer zu groß oder finanziell arg auf Kante genäht.

Was an Ihrem Portfolio noch auffällt, ist ein starkes Nord-Süd-Gefälle. Führen Sie Ihre Reisen seltener in wärmere Gefilde?
Tatsächlich ist der Süden Europas in unserem Portfolio untergewichtet - vor allem, weil es dort schwieriger ist, Qualitätsunternehmen zu finden. Man muss es leider in dieser Deutlichkeit sagen.