Die Zahlungsschwierigkeiten des Immobilienriesen Evergrande und einiger Wettbewerber haben viele Anleger schockiert und ihr Vertrauen in den chinesischen Anleihemarkt erschüttert. Dabei sollte das geldpolitische Umfeld eine deutliche Erholung der Titel begünstigen, meint Nigel Foo, Manager des First Sentier Asian Quality Bond (ISIN: IE 003 283 499 0) - und zwar trotz oder sogar gerade wegen der Probleme im Immobiliensektor.

Euro am Sonntag: Es ist ruhig geworden um Evergrande und Co. Wie geht es mit diesen Pleitekandidaten weiter?

Nigel Foo: Große Immobilienentwickler wie Evergrande und Kaisa dürften geordnete Umschuldungen durchlaufen. Wir erwarten nicht, dass solche Adressen abgewickelt werden.

Was macht Sie so optimistisch?

Der Immobiliensektor macht mehr als 20 Prozent des chinesischen Wirtschaftswachstums aus. Daher wird es die Regierung wahrscheinlich nicht zulassen, dass die aktuelle Krise zu lange anhält. Die Regulierungsbehörden werden wohl versuchen, eine Balance zu finden: zwischen kurzfristiger Stabilität einerseits - zum Beispiel dass das Kreditausfallrisiko der Immobilienentwickler nicht auf andere Bereiche überschwappt - und langfristigen politischen Zielen andererseits, etwa eine geringere Abhängigkeit vom Immobiliensektor und erschwinglichem Wohnen. Wir können uns zwar vorstellen, dass die politischen Maßnahmen kurzfristig gelockert werden. Langfristig sollten die Maßnahmen, die seit Kurzem in Kraft sind, aber Bestand haben. Dazu gehören insbesondere die drei roten Linien hinsichtlich der Kreditvergabe an Unternehmen sowie der Kreditdeckel für Banken. Denn diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass Immobilienentwickler ihre Kredithebel weiter herunterfahren und effizienter werden.

Was heißt das für den chinesischen Anleihemarkt insgesamt?

In den vergangenen Monaten hat die chinesische Regierung klare Anzeichen dafür gesendet, die geldpolitischen Zügel zu lockern. Dies dürfte der Stimmung am Markt zugutekommen. Wenn sich dann auch noch die Geschäftszahlen verbessern, sollten sich die Kurse chinesischer Anleihen, die derzeit arg gebeutelt sind, deutlich erholen.

Wie sehen Sie das Chance-Risiko-Profil speziell bei Bonds aus dem Immobiliensektor?

Aktuell preisen die Anleihekurse für den Sektor eine Ausfallquote von mehr als 40 Prozent ein. Die tatsächliche Quote dürfte deutlich niedriger liegen - sofern die Immobilienentwickler weiterhin Maßnahmen zur Umstrukturierung ihrer Schulden ergreifen und die politischen Erleichterungen 2022 anhalten. Letztendlich ist die aktuelle Krise eine Liquiditätskrise, die von der Regulierung getrieben ist. Sobald sie vorbei ist, dürfte der Immobiliensektor stärker und stabiler daraus hervorgehen. Insofern sehen wir aktuell sehr gute Gelegenheiten für langfristig orientierte Anleger, um von der Erholung des Sektors zu profitieren.