Goldpreis: Ist die Verkaufswelle der Profis endlich vorbei?
· Börse Online RedaktionIm wöchentlichen Rhythmus informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC), wie sich bei Gold-Futures die Stimmung an den Terminmärkten auf Wochensicht verändert hat. Dieser sogenannte Commitments of Traders-Report zeigt zum Beispiel auf, ob das allgemeine Interesse an Gold-Futures stärker oder schwächer geworden ist. Ablesbar ist dies an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest). Deutlich interessanter ist für die Beobachter an den Goldmärkten aber eine andere Frage: Wie haben sich per Saldo die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) gegenüber der Vorwoche verändert. Dadurch kann man nämlich erkennen, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist. Für die Bewertung des aktuellen Marktsentiments sind diese Daten außerordentlich wichtig.
In der Woche zum 18. Juli hat sich an den Terminmärkten bei Gold-Futures wenig getan. Bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) war zwar ein Zuwachs von 475.669 auf 484.204 Futures (+1,8 Prozent) registriert worden, die Stimmung unter den Terminspekulanten hat sich allerdings kaum verändert. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten war vor allem eines angesagt: Stagnation. Auf Wochensicht war hier lediglich ein marginales Minus von 73.916 auf 73.635 Futures (-0,4 Prozent) zu beobachten. Damit scheint die seit sechs Wochen zu beobachtende Verkaufswelle erst einmal zum Erliegen gekommen zu sein. Große Terminspekulanten haben weder auf der Long-Seite noch beim Short-Exposure nennenswerte Anpassungen vorgenommen. Dadurch hat sich deren Netto-Long-Position von 60.260 auf 60.138 Kontrakte (-0,2 Prozent) kaum verändert. Eine ähnliche Entwicklung war bei den Kleinspekulanten auszumachen, die ihre Netto-Long-Position von 13.656 auf 13.497 Futures (-1,2 Prozent) lediglich leicht reduziert haben.
Auf Seite 2: Charttechnisch ausgesprochen resistent
Das mit dem Rutsch unter die 200-Tage-Linie Ende Juni generierte Verkaufssignal erwies sich mittlerweile als "Bärenfalle". Mitte Juli wurde diese nämlich wieder eindrucksvoll zurückerobert. Aktuell ist im Bereich von 1.200 bis 1.220 Dollar eine extrem solide Unterstützungszone angesiedelt, die es in den kommenden Wochen zu verteidigen gilt. Seit vergangenem November weist die langfristige Durchschnittslinie eine fallende Tendenz auf, was in der Chartlehre normalerweise als negativer Begleitumstand angesehen wird. Sollte dieser wieder nach oben drehen, würde sich die Chance auf ein diesbezügliches Trendwechselsignal inklusive chartinduzierter Käufe signifikant verbessern. Auf wachsende charttechnische Widerstände trifft das gelbe Edelmetall im Bereich von 1.250 Dollar. Unter rein charttechnischen Aspekten kann man die gegenwärtige Lage am ehesten mit "neutral" bezeichnen.
In den vergangenen Wochen war immer wieder zu hören, dass die Kryptowährung Bitcoin - unter dem Aspekt Krisenschutz - zu einem wichtigen Konkurrenten von Gold mutieren könnte. Einige Unterschiede sollten dabei aber auf keinen Fall außer Acht gelassen werden. Erstens: Eine hohe Volatilität unterminiert die Eignung als wirksamer Krisenschutz. Je geringer die Vola, desto wirksamer die Schutzfunktion. Zweitens: Physisches Gold ist mit Blick auf die Substanz sicherlich als das handfestere Investment einzustufen. Drittens: Während der Bitcoin seit Jahren gehandelt wird, kann Gold auf eine Performance von mehreren tausend Jahre zurückblicken. Und last but not least: Unter optischen Gesichtspunkten dürfte Gold seinem vermeintlichen Konkurrenten ebenfalls überlegen sein.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.