Der Leasingkonzern Grenke wurde im Jahr 2020 nach Betrugsvorwürfen und durch Short-Attacken des Leerverkäufers Fraser Perring schwer erschüttert. Im August 2021 hat Michael Bücker als Vorstandschef nicht nur die Aufräumarbeiten übernommen. Der frühere BayernLB-Firmenkundenvorstand ist auch angetreten, das auf Leasing von IT und Büroausstattung spezialisierte Unternehmen mit neuer Führungskultur zu alter Stärke zurückzuführen.

BÖRSE ONLINE: Sie haben zum Jahresauftakt kräftige Zuwächse bei Neugeschäft und Gewinn gemeldet. Mit welchen Folgen rechnen Sie, wenn sich die Konjunktur wegen Ukraine-Krieg und Materialengpässen weiter eintrübt und die Inflation noch zulegt?


Michael Bücker: Wir rechnen mit beherrschbaren Folgen, denn als Asset-Finanzierer sind wir deutlich besser als andere gegen Inflation gefeit, haben Liquidität und Eigenkapital. Und wir finanzieren fast alles, was Unternehmen für ihr tägliches Business brauchen - von Laptop bis Ultraschallgerät. In dieser Breite steckt auch eine konjunkturelle Risikostreuung.

Was erwarten Sie fürs Geschäftsjahr 2022?


Der Aufwärtstrend aus dem vierten Quartal hat sich in den letzten Monaten fortgesetzt. Mit fast einer halben Milliarde Euro Leasingneugeschäft lagen wir mehr als ein Drittel über Vorjahr. Aus dieser starken Position planen wir 2022 ein Neugeschäft zwischen zwei und 2,2 Milliarden Euro. Bis 2024 wollen wir eine Verdopplung des Leasingneugeschäfts und des Nachsteuergewinns gegenüber dem vergangenen Jahr ohne Sondereffekte.

Ereignisse wie die neuen Lockdowns in China und deren mögliche Auswirkungen auf die globalen Lieferketten fürchten Sie nicht?


Gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen sind unser Service und unsere Art der Finanzierung - sei es Leasing, Miete, Factoring oder sonstige Pay-per-use-Produkte - wichtiger denn je, weil sie für unsere Kunden liquiditätsschonend sind. Und in schwierigen Zeiten ist Liquidität kritisch und entscheidend. Auch das langfristige Wachstum in unseren Märkten wird nicht abklingen. Durch die Megatrends Digitalisierung und Energiewende entsteht weiterer Investitionsbedarf.

Nach Shortseller-Attacke, Betrugsvorwürfen und Aktienkurseinbruch hat es interne und externe Prüfungen und Führungswechsel gegeben. Wo stehen Sie mit den Aufräumarbeiten?


Das Shortseller-Kapitel ist endgültig abgeschlossen. Wir sind auf dem Weg in die Normalität. Dass die Finanzaufsicht Bafin ihre Prüfungen offiziell beendet hat, war ein wichtiger Meilenstein. Einen weiteren haben wir mit dem Testat unseres neuen Abschlussprüfers BDO erreicht. Besonders wichtig war mir das Aufstellen der neuen Planung mit Verdopplung unserer Vertriebsleistung und unseres Gewinns nach Steuern bis 2024. Um darauf aufbauend weitere Meilensteine für die Zukunft zu definieren.

Der Aktienkurs hat sich vom Einbruch bis heute nicht erholt. Was können Sie tun, um das Vertrauen der Aktionäre zurückzugewinnen und zum früheren Niveau zurückzukehren?


Wir tun konsequent unsere Arbeit. Unser Neugeschäft brummt. Nachdem wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, gehen wir jetzt im Markt wieder in die Offensive. So erarbeiten wir das Vertrauen zurück, das durch die Short-Attacke zerstört worden ist. Das braucht Zeit, Geduld und Durchhaltevermögen.

Sehen Sie Grenke als Kandidaten für einen Wiederaufstieg in den MDAX?


Eines ist sicher: Wir gehen gestärkt aus dieser Krise hervor. Unser Fokus liegt zu 100 Prozent auf profitablem Wachstum und der Skalierung unseres Geschäfts - damit ist alles möglich.