Die Regulierung von Finanzprodukten hat mitunter durchschlagende Folgen. So auch bei Geschlossenen Fonds. Seit im Juli 2013 das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft trat, ist es um das Geschäft mit diesen Beteiligungsangeboten für Privatanleger erheblich ruhiger geworden. Die Kontrolle der Produkte, die zuvor dem grauen Kapitalmarkt zugeordnet waren, sollte sie in den weißen Kapitalmarkt überführen. Gut sechs Jahre später lässt sich feststellen: Die Fonds, die nunmehr Publikums-AIF heißen (AIF steht für "alternative Investmentfonds"), sind zwar reguliert, aber es gibt kaum welche.

Die Berliner Ratingagentur Scope präsentierte unlängst frische Marktzahlen. Danach wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres geschlossene Publikums-AIF mit einem Eigenkapitalvolumen von 1,08 Milliarden Euro zum Vertrieb zugelassen. Das ist weit von den 5,5 Milliarden Euro entfernt, die mit den weiland noch unregulierten Geschlossenen Fonds im gesamten Jahr 2013 platziert wurden. Seinerzeit warb der Verband Geschlossene Fonds, dessen Restbestände später im Lobbyverband Zentraler Immobilien Ausschuss aufgingen, mit dem Marketingspruch "Das kleine Wirtschaftswunder". Damit sollte ausgedrückt werden, wie wichtig die Fonds für die Finanzierung von Sachwerten waren. Alles lange her.

Weniger Kontrolle, mehr Risiko?


Angesichts des heutzutage eng begrenzten Angebots richtet sich der Blick umso mehr auf Alternativen zu den AIFs. Anbieter wie die Hamburger One Group, eine Tochter des börsennotierten Münchner Wohnungsentwicklers Isaria, sind mit dem Angebot von Namensschuldverschreibungen auf dem Markt. Diese Anlageform unterliegt nicht dem Kapitalanlagegesetzbuch, das für Produktanbieter unter anderem Kontrollen durch die Finanzaufsicht ­Bafin und durch eine externe Verwahrstelle vorsieht, sondern dem Vermögensanlagengesetz. Das heißt de facto, es gibt viel weniger Kontrolle, dafür etwa im Fall der One Group die Aussicht auf jährlich sechs Prozent Verzinsung.

Exakt diesen Wert peilt One-Group-Chef Malte Thies auch für das aktuelle Beteiligungsangebot ProReal Deutschland 7 an. Das Produkt soll ein Volumen von 50 Millionen Euro Eigenkapital erreichen. Das Geld dient als Teil der Kreditfinanzierung für ein Portfolio aus ­diversen Wohnungsbauprojekten der Isaria in deutschen Großstädten. Thies wählt dazu diese Worte: "Was wir hier machen, ist nicht Walhalla, sondern wir vergeben Finanzierungen an Projektgesellschaften." Die Laufzeit beträgt drei Jahre. Anleger können sich ab 10.000 Euro (zuzüglich 3,5 Prozent Agio) beteiligen. Die Verzinsung entspricht Einkünften aus Kapitalvermögen.

Die Anleger schließen bei den Wohnungsprojekten, die unter anderem in Hamburg und München zu finden sind, mit ihrem Geld die Lücke zwischen Bankkrediten und dem Eigenkapital von Isaria. Typischerweise belaufen sich die Darlehen auf etwa 75 Prozent des Investitionsvolumens, die übrigen 25 Prozent speisen sich aus Anlegergeld und Eigenkapital.

Regierung plant Regulierung


Ganz genaue Quoten sind schwer zu nennen. Erstens verschieben sich die Anteile von gebundenem Eigen- und Fremdkapital bei Projekten im Lauf ihrer Entwicklung, zweitens finanziert ProReal Deutschland 7 nicht gezielt ein oder zwei Bauvorhaben. Vielmehr beteiligen sich die Anleger an einem Pool, der aus etwa 15 Projekten besteht. Thies begründet diese Struktur mit besserer Risikostreuung. Sollte ein Projekt also mal nicht performen, blieben noch genügend andere, die für die Verzinsung sorgen könnten. Als weiteren Baustein, die Anlegerrisiken trotz fehlender Regulierung gering zu halten, nennt der One-Group-Chef den Rangrücktritt von Isaria. Das heißt, der Konzern ist derzeit mit 68 Millionen Euro Eigenkapital in aktuellen Projekten engagiert, die sich auf rund 650 Millionen Euro summieren. Sollte irgendetwas schiefgehen, wäre zuerst das Isaria-Kapital verloren, ehe die Anleger betroffen sein könnten. Anlegerschützer wie Stefan Loipfinger sehen Namensschuldverschreibungen für Immobilieninvestments per se eher kritisch. Aus seiner Sicht taugen sie nur dann, wenn ein Anleger überzeugt ist, dass die Wohnimmobilienmärkte, an denen er investiert, auch in den nachfolgenden drei, vier Jahren boomen - und wenn die Beteiligung nicht mehr als fünf Prozent des Vermögens beträgt. "Dann wäre das Risiko vertretbar", meint der Chef des Anlegerschutzportals Investmentcheck.de.

Derweil sattelt Thies beim Abbau von Risiken bei seinen Produkten weiter drauf. Mit der Cordes Treuhand will er noch eine von der Bafin genehmigte Verwahrstelle hinzuziehen, die der Geschäftsführung auf die Finger schaut und Zahlungsströme überwacht. Thies: "Wir sind zwar weiterhin eine ‚sonstige Vermögensanlage‘ nach dem Vermögensanlagengesetz, erfüllen aber viele Anforderungen, die das KAGB für AIFs vorsieht."

Das Beispiel der One Group ist des­wegen ein besonderes, weil die Hamburger 2012 zunächst drei Geschlossene Fonds auflegten, dann einen als AIF strukturierten Private-Equity-Fonds brachten und erst 2017 auf das Vehikel der Namensschuldverschreibung umstiegen. Die Produkte liefen bislang prognosegemäß oder wurden bereits positiv beendet. Die aktuelle Namensschuldverschreibung ist die dritte. Thies, von Haus aus Finanzfachmann, erklärt den Schwenk zur Gattung der Vermögensanlage so: "Die von uns vergebenen ­Finanzierungen sind kein Vermögensgegenstand, der nach dem Kapitalanlagegesetzbuch möglich wäre."

Gut möglich, dass sich der One-Group-Chef demnächst wieder etwas Neues einfallen lassen muss. Die Bundesregierung plant strengere Regeln für Vermögensanlagen. Unter anderem ist vorgesehen, auch für solche Produkte ausführliche Verkaufsprospekte vorzuschreiben, den Vertrieb auf beaufsichtigte Vermittler zu beschränken und sogenannte Blindpool-Konstruktionen zu untersagen - also Investments, bei denen die Anleger zum Beispiel noch nicht genau wissen, in welche Immobilien ihr Anlageprodukt investiert. Gut möglich, dass die neuen Regeln schon irgendwann im Jahr 2020 in Kraft treten.

Die One Group


Das Unternehmen:
Die One Group wurde 2012 gegründet und hat ihren Sitz in Hamburg. Mittels Anlageprodukten, die sich primär an Privatanleger richten, wurden rund 400 Millionen Euro in die Entwicklung von Wohnimmobilien investiert. Die Projekte stammen ­nahezu alle vom Entwickler Isaria.

Die Anlagevehikel:
Mit vier Geschlossenen Fonds sammelte das Unternehmen von 2012 bis 2016 bei Privatanlegern rund 180 Millionen Euro Eigenkapital ein. Seit 2017 emittiert die One Group Namensschuldverschreibungen. Für die ersten beiden wurden gut 100 Millionen Euro Anlegergeld akquiriert.