Doch das soll sich bald ändern. Bis 2020 will Kasachstan mehr als 800 staatliche Unternehmen ganz oder teilweise privatisieren. Noch ist es für deutsche Privatanleger kaum möglich, von den Wachstumschancen des rohstoffreichen zentralasiatischen Schwellenlands zu profitieren. Doch Kasachstan wirbt massiv um Investoren aus dem Ausland. Am 5. Juli eröffnet das Internationale Finanzzentrum Astana (AIFC). An der dort angesiedelten internationalen Börse AIX soll in den kommenden Wochen und Monaten eine Reihe von Staatsunternehmen gelistet werden. Als aussichtsreichste Börsenkandidaten gelten die Fluggesellschaft Air Astana, die Telekommunikationsgesellschaft Kazakhtelecom, der weltgrößte Uranproduzent Kazatomprom, die Gasfördergesellschaft Kazmunaygas, Eisenbahnbetreiber Kazakhstan Temir Zholy und Minenkonzern Tau-Ken Samruk.
Mithilfe ausländischer Investoren will Kasachstan seine Industrie modernisieren, mehr Wertschöpfung im eigenen Land generieren und so die Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten verringern. Denn der weltweite Preisverfall bei Rohstoffen hat dafür gesorgt, dass sich das Bruttoinlandsprodukt währungsbereinigt zwischen 2013 und 2016 nahezu halbiert hat. Erst seit 2017 wächst die Wirtschaft wieder: 2017 legte sie um vier Prozent zu, für das aktuelle Jahr sagt die Weltbank ein Plus von 3,7 Prozent voraus - vor allem dank der Erholung des Ölpreises.
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Von Russland und China profitieren
Kasachstan ist das "Tor zur eurasischen Wirtschaftsunion mit 170 Millionen Menschen", wirbt Erlan Khairov, Vizeminister für Investitionen, im Gespräch mit BÖRSE ONLINE. Hinzu kommen die Wachstumschancen in Verbindung mit Kasachstans Schlüsselrolle als wichtigstes Transitland auf der Neuen Seidenstraße unter Federführung Chinas.
Doch gerade wegen der geografischen Lage zwischen China und Russland, wirbt Kasachstan gezielt um Investoren aus Europa. Die ehemalige Sowjetrepublik will ihre historisch bedingte Nähe zu Russland verringern und gleichzeitig nicht zu abhängig von der neuen Großmacht China werden.
Zeitenwende steht bevor
Die Privatisierungswelle ist aber auch ein Hinweis auf eine bevorstehende Zeitenwende. Es mehren sich die Hinweise darauf, dass Präsident Nursultan Nasarbajew, der das Land seit der Unabhängigkeit 1990 autokratisch regiert, sich in den kommenden Jahren langsam von der Staatsspitze zurückziehen wird. Der 78-Jährige will allerdings seinen Einfluss auch nach seinem Abgang sichern, indem er Familienmitglieder und Vertraute in die wichtigsten Ämter hebt. Wie sich das mehrheitlich muslimische Land künftig entwickelt, hängt stark davon ab, wie dieser Übergang funktionieren wird.
Noch geschieht in Kasachstan nichts ohne die Zustimmung von Nasarbajew. Auch die Gründung des internationalen Finanzzentrums hat er per Dekret veranlasst. Investoren sollen dabei nicht nur mit Steuervorteilen gelockt werden. Mithilfe einer besonderen Rechtssicherheit in Form des englischen Common Law und durch unabhängige Richter, die für dessen Einhaltung sorgen sollen, will man potenzielle Investoren in Sicherheit wiegen.
Noch ist unklar, wie private Investoren an der neuen Börse in Astana investieren können. Auch auf den Leitindex KASE der lokalen Börse in der Wirtschaftsmetropole und früheren Hauptstadt Almaty (siehe Grafik rechts) gibt es keine Anlageprodukte. Lediglich die Wiener Börse hat den Index KTX aufgelegt, der fünf kasachische Aktien umfasst: die Minenkonzerne Kaz Minerals und Central Asia Metals, die Halyk Bank, den Öl- und Gaskonzern Nostrum sowie das Mobilfunkunternehmen Kcell. Es gibt Zertifikate, die auf diesem Index basieren. Allerdings hängen sie stark von der Entwicklung der Rohstoffpreise ab, da Kaz Minerals, Central Asia Metals und Nostrum insgesamt zwei Drittel des Gewichts ausmachen. Wer trotz der Preisschwankungen auf die Rohstoffwerte setzen will, kann die Papiere von Kaz Minerals (WKN: A0H FWR) und Central Asia Metals (A1C 6T4) auch direkt in Deutschland kaufen. Die Anteilscheine der Mobilfunkgesellschaft Kcell (A1J 8CR) sind ebenfalls hierzulande handelbar.