Sieben Prozent Kursgewinn seit Jahresanfang sind gerade im bisher sehr durchwachsenen Börsenjahr 2014 schon eine ordentliche Ansage. Auch wenn die Aktie von Talanx mit dieser Performance nicht um einen Spitzenplatz im MDAX ringt, lohnt es sich, die Papiere genauer anzuschauen. Besonders für Anleger, die verstärkt auf eine fundamental günstige Bewertung achten, bietet der Versicherer ein attraktives Schnäppchen. Dazu genügt bereits ein flüchtiger Blick auf die täglich aktualisierten Spezialauswertungen von Börse Online im Premium-Bereich . Nach einem Ergebnis je Aktie von 3,02 in 2013 und 2,99 Euro im laufenden Jahr sollten im kommenden Jahr 3,15 Euro möglich sein. Aufgerufen werden aktuell 26,40 Euro, dass 2015er-KGV liegt somit bei 8,4. Hier besteht sogar durchaus noch Luft nach oben, die Gewinnprognosen sind eher als konservativ einzuordnen. Kein anderer Wert ist derzeit im 50 Werte umfassenden MDAX so niedrig bewertetet wie die Talanx-Aktie.

Doch dies ist nicht die einzige Kennziffer, die verlockend erscheint. Auch Value-Investoren sollten hellhörig werden. Auf Basis des aktuellen Geschäftsberichts errechnet sich ein Buchwert je Aktie von 26,73 Euro. Die Papiere werden somit zum Buchwert gehandelt. Auch in anderen Bewertungsdisziplinen braucht sich der Titel nicht zu verstecken. Mit einem Cashflow je Aktie von 23,34 Euro erreicht das Kurs-Cashflow-Verhältnis eine Quote von 1,15 - Platz eins im MDAX. Anleger, die zudem in Zeiten niedriger Renditen am Anleihemarkt auf der Suche nach einer attraktiven Verzinsung sind, sollten ebenfalls die Talanx-Aktie genauer unter die Lupe nehmen. Für das laufende Jahr rechnet Börse Online mit einer Ausschüttung von 1,25 Euro. Übertragen auf den Aktienkurs entspricht dies einer Dividendenrendite von 4,7 Prozent, nur RTL, ProSiebenSat.1, Bilfinger und TAG Immobilien bieten eine höhere Verzinsung. Abgerundet wird das Bild durch eine vergleichsweise ruhige Kursbewegung. Die Schwankungsbreite in den vergangenen 100 Handelstagen lag bei rund 16 Prozent, auch dies ein Spitzenwert unter den Nebenwerten. Abgerundet wird das Bild von einer starken Kursentwicklung. Seit dem Börsengang Anfang Oktober 2012 zeigte die Talanx-Aktie mit einem Wertzuwachs inklusive Dividenden von knapp 60 Prozent die beste Performance unter den Versicherungstiteln.

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Berlin setzt neue Grenzen

Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des positiven Trends sind gut. Talanx zählt zu den führenden Versicherungsunternehmen in Europa und ist auf Versicherungen für Privat-, Firmen und Industriekunden sowie Rückversicherungen ausgerichtet. Fest etablierte und bekannte Marken zählen zum Konzern: HDI, HDI Gerling, Targo Versicherungen und Hannover Rück, einer der weltweit führenden Rückversicherer. Aber natürlich wachsen auch bei Talanx die Bäume nicht in den Himmel. Gerade auf dem Heimatmarkt werden die Zinsen aufgrund der Geldpolitik der EZB noch auf Jahre hinaus sehr niedrig bleiben. Ein herausforderndes Umfeld für Lebensversicherer. Die Nachfrage nach Versicherungsprodukten fällt eher schwach aus. Zugleich wird es zunehmend schwieriger, die Zinsverpflichtungen gegenüber den Kunden nachzukommen. Der Druck auf die Anlagerenditen dürfte wegen der Geldpolitik vorerst hoch bleiben.

Entlastung bringt das im Sommer von Berlin beschlossene Reformpaket. Damit sinkt die Gefahr, dass Versicherer wegen zu hoher Zinsversprechen zusammenbrechen und eine ähnliche Kettenreaktion ausgelöst wird wie mit dem Banken-Kollaps vor rund sieben Jahren. Neukunden, die von 2015 an eine Lebensversicherung abschließen, müssen sich mit einer garantierten jährlichen Verzinsung von 1,25 Prozent zufriedengeben. Zur Einordnung: Zur Jahrtausendwende lag der Garantiezins noch bei vier Prozent, zuletzt wurden 1,75 Prozent geboten.

Nach Einschätzung der Analysten vom Bankhaus Lampe könnte die Absenkung des Höchstrechnungszinses zu einem Schlussverkauf Ende 2014 führen. Im kommenden Jahr wäre ein deutlicher und nachhaltiger Einbruch des Neugeschäfts von traditionellen Lebensversicherungen durchaus zu erwarten. Besonders die größte Gesellschaft HDI Leben dürfte davon betroffen sein. Hingegen sollte die von der Politik beschlossene Ausschüttungssperre von Dividenden bei Talanx zu keinen Anpassungen führen. Auch die Erhöhung der Mindestbeteiligung der Kunden an den Risikogewinnen aus der Absicherung biometrischer Risiken dürfte nur einen marginalen Einfluss haben.

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Langfristig hohe Wachstumsziele

Mit den kürzlich gemeldeten Zahlen lag der Konzern im Rahmen der Erwartungen. Wegen der bisher relativ geringen Großschadenbelastung dürfte das Segment Schaden-Rückversicherung mit rückläufigen Prämien aufwarten. Zünglein an der Waage bleibt besonders der Verlauf der Hurrikansaison in den USA. Bei einer durchschnittlichen Schadensentwicklung dürften nach Meinung der NordLB die Vorgaben gut erreichbar sein. Talanx peilt für 2014 eine Kapitalanlagerendite von mindestens 3,4 Prozent an, dass Konzernergebnis dürfte bei mindestens 700 Mio. Euro liegen. Bisher wird eine Ausschüttungsquote der Dividenden im Bereich von 35 bis 40 Prozent des Konzernergebnisses verfolgt.

Vor allem mittelfristig bleiben die Werttreiber für die Aktie weiterhin intakt und sollten sich verstärkt auswirken. Wachstum und Profitabilität im internationalen Retail-Geschäft verlaufen weiterhin planmäßig, zugleich zeigen sich erste Erfolge in der Restrukturierung auf dem Heimatmarkt in Deutschland. Talanx-Chef Herbert Haas plant den Gewinn des Versicherungskonzerns bis 2017 auf rund eine Milliarde Euro zu steigern. Dazu beitragen soll besonders die Privat- und Firmenversicherung außerhalb Deutschlands. Zuletzt bauten die Hannoveraner ihre Präsenz durch einige Zukäufe in Polen aus. Zum Gewinnplus sollen die Privat- und Firmenversicherung im Ausland 90 bis 110 Mio. Euro mehr bringen, von der Industrieversicherung und dem Privatkundengeschäft in der Heimat erhofft sich das Management jeweils 70 bis 90 Mio. Euro mehr. Die gefestigten Beziehungen im deutschen Industriegeschäft sowie das starke Vertriebsnetz und die attraktive Präsenz in den Wachstumsmärkten Polen und Brasilien sind klare Pluspunkte. Die LBBW taxiert das Kursziel auf 28 Euro, NordLB sowie das Bankhaus Lampe bestätigten zuletzt ihre Kaufempfehlung und den fairen Wert bei 31 Euro.


Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.

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