Der ehemalige Vorstandschef von Thyssenkrupp soll im September in den Vorstand des Stahlhändlers einziehen und ab kommendem Jahr Vorstandsvorsitzender werden. Der 52-Jährige war bei seinem ehemaligen Arbeitgeber erst Finanzchef und übernahm nach dem Rücktritt von Heinrich Hiesinger den Vorstandsvorsitz. Schon in den vergangenen Jahren verhandelte er dabei im Rahmen der Neuordnung von Thyssenkrupp mit Klöckner wegen eines möglichen Zusammenschlusses mit dem Materialbereich des Konzerns. Doch dann entwickelte sich die Restrukturierung von Thyssenkrupp ganz anders, und Kerkhoff wurde abbestellt.

Der Finanzexperte bringt Know-how von der anderen Seite mit, das für Klöckner wertvoll sein könnte. Und ein Deal ist heute wahrscheinlicher. Unbestritten ist, dass der Materialbereich künftig zu den Kerngeschäftsfeldern von Thyssenkrupp zählen wird. Nach dem Verkauf des Aufzuggeschäfts landen 17 Milliarden Euro auf den Konten. Ein großer Teil davon fließt in den Schuldenabbau, aber einige Milliarden dürften investiert werden. Eine Übernahme von Klöckner & Co könnte sicherlich einen Mehrwert bringen.

Alleingang mit Potenzial

Allerdings ist der Konzern auch im Alleingang auf gutem Weg, sich aus dem aktuellen Konjunktursumpf zu ziehen. Das Unternehmen hat die Wertschöpfungskette und den regionalen Fingerabdruck durch Firmenkäufe in den vergangenen Jahren vergrößert. Außerdem legten die Duisburger Wert darauf, die Abläufe zu digitalisieren. Der Erfolg dieser Bemühungen zeigt sich nun. Im zweiten Quartal, in dem andere tiefrote Zahlen schrieben, erwirtschaftete Klöckner operativ einen Gewinn und verzeichnete einen positiven operativen Mittelzufluss. Insbesondere zahlte sich aus, dass das Unternehmen digital gut aufgestellt ist und weiterhin lieferfähig war. Der Anteil des bearbeiteten Umsatzes liegt hier bei mehr als einem Drittel und soll 2021 über die Hälfte erreichen. Eine wichtige Rolle spielt die selbst entwickelte Handelsplattform XOM Materials, auf der schon heute die größten Stahlfirmen ihre Ware einstellen. Erhöht sich die Akzeptanz weiter, gewinnt der Konzern an Schnelligkeit und reduziert seine Lagerkosten.

Klöckner will so die Kosten um rund 150 Millionen Euro senken. Dadurch entsteht ein großer Ertragshebel, wenn es denn konjunkturell wieder besser läuft. Ein dreistelliger Millionengewinn sollte dann erreichbar sein. Dafür ist die Aktie, die weit unter Buchwert notiert, zu billig. Zweistellige Kurse sollten auch ohne Übernahme drin sein.