€uro am Sonntag: In der Tat gibt es etwas Neues, und es ist erfreulich für Aktionäre wie Sie. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat im Januar ein sogenanntes Anwendungsschreiben herausgegeben. Es gibt vor, wie sich die Finanzämter bei konkreten steuerlichen Fragen verhalten sollen. In diesem Fall ging es um Kapitalerträge. In dem Schreiben akzeptiert das Ministerium ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2017 (Az. VIII R 54/14). Nach Meinung der obersten Steuerrichter sind die Anschaffungskosten der Bezugsrechte mit ihrem tatsächlichen Wert anzusetzen. Dadurch werden die Anschaffungskosten der bezogenen jungen Aktien höher, ein späterer Verkaufsgewinn damit geringer. Das spart Steuern. Bislang hatte der Fiskus das anders gesehen.
Generell gilt: Werden junge Aktien ausgegeben, müssen Börsianer einiges beachten. Die Einbuchung der Bezugsrechte ins Depot stellt keinen steuerpflichtigen Kapitalertrag dar. Die Bezugsrechte sind vielmehr Bestandteil des Aktionärsrechts und scheiden mit ihrer Zuteilung aus der Substanz der Altaktien aus. Wie die Bezugsrechte danach steuerlich behandelt werden, hängt vor allem davon ab, wann die Altaktien angeschafft wurden und was der Aktionär mit den zugeteilten Bezugsrechten unternimmt. Wurden die Altaktien vor 2009 angeschafft und verkauft der Anleger seine originär zugeteilten Bezugsrechte über die Börse, ist der Verkauf im Privatvermögen steuerlich irrelevant, weil die damals gültige einjährige Spekulationsfrist der Altaktien längst abgelaufen ist (BMF-Schreiben vom 18.01.2016, Rz. 109).
Übt ein Altaktionär im Rahmen einer Kapitalerhöhung sein Bezugsrecht aus und kauft junge Aktien des Unternehmens, gelten diese als zu diesem Zeitpunkt angeschafft, die Bindung an den Kaufzeitpunkt des Altbestands besteht in diesem Fall nicht mehr. Für die im Rahmen der Kapitalerhöhung bezogenen jungen Aktien gilt definitiv das neue Recht der Abgeltungsteuer: Kursgewinne sind seit 2009 zeitlich unbefristet steuerpflichtig. Altbestände, die bis 2008 angeschafft wurden, können dagegen steuerfrei verkauft werden.
Aktien aus den Jahren vor 2009 im Blick
Als Anschaffungskosten speichert die Depotbank den Bezugspreis für die jungen Aktien zuzüglich der eventuell anfallenden Ankaufspesen und Börsencourtage. Den Wert der eingesetzten originären Bezugsrechte haben die Depotbanken bisher mit null Euro als Bestandteil der Anschaffungskosten angesetzt und zwar unabhängig davon, ob die Altaktien vor oder nach dem
1. Januar 2009 angeschafft wurden.
Nach dem jüngsten Anwendungsschreiben ist dies anders. Das ist vor allem für Anleger bares Geld wert, die Altaktien von vor 2009 besitzen und danach junge Aktien bezogen haben. Die Altaktien sind schon lange im steuerfreien Bereich. Aus den Anschaffungskosten dieses Bestands wird jetzt aber ein Anteil abgespalten und auf Bezugsrechte und damit auf junge Aktien übertragen.