Sollte man mehr Aktien oder Anleihen kaufen? Sind deutsche Aktien attraktiver als US-Titel? Wer an der Börse investiert, kennt solche Fragen. Eine weiteres Thema bewegt Anleger derzeit ebenso: Sollte man bei deutschen Aktien zum Beispiel lieber auf einen Fonds setzen und bei US-Aktien auf einen ETF? Und welches dieser Instrumente eignet sich bei Anleihen besser? Auch die Redaktion erreichen mittlerweile etliche Anfragen von Lesern, die vor allem eines wissen wollen: In welchen Anlagekategorien sind Fonds besser und in welchen ETFs?

Oder anders formuliert: Vertraut man sich lieber einem Fondsmanager wie Edouard Carmignac, Bert Flossbach oder Klaus Kaldemorgen an, die das Kapital nach bestem Wissen und Gewissen anlegen? Oder sind ETFs vorteilhafter, die lediglich einen Index wie den DAX, Euro Stoxx 50 oder S & P 500 abbilden?

Der große Vergleich



Um dies herauszufinden, hat die Redaktion einen großen Vergleich zwischen aktiv gemanagten Fonds und passiv investierenden ETFs durchgeführt. Unser Ziel war es, einen möglichst langen Zeitraum zu untersuchen, der zugleich gute und schlechte Börsenphasen umfasst. Betrachtet haben wir daher die Zeit seit April 2005, weil Anleger bereits damals für die wichtigsten Anlagekategorien ETFs kaufen konnten, etwa für Aktienfonds Deutschland oder Rentenfonds Euro.

Als Kriterium für den Vergleich haben wir die FondsNote der €uro-Redaktion herangezogen. Sie berücksichtigt nicht nur die Rendite von Fonds und ETFs, sondern auch die Kursschwankungen. So geht die Rendite bei der FondsNote mit 75 Prozent in die Wertung ein und das Risiko mit 25 Prozent.

Da die FondsNote jeweils fortlaufend das Rendite-Risiko-Profil der vergangenen vier Jahre erfasst, kommen wir von April 2005 bis Februar 2017 auf fast 100 FondsNote-Bewertungen, über die wir jeweils einen Notendurchschnitt für jeden Fonds und ETF gebildet haben.

Das Resultat: Über die vergangenen zwölf Jahre hätte es sich bei vier von zwölf Kategorien im Schnitt gelohnt, auf einen aktiv gemanagten Fonds zu setzen (siehe Tabelle unten). Bei der Kategorie Aktienfonds Europa ohne Großbritannien wäre es zu einem Remis gekommen. Bei sieben von zwölf Kategorien wären ETFs im Schnitt besser gewesen. Insgesamt liegen in der Mehrzahl der Kategorien also ETFs vorn. Gegenüber aktiv gemanagten Fonds für US-amerikanische oder Schweizer Aktien sogar recht deutlich. Während der Vorsprung der aktiven Fonds bei britischen, deutschen oder europäischen Aktien gegenüber den jeweiligen ETFs erheblich kleiner ausfällt.

Noch eindeutiger fällt das Ergebnis aus, betrachtet man nur die vergangenen vier Jahre - also nicht rund 100, sondern lediglich die aktuelle FondsNoten-Bewertung. Dann schneiden ETFs in zehn von zwölf Kategorien besser ab. Einzig in den beiden Aktienkategorien Asien ohne Japan sowie Schweiz waren aktive Fonds erfolgreicher.

Das Resultat der Auswertung korrespondiert mit den empirischen Ergebnissen vieler Studien. Die meisten Finanzprofessoren sind sich ohnehin längst einig. Wer am Kapitalmarkt langfristig attraktive Renditen erzielen möchte, sollte keine Fonds, sondern ETFs kaufen. Dies bestätigen auch Studien des Vermögensverwalters Gecam und des Indexanbieters Standard & Poor’s.

Würde man dann noch die Fonds mit hineinrechnen, die wieder vom Markt verschwunden sind, wäre der Vorsprung für die ETFs noch größer. Fachleute sprechen hier vom "Survivorship Bias". Denn Fondsanbieter nehmen Produkte oft wieder vom Markt, wenn diese zu erfolglos geworden sind. Die mageren Renditen, die Anleger damit erzielt haben, fliegen dann aus der langfristigen Bewertung und schönen die Bilanz der Fondsbranche auf diese Weise.



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Nobelpreis-Theorie



Doch wie kommt es zu dieser systematischen Überlegenheit der passiv investierenden ETFs? Müsste der menschliche Geist nicht klüger sein als ein bloßer Durchschnitt, den ein Indexfonds abbildet?

Dagegen spricht aus Sicht der Wissenschaftler die Theorie der effizienten Märkte, für die Eugene Fama im Jahr 2013 den Nobelpreis erhielt. Diese Theorie besagt, dass alle relevanten Informationen bereits in den Aktien- und Anleihekursen enthalten sind und ein einzelner Anleger folglich nicht klüger als der Markt - beziehungsweise die Masse aller Anleger - sein könne. Es wäre demnach völlig sinnlos und vergebene Mühe, Indizes wie den DAX, Euro Stoxx 50, S & P 500 oder Nikkei 225 dauerhaft übertreffen zu wollen.

Ganz so extrem ist die Realität zwar nicht. Schließlich übertreffen immer noch etliche Fonds ihre Indizes und erzielten ein sehr gutes Rendite-Risiko-Verhältnis. Das gilt zum Beispiel für die besten Europa-Fonds (siehe Tabelle unten). Allerdings sind Fonds teurer als ETFs, was aus Sicht der Anleger zum großen Nachteil werden kann.

So müssen Anleger bei den US-Aktienfonds aus der Datenbank im Schnitt jährliche Kosten von 1,82 Prozent bezahlen, die fortlaufend vom Fondsvermögen abzogen werden. Bei den entsprechenden Aktien-ETFs betragen die laufenden Kosten dagegen im Schnitt nur 0,32 Prozent. Daher müssen die Fonds zunächst einen Kostennachteil von 1,50 Prozentpunkten aufholen, um auf Augenhöhe mit den ETFs zu kommen.

Erschwerend kommt für die Fonds hinzu, dass ETFs peu à peu günstiger werden. Denn die ETF-Anbieter bestreiten den Kampf um neue Kunden mit immer niedrigeren Kosten. So bezahlen Anleger bei den günstigsten S & P-500-ETFs von iShares, HSBC, Source und SPDR inzwischen weniger als 0,10 Prozent pro Jahr. Bei den aktiven Fonds ist ein solcher Preiskampf bislang nicht entbrannt.







Gesundes Mittelmaß



Das Problem für die meisten Anleger: Sie können im Voraus kaum erahnen, welche Fonds ihren Vergleichsindex künftig übertreffen werden. Wenn es einigermaßen gut läuft, kaufen sie einen mittelmäßigen Fonds. Wenn sie Pech haben, erwerben sie jedoch ein miserables Produkt, das einem vergleichbaren ETF konstant und deutlich hinterherhinkt.

Die Performance von ETFs können Anleger dagegen besser einschätzen: Zwar landen sie auf kurze Sicht selten ganz vorn in den Ranglisten. Aber große Ausrutscher nach unten sind bei ihnen ebenfalls selten. Zumindest wenn es sich um klassische Indizes wie den DAX, den Stoxx Europe 50 oder den MSCI USA handelt. Wenn ein ETF dann regelmäßig zum ersten Drittel seiner Anlagekategorie gehört, wird er auf lange Sicht vielleicht zum besten Fünftel gehören.

Anders gesagt: Mit einem ETF werden Anleger rückblickend kaum das beste Investment gekauft haben, im Schnitt aber ganz ordentlich abschneiden. Und sie werden näher beim besten Fonds liegen als beim schlechtesten Fonds.

Auf Seite 3: Rat der Praktiker





Rat der Praktiker



Doch wie setzen Praktiker aktive Fonds und passive ETFs ein? Mitja Ganz, Gründer der MLP-Niederlassung in Hof, kann beide Instrumente nutzen. "Wir sind da undogmatisch", sagt der promovierte Betriebswirt, der beim Wettbewerb zum "Finanzberater des Jahres" regelmäßig Top-Ten-Platzierungen erreicht.

ETFs setzt er etwa bei US-Aktien und Staatsanleihen guter Bonität ein. "Der S & P-500-Index ist auf Dauer kaum zu übertreffen, weil er extrem effizient ist", sagt Ganz, "und bei Anleihen sind die günstigen ETF-Kosten angesichts der niedrigen Zinsen ein durchschlagendes Argument." Gleichwohl setzt er auch Fonds ein. Zwar schnitten ETFs in gut laufenden Märkten besser ab. "Aber wir wissen ja nicht vorher, ob die Märkte gut laufen werden", sagt der MLP-Mann. "Daher bleiben aktiv gemanagte Fonds sinnvoll." Ganz kennt die Psyche vieler Anleger. "Sollte der Aktienmarkt um 30 bis 40 Prozent einbrechen, dürften ETF-Anleger ins Grübeln kommen", sagt er. Ganz setzt deshalb gern vermögensverwaltende Fonds ein, deren Manager das Portfolio bei Abschwüngen gegen Verluste abfedern können. Sein Kalkül: Wer seine ETFs in Auf- und Abschwüngen immer wieder kauft und verkauft, zahlt dadurch hohe Börsenspesen. "Langfristig kann es dann günstiger sein, an einem vermögensverwaltenden Fonds festzuhalten", meint Ganz.

Auch bei Wandelanleihen greift er gern auf Fonds zurück. "Dies ist ein sehr spezieller Markt, bei dem das Können eines Fondsmanagers valide sichtbar wird", sagt, er. Denn diese müssten Aktien und Anleihen beherrschen sowie die jeweiligen Sonderbedingungen der Wandelanleihen verstehen.

Daniel Zindstein aus Wangen im Allgäu nutzt ebenfalls Fonds und ETFs. "Für die kurzfristige und taktische Allokation setzen wir in allen Märkten ganz klar auf ETFs", sagt der Chef der Zindstein Vermögensverwaltung. Das gelte auch für US-Aktien und einige Segmente am Rentenmarkt, in die man gezielt mit ETFs investieren könne.

So vertreibt iShares zum Beispiel einen ETF auf Euro-Unternehmensanleihen ohne Finanzwerte, deren Restlaufzeit zwischen ein und fünf Jahren liegt. "Bei ETFs gibt es mittlerweile nichts, was es nicht gibt", sagt Zindstein, der vom Finanzen Verlag ("BÖRSE ONLINE", "€uro", "€uro am Sonntag") zuletzt zweimal in Folge zum "Vermögensverwalter des Jahres" gekürt wurde, trocken.

Zindstein ist jedoch Pragmatiker. "Es gibt tolle Fondsmanager, die den Index in 80 Prozent der Fälle schlagen oder ein besseres Rendite-Risiko-Profil aufweisen", sagt er. Das gelte besonders für ineffizientere Märkte, zu denen er etwa Nebenwerte oder die Schwellenländer zählt. Der Vermögensverwalter ist aber wählerisch, wenn er einen Fonds kauft. "Ich mag Fondsmanager, die einen großen Spielraum haben und weit vom Index abweichen können", erklärt er. Ansonsten bezahle man zu viel für jemanden, der nur am Index klebe.

Zindstein sieht das Problem für viele Privatanleger jedoch an völlig anderer Stelle. "Diese müssten sich zunächst überlegen, in welcher Anlageklasse sie mit welchen Quoten investiert sein wollen", sagt er. "Erst danach sollte man sich die Frage nach dem Investmentvehikel stellen. Also die Frage, ob ein Fonds oder ETF sinnvoller ist."