Eine der größten Erfolgsgeschichten Amerikas begann recht unspektakulär in San Bernardino, einem kleinen Ort unweit von Los Angeles. 1940 eröffneten dort die Brüder Maurice und Richard McDonald einen kleinen Burger-­Laden, der später als weltgrößte Fast-Food-Kette in die Geschichte eingehen sollte. Die beiden Söhne eines arbeitslosen Schuhfabrikarbeiters waren eigentlich nach Kalifornien gezogen, um in Holly­wood als Filmstars Karriere zu machen. Aber sie mussten ihren Traum von Ruhm und Reichtum schnell begraben und endeten schließlich als Kulissenschieber. Die beiden verdienten gutes Geld mit ihrer Imbissbude, die auf einem Parkplatz stand, auf dem 20 adrette Kellnerinnen den Gästen ihre Bestellung direkt ans Auto brachten.

Burger waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch ein Arme-Leute-Essen, aber das Lokal entwickelte sich schnell zu einem beliebten Teenie-Treffpunkt. Die Brüder genossen ihren Wohlstand, kauften eine Villa mit 25 Zimmern und fuhren im Cadillac vor. Mehr wollten sie nicht, und sie hatten auch keine Lust, sich übermäßig abzurackern. Das änderte sich 1948, als der Konkurrenzdruck der anderen Burger-­Brater übermächtig zu werden drohte.

Amerika hatte sich verändert, in den Supermärkten und Kaufhäusern regierte das Prinzip Selbstbedienung, und die Brüder mussten erkennen, dass ihr Servicekonzept nicht mehr zeitgemäß war. Also feuerten sie die Kellnerinnen, rüsteten die Küche auf einen Schnellservice um und zwangen ihre Kunden, das Essen an der Theke zu bestellen und abzuholen. Es gab nur noch Hamburger, Pommes und Getränke. In der Küche arbeiteten ungelernte Billigarbeiter, die stets die gleichen Handgriffe ausführten. In weniger als 60 Sekunden war ein Burger verkaufsfertig, mit 15 Cent war er zudem phänomenal günstig. Das Konzept ging auf.

Das Geschäft seines Lebens


Da trat Raymond Albert Kroc, den alle Ray nannten, auf den Plan. Der 1902 geborene Sohn eines böhmischen Einwanderers hatte bereits eine lange Karriere hinter sich und arbeitete Ende der 30erJahre als Vertreter für Küchenmixer. Die meisten Restaurants orderten bei ihm einen oder zwei der 150 Dollar teuren Mixer, mit dem fünf Milchshakes gleichzeitig zubereitet werden konnten. Die McDonald-Brüder bestellten jedoch gleich acht Geräte. Kroc wollte wissen, wer die seltsamen Kunden waren, und fuhr 1954 nach San Bernardino. Er sah die meterlangen Schlangen vor dem Restaurant, sah durch die Glaswände die Angestellten in ihren weißen Uniformen, die in einer Art Fließbandfertigung Burger produzierten - ein revolutionäres Konzept, und Kroc witterte das Geschäft seines Lebens.

Er überzeugte die Brüder, ihr Konzept als Franchise-System in großem Stil aufzuziehen, schwatzte ihnen die Rechte und den Namen McDonald ab und eröffnete ein Jahr später sein erstes McDonald’s-­Restaurant in Des Plaines, einem Vorort von Chicago. Alles war wie in San Bernardino: gleiche Preise, gleiches Menü, gleicher schneller Service. Nach einem Jahr hatte er zwölf Filialen eröffnet, bis 1960 sollten es 200 werden.

Entscheidend für den Erfolg war allerdings, dass Kroc aus der Burger-Kette ein Immobilienimperium machte. Denn nicht das Fast-Food-Konzept machte McDonald’s schließlich groß, sondern sein neues Franchise-System: Kroc begann, den Grund und Boden für die Filialen selbst zu kaufen, die Betreiber mussten eine monatliche Miete und eine Umsatzprovision an Kroc zahlen. McDonald’s wurde so zu einem der weltgrößten Immobilienbesitzer. Alle Franchise-Nehmer mussten sich zudem an die im Betriebshandbuch festgelegten Standards halten: Jeder Burger bestand aus 45,36 Gramm Hackfleisch, das Brötchen musste 17 Sekunden rösten, die Pommes waren 0,71 Zentimeter dick.

Kroc flog kreuz und quer durch die USA und suchte in den Vororten größerer Städte mit ihren Reihenhaussiedlungen, Schulen und Kirchen nach geeigneten Immobilien, für den Bau von McDonald’s-­Restaurants mit den zwei goldenen Bögen. Um Kinder anzulocken, ließ er vor seinen Burger-Filialen Spielplätze bauen und bunte Plastiktierchen verteilen. Mit dem Werbeclown Ronald McDonald schuf er eine Figur, die weltweit den größten Bekanntheitsgrad nach dem Weihnachtsmann erreichen sollte.

1961 kaufte Ray Kroc die beiden McDonald-Brüder mit 2,7 Millionen Dollar aus dem Unternehmen heraus. Das Geld kam von Investoren, darunter waren auch ­einige US-Elite-Hochschulen. Einzig ihr Restaurant in San Bernardino durften die beiden Gründer behalten, mussten es jedoch in "Big M" umbenennen. Nachdem Kroc die Brüder ausgezahlt hatte, eröffnete er einen Block weiter einen brandneuen McDonald’s, der Ur-Mc ging pleite. "Die Burger-Revolution hatte ihre Väter gefressen - um fortan die Kinder in aller Welt zu mästen", schrieb der "Spiegel".

Der Börsengang


1965 ging McDonald’s an die Börse. Der Eröffnungskurs für die 300 000 Aktien, die zu einem großen Teil Kroc persönlich gehörten, lag bei 22,50 US-Dollar, kurze Zeit später stieg der Kurs auf 49 Dollar. Kroc kassierte bei dem Börsengang drei Millionen Dollar. Jetzt begann er auch, die Auslandsmärkte zu erobern. Als der Wert seiner Aktien auf rund 500 Millionen Dollar gestiegen war, gönnte er sich ein Haus in Beverly Hills und eine Villa in Florida. Er beteiligte sich außerdem am Baseball-Team der San Diego Padres.

Seine Ehefrau Joan hingegen, eine ehemalige Barpianistin, die er 1969 nach zwei Scheidungen geheiratet hatte, hatte einen Hang zum Geldausgeben. Aber sie spendete auch großzügig für Kinder, Krankenhäuser und Tierparks. Und sie wollte Amerika mit einer millionenschweren Informationskampagne über die Gefahren des Alkoholismus aufklären. Ray Kroc war inzwischen Alkoholiker, erlitt mehrere Herzinfarkte und begab sich 1979 auf Joans Ultimatum hin in eine Entzugsklinik. Seine letzten Jahre verbrachte er im Rollstuhl, seine Frau immer an seiner Seite. Er starb 1984 im Alter von 81 Jahren an Herzversagen, zehn Monate, bevor McDonald’s den fünfzigbillionsten Hamburger verkaufte.