Seit 2020 sind SPACs ein Megatrend an der Wall Street. Nun erreicht der Hype auch Europa via Amsterdam und der Börse in Frankfurt. Dort brachte Wagniskapitalspezialist Klaus Hommels vergangenen Montag mit Lakestar SPAC 1 den ersten dieser Börsenmäntel in Deutschland aufs Parkett.

In den USA sind diese Anlagevehikel währenddessen längst auch bei Privatanlegern äußerst beliebt. Den Kick, in SPACs zu investieren, liefern Gurus in sozialen Netzwerken und auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Cassius Cuvée zum Beispiel: Der US- Rapper hat nach eigenen Angaben die Hälfte seines Portfolios von rund einer Million Dollar in SPACs investiert. Cuvées aktueller Hit auf Youtube, "SPAC Dream", wurde von Wall-Street-Investor Bill Ackman empfohlen und erreichte Kultstatus, auch weil der Song Amerikas SPAC-Hype sehr gut schildert.

Cuvée hatte Aktien des US-SPACs Diamond Eagle Acquisition gekauft, der im Sommer 2020 den Wettspieleanbieter Draftkings via Übernahme aufs Parkett brachte und damit eine sensationelle Erfolgsstory für Anleger in den USA lieferte.

Was also ist ein SPAC? Das Akronym für Special Purpose Acquisition Company, im Banker-Sprech ein Börsenmantel, ist ein Fonds mit Geld, den die Initiatoren des SPAC mit Co-Investoren, den Sponsoren, an die Börse bringen. Mit dem Geld sollen die Sponsoren innerhalb von zwei Jahren eine Firma kaufen, um sie via Börsenmantel, also ohne den üblichen aufwendigen Börsengang, aufs Parkett zu bringen. Die Fusion des SPAC mit der Firma "füllt" so den Börsenmantel. Damit hat der SPAC seinen Zweck erfüllt und geht in der Firma auf. An der Börse ersetzt der Konzern mit neuer Notierung den SPAC-Mantel.

Exklusiver Zugriff auf Debütanten

Die Initiatoren und die Sponsoren eines SPAC sind Kapitalmarktprofis, Branchenkenner, ehemalige Unternehmer oder Spezialisten für Unternehmensbeteiligungen. Privatanleger erwerben die Aktien des SPACs nach dem IPO des Vehikels. Alle bekommen anders als beim IPO als Erste und exklusiv Zugriff auf den designierten Börsendebütanten. Für viele vermögende Anleger, die wegen der historisch niedrigen Zinsen deutlich weniger Möglichkeiten haben, Kapital mit überdurchschnittlichen Renditen zu investieren, sind SPACs deshalb sehr verlockend. Privatanleger, die diese Aktien erwerben, hoffen ebenfalls auf den großen Fang.

Wie stark der SPAC-Hype weiterhin ist, zeigte sich während der ersten sechs Wochen des Jahres, als an der Wall Street bis zum 11. Februar schon 42 Milliarden Dollar eingesammelt wurden. Das ist die Hälfte des Volumens aus dem gesamten Vorjahr (siehe Investor-Info). Dabei hatten SPACs 2020 schon rund die Hälfte des gesamten Emissionsvolumen in den USA geliefert.

Kick für Initiatoren und Sponsoren

Der starke Anreiz für Initiatoren und Sponsoren eines Börsenmantels: Bei einem klassischen SPAC erhalten sie zusammen ein Fünftel der Anteile an der gekauften Firma nach deren Börsengang. "Sie bekommen 20 Prozent steuerfrei, bis sie verkaufen. Deshalb machen so viele mit", sagte Investor Bill Ackman jüngst der "Financial Times". Die Emission dieser sogenannten Founder Shares geht aber zulasten der ursprünglichen Firmeneigentümer und der Anleger, die den SPAC an der Börse gekauft haben, deren Anteile somit stark verwässert werden.

Auch in Europa kündigen nun viele bekannte Unternehmer, Manager und Investoren einen eigenen SPAC an, darunter Bernard Arnault, Chef des weltweit größten Luxuskonzerns LVMH, Oliver Samwer, Mitgründer der Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet, und Martin Blessing, Ex-Chef der Commerzbank. Richard Branson, Großbritanniens umtriebiger Unternehmer, hat seit 2019 Erfahrung mit Börsenmänteln.

Über die Fusion mit einem SPAC von Ex-Facebook-Manager Chamath Palihapitiya brachte Branson seine Raumfahrtfirma Virgin Galactic aufs Parkett. Die Transaktion und Virgin Galactic wurden ein Vorzeigeerfolg für die SPACs. Vor wenigen Tagen packte Branson dann 23andMe, einen US-Biotech- Pionier für personalisierte Medizin, in seinen SPAC VG Acquisition Corp.

US-Finanzinvestor Ackman sammelte für seine Pershing Square Tontine Holdings im Sommer des vergangenen Jahres vier Milliarden Dollar ein. Es ist der bisher größte SPAC. Ackman verzichtete auf Founder Shares. Sie schwächten die Verhandlungsposition mit guten Wachstumsfirmen erheblich, argumentiert er. Sein SPAC Pershing Square Tontine wird auch hierzulande gehandelt.

Nun erwarten Experten, dass an den Börsen in Amerika notierte SPACs auch in Deutschland und in Europa Firmen übernehmen, um sie an die Wall Street zu bringen, wie beim Biotech-Unternehmen Immatics bereits geschehen. Die Ausgründung der Uni Tübingen, ein Entwickler von Gentherapien zur Behandlung von Krebs, wurde im vergangenen Sommer übernommen. Immatics’ Stammbörse ist nun die Nasdaq, allerdings werden die Aktien auch an der Börse in Stuttgart gehandelt.

Im Januar stülpte der SPAC des amerikanischen Private-Equity-Konzerns Texas Pacific Group (TPG) seinen Börsenmantel TPG Pace Beneficial Finance über EVBox, einen französischen Entwickler von Ladestationen. Die Auflösung des SPAC soll im März abgeschlossen werden, sodass anschließend die EVBox Group an der New York Stock Exchange (NYSE) als börsennotiertes Unternehmen starten kann.

In Europa soll die Börse in Amsterdam mit ähnlichen Regeln für SPACs wie in den USA der Hotspot für Börsenmäntel werden. Experten erwarten dort in diesem Jahr zahlreiche Notierungen. Auch LVMH-Lenker Arnault und Ex-Banker Blessing wollen ihre Börsenmäntel in der niederländischen Hauptstadt debütieren lassen.

Inzwischen wirbt Initiator Hommels für seinen Börsenmantel Lakestar SPAC 1. Dieser soll den Ausverkauf europäischer Technologiefirmen in die USA bremsen. Seine Firma Lakestar Advisors hält Beteiligungen an Wachstumsunternehmen. Lakestars Börsenmantel soll nun während der nächsten zwei Jahre einen Technologiespezialisten mit einem geschätzten Wert zwischen 750 Millionen und vier Milliarden Euro einfangen.

Spacs

Der besondere Weg an die Börse

Ein SPAC debütiert als Börsenmantel meistens mit Startkursen von zehn Dollar oder zehn Euro. Der Kauf einer Firma soll innerhalb von zwei Jahren erfolgen. Klappt das, erfolgt das IPO der Firma über die Fusion mit dem SPAC. Der Börsenmantel hat damit seinen Zweck erfüllt.
 


INVESTOR-INFO

Der Markt

Der Boom nährt den Boom

Zu Wochenbeginn schnappte sich der Börsenmantel der Unternehmerin Joanna Coles für 4,7 Milliarden US-Dollar Apex Clearing, einen Börsendienstleister der Börse New York (NYSE). Der Deal ist ein weiteres Signal für den Hype um SPACs, der seit Jahresbeginn noch rasanter zulegt. Bis zum 11. Februar hatten SPACs an der Wall Street 42 Milliarden Dollar eingesammelt, das entspricht knapp der Hälfte des Gesamtvolumens von 2020.

Börsenmäntel (SPACs)

Verlockend und sehr riskant

Privatanleger setzen bei SPACs auf den Erfolg der Initiatoren und Sponsoren. Denn die Intransparenz in Bezug auf das Übernahmeziel eines SPAC ist im Vergleich zu einem IPO sehr hoch. Zudem werden ihre Anteile an der nach Auflösung des SPAC börsennotierten Firma stark zugunsten von Initiatoren und Sponsoren verwässert. Die erhalten für ihre Leistungen zusammen 20 Prozent an der Firma, nachdem diese den SPAC an der Börse ablöst. Diesen erheblichen Nachteil müssen Privatanleger durch Wertsteigerungen des Debütanten aufholen. In Frankfurt als SPAC gestartet ist Lakestar von Investor Klaus Hommels. ESG Core und Pershing Square sind aber auch hierzulande handelbar. Weniger Risiko bietet die aus dem SPAC schon entpackte Biotechfirma Immatics. Bill Ackmans Börsenmantel Pershing Square Tontine Holdings notiert wegen der Prominenz seines Initiators dagegen um mehr als 30 Prozent über dem Startwert von 20 Dollar pro Aktie. Den Startwert von zehn Euro beziehungsweise zehn oder 20 Dollar pro Aktie können SPAC-Aktionäre zurückfordern, wenn sie mit dem Kauf einer Firma nicht einverstanden sind. Diese Beträge bekommen sie auch zurück, wenn ein SPAC ohne Zukauf nach zwei Jahren aufgelöst wird.