Frohe Botschaft für die zahlreichen Fans der US-Fernsehserie "Game of Thrones": 2018 läuft zwar die achte und letzte Staffel ihrer heißgeliebten Erfolgsserie, doch es gibt bereits Pläne für bis zu fünf Spin-off-Serien. Das sind Produktionen, die auf dem bisherigen Stoff der Fantasy-Kultserie aufbauen.

Durch diese Nachricht hat der Begriff "Spin-off" (auf Deutsch: etwas abspalten, ausgliedern) mit einem Schlag stark an Bekanntheit gewonnen. Im "Game of Thrones"-Umfeld hatte der Ausdruck allerdings eine wesentlich größere Breitenwirkung, als sie derselbe Begriff in der Welt der Wirtschaft und der Börsen entfaltet.

Dabei erfreuten sich Spin-offs in den vergangenen Jahren - und auch aktuell - im Finanzbereich großer Beliebtheit. In den USA war der Höhepunkt in Sachen Abspaltungen aus einem Unternehmensverbund das Jahr 2015 - aber Spin-offs sind nach wie vor ein großes Thema. Ganz besonders gilt das auch für Deutschland. Hierzulande haben jüngst Großkonzerne wie Daimler, Volkswagen oder Merck KGaA über entsprechende Pläne berichtet.

Weil diese unternehmerischen Aktivitäten teilweise hohe Werte freisetzen können, ist es aus Anlegersicht sinnvoll, sich damit zu beschäftigen. Um zu verstehen, worum es geht, ist es hilfreich, sich zunächst mit den wichtigsten Begriffen vertraut zu machen.

Von einem Spin-off ist demnach dann die Rede, wenn ein Konzern einen Geschäftsbereich in der Form einer sogenannten Aktiendividende abspaltet. Das heißt, Altaktionäre erhalten neue Aktien des Tochterunternehmens, ohne dass die Mutter einen Emissionserlös erzielt. Kommt es hingegen zu einem Börsengang der Tochter in der Form eines IPO, lautet der Fachbegriff "Equity Carve-out" (zu Deutsch etwa: Werte herausschnitzen). Bei dieser Konstellation erzielt die Mutter einen Emissionserlös und behält nicht selten auch die Mehrheit der Aktien.



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Einzelteile sind mehr wert als das Ganze



Sinnvoll kann der Rückgriff auf diese Managementinstrumente dann sein, wenn ein Teilbereich sein Potenzial aufgrund einer etwas stiefmütterlichen Behandlung im Konzernverbund nicht komplett ausspielen kann. Nach der Entlassung in die Freiheit gibt so eine Konstellation einem fähigen Management die Chance, unternehmerische Werte zu schaffen.

Das kann im Idealfall die Profitabilität erhöhen. Auch die Mutter kann profitieren, denn sie hat die Möglichkeit, freigesetzte finanzielle oder personelle Ressourcen zum Ausbau ihres Kerngeschäfts zu nutzen. Geht die Rechnung auf, belohnt die Börse das mit höheren Bewertungen für die beiden jetzt getrennten Einheiten, als das in der bisherigen Konstellation der Fall wäre. Das Ergebnis kann dann sein, dass die Summe der Einzelteile wesentlich mehr wert ist als das Ganze.

Wie sich das auf die Kurse der beteiligten Aktien auswirkt, dieser Frage sind Marktexperten bereits in etlichen Studien nachgegangen. Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass sich das Ergebnis von Abspaltungen häufig in der Formel "1 + 1 = 3" manifestiert.

So hat der Finanzdienstleister Factset basierend auf mehr als 300 Spin-offs das Kursverhalten in den vergangenen zehn Jahren untersucht. Demzufolge verbuchte die Mutter in den sechs Monaten vor dem Spin-off im Schnitt ein Plus von 13 Prozent, auf Dreimonatssicht immerhin noch ein Plus von über acht Prozent. Nach Vollzug der Trennung überzeugt dann vor allem der abgegebene Teil mit einem Kursplus von acht Prozent auf Sechsmonatssicht, während es hingegen auf Dreimonatssicht nur rund 1,6 Prozent sind.



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Spin-off-Aktien schlagen sich ziemlich gut



Wie lohnend es sein kann, auf Spin-offs zu setzen, zeigt sich auch an einer Auswertung, die der Vermögensverwalter Source for Alpha für uns aktualisiert hat. Laut Mitvorstand Timo Gebken kommen 327 Spin-offs von 1990 bis August 2017 nach 500 Handelstagen auf eine Überrendite gegenüber dem S & P-500-Index von 14,72 Prozent.



Wie der Experte für Kapitalmarktforschung weiter erläutert, weisen die Spin-offs im ersten Jahr nach der Abspaltung eine Outperformance von 8,7 Prozent auf. Für das Folgejahr ist die Rendite zwar deutlich kleiner, beträgt aber immer noch sechs Prozent. Zudem weist Gebken auf ein weiteres Phänomen hin: "Oft verlieren die Spin-offs am Anfang zunächst, bevor es dann nach zwei bis drei Monaten zu einer Outperformance kommt."

Zu erklären ist das vermutlich damit, dass institutionelle Anleger sich von den Neulingen trennen, weil sie nicht zu ihrer Anlagestrategie passen. Nicht selten hat der anfängliche Verkaufsdruck auch ganz einfach mit einer fehlenden Indexzugehörigkeit zu tun.

Sobald diese Effekte aber nachlassen, hat ein Spin-off die Chance, mit einer guten Story das Interesse der Anleger zu wecken. Diese Aufgabe fällt leichter, wenn bisher ungeliebte und vielleicht nicht optimal geführte Tochterunternehmen mit einem Bewertungsabschlag auf den Markt kommen. Schließlich ist eine günstige Bewertung ein guter Nährboden für mittelfristig steigende Notierungen. Zumal im Lauf der Zeit auch die Chance auf eine Höherbewertung besteht, weil sich Analysten leichter damit tun, ein neues, weniger komplexes Unternehmen zu bewerten, als eine in ein Konglomerat eingebundene Gesellschaft.

Hinzu kommt bei Spin-off-Firmen, die auf sich allein gestellt sind, eine größere Übernahmefantasie, als das eingebettet in einem Konzernverbund der Fall gewesen wäre. Ebenfalls eine wichtige Tatsache ist: Während sich klassische Spin-offs im Schnitt deutlich besser schlagen als der Vergleichsindex, weisen in der Form eines Equity Carve-outs abgespaltene Unternehmen nach der Trennung von der Mutter eine deutliche schlechtere Performance auf als der Vergleichsindex.

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Spin-off-Anlageideen





Anlegern, die sich diese Erkenntnisse zunutze machen wollen, bieten sich einige Möglichkeiten. Zum einen können sie beispielsweise auf den S4A-US-Long-UI-Fonds (WKN: A1H 6HH) von Source for Alpha setzen, bei dem ein Schwerpunkt auf Aktien von Spin-offs liegt. Zum anderen ist der Guggenheim S & P Spin-Off ETF (WKN: A0R K0G) eine Alternative für den US-Markt. Bei abgespaltenen Einzelaktien sind in den USA Advansix und DXC Technology interessante Werte. Die beiden Titel punkten mit einer bisher guten Wertentwicklung, mit einer vernünftigen Bewertung sowie mit einem überzeugenden Chartbild.

So weist Advansix, ein Spezialist für Polyamide und Chemikalien, der früher zu Honeywell gehörte, für das Jahr 2018 ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13,4 auf. DXC ist ein IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, das aus dem Zusammenschluss von Computer Sciences Corporation (CSC) mit der Dienstleistungssparte von Hewlett Packard Enterprise (HPE) entstand. Auf Basis der Schätzungen für 2018/19 hat der Wert ein KGV von 10,3.

In Deutschland sorgt unterdessen ein Übernahmeangebot des finnischen Versorgers Fortum für den erst vor Jahresfrist von Eon abgespaltenen Stromproduzenten Uniper für Schlagzeilen. Der gebotene Übernahmepreis lässt allerdings noch viel Luft für Nachbesserungen.

Unter den Konzernen, bei denen in Deutschland die Möglichkeit eines Spin-offs besteht, kommt die Aktie des DAX-Konzerns Merck KGaA als Anlageidee infrage. Denn der Pharma- und Spezialchemiekonzern will sich künftig noch stärker auf den Bereich Biopharmaka konzentrieren. Neue Arzneien wie die Krebsimmuntherapie Bavencio (Avelumab) und die Multiple-Sklerose-Tablette Mavenclad sollen für sprudelnde Einnahmen sorgen.

Als Folge davon steht bei den Darmstädtern die Consumer-Health-Sparte mit rezeptfreien Produkten wie Nasenspray oder Nahrungsergänzungsmittel auf dem Prüfstand (siehe hierzu auch BÖRSE ONLINE 39, Seite 24). Kommt es also zu einer Abspaltung und verhält sich die Notiz nach dem typischen Strickmuster von Aktien, die abspalten, sollten im Vorfeld der Transaktion Kursgewinne drin sein.

Spin-offs auf einen Blick



Scheidung tut nicht immer weh. Die Abspaltung eines Bereichs kann für alle Seiten lohnend sein. Meist werden dadurch hohe Werte freigesetzt, wovon sowohl der Mutterkonzern als auch die abgespaltene Firma profitieren.