Wie Bürger die Pflichtaufgabe des Fiskus optimal erledigen Von Stefan Rullkötter

Die Steuerquellen von Bund und Ländern sprudeln wieder. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 legten die Einnahmen der öffentlichen Haushalte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,2 Prozent auf 273,4 Milliarden Euro zu. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten viele Bürger, die Einkommensteuererklärungen für 2020 nicht optimal ausfüllen oder gleich ganz auf eine Abgabe verzichten. Rund 500 Millionen Euro bleiben so dieses Jahr "unverdient" in den Kassen von Olaf Scholz, 16 Länderfinanzministern und von rund 10 000 Kämmerern der Städte und Gemeinden.

Besonders fehleranfällig sind Steuererklärungen erfahrungsgemäß, wenn Kapitalerträge, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ("VuV") und Alterseinkommen deklariert werden müssen. Wer etwa vergangenes Jahr Festgeldzinsen bei französischen oder schwedischen Finanzinstituten kassiert hat, muss die Anlage KAP zwingend ausfüllen, weil weder deutsche Freistellungsaufträge akzeptiert noch Abgeltungsteuern von ausländischen Banken abgeführt wurden.

Steuertücken bei Kapitaleinkünften

Zudem müssen Anleger unter Umständen zwei Extrabestandteile des Formulars ausfüllen. Wer Fondsanteile im Depot hat, auf deren Erträge 2020 keine Pauschalabgabe einbehalten wurde, muss diese in der Anlage KAP-INV deklarieren. Die Anlage KAP-BET ist nötig, wenn Investoren 2020 an einer Personengesellschaft oder einer Erbengemeinschaft beteiligt waren, die Erträge ausgeschüttet haben. Zudem ist die Verrechnung von Börsenverlusten tückisch. Aktuell hält der Bundesfinanzhof etwa die Verrechnungsbeschränkungen bei Aktienmiesen für verfassungswidrig (Az. VIII R 11/18). Auch wenn Immobilien nicht selbst genutzt, aber in sie investiert wird, ist eine Steuererklärung in der Regel aufwendig.

Das gilt auch für 5,6 Millionen steuerpflichtige Ruheständler, bei denen die alljährliche Pflichtübung fürs Finanzamt mit zunehmendem Alter mühsamer wird. Abhilfe soll seit Mitte Juni ein neues Online-Angebot des Finanzministeriums (www.steuerlotse-rente.de) schaffen. Der Haken: Der "Steuerlotse" erleichtert nur Ruheständlern ohne Zusatzeinkünfte die Deklaration. Alle für die Erklärung relevanten Daten lassen sich abrufen unter www.deutsche-rentenversicherung.de/steuerbescheinigung.

 


Bitcoin

Wer Bitcoin länger als zwölf Monate gehalten und 2020 verkauft hat, kann Verkaufsgewinne steuerfrei einstreichen. Werden Kryptowährungen binnen eines Jahres wieder verkauft, setzt das Finanzamt bei Gewinnen den persönlichen Einkommensteuersatz (maximal 45 Prozent) an. Lagen diese unter der Freigrenze von 600 Euro, bleibt der Ertrag steuerfrei. - Anlage SO, Zeile 10

Goldanlagen

Realisierte Kursgewinne mit Xetra- Gold, Gold Bullion Securities, Euwax Gold II und anderen Inhaberschuld- verschreibungen ("ETCs"), die Goldlieferansprüche grammgenau verbriefen, sind bei Verkauf nach mehr als zwölf Monaten Haltedauer steuerfrei. Realisierte Verluste aus physischen Goldanlagen sind nur bei Verkauf binnen Jahresfrist verrechenbar. - Anlage KAP, Zeile 7

Günstigerprüfung

Wer als Aktionär oder Dividendenfonds-Anleger Zweifel hat, ob für ihn 2020 die 25-prozentige Abgeltung- steuer oder die Veranlagung nach persönlichem Grenzsteuersatz auf Basis des Gesamteinkommens vorteilhafter war, kann die "Günstigerprüfung" beantragen. Das Finanzamt muss dann die vorteilhaftere Steueralternative anwenden. - Anlage KAP, Zeile 4

Investmentfonds

Manche Anleger mussten Anfang 2020 eine "Vorabpauschale" entrichten. Die vorweggenommene Besteuerung von Wertsteigerungen betrifft thesaurierende und ausschüttende Fonds, die Erträge nicht vollständig auskehren. Den Abzug verhindert ein Freistellungsauftrag (801 Euro Singles, 1602 Euro zusammen Veranlagte). - Anlage Anlage KAP-INV, Zeilen 9-13 und 31-46

Kirchensteuer

Wer als Bankkunde dem automatischen Kirchensteuereinbehalt auf Kapitalerträge widersprochen hat, muss bei der Anlage KAP in Zeile 6 eine "1" eintragen. Je nach Bundesland sind acht oder neun Prozent der Abgeltungsteuer als Kirchensteuer fällig. Damit die Abgabe als Sonderausgabe berücksichtigt wird, müssen Anleger stets die Zeilen 7 und 12 ausfüllen. - Anlage KAP, Zeilen 6 ff.

Staatliche Zulagen

Wer bis Ende 2020 Riester-Zulagen, Arbeitnehmersparzulage und die Wohnungsbauprämie für das Jahr 2018 beantragt hat, kann diese noch erhalten, wenn er tatsächlich Anspruch darauf hatte. Dafür ist eventuell die nachträgliche Abgabe einer freiwilligen Steuererklärung für 2018 nötig. Die Frist für die sogenannte Antragsveranlagung läuft vier Jahre. - Anlage AV, Zeilen 1-48

Strafzinsen

Immer mehr Banken berechnen "Strafzinsen" auf Giro- oder Tagesgeldkonten. Diese seien keine "ne- gativen Kapitaleinkünfte", die mit Zins- und Dividendenzahlungen verrechenbar seien, würden aber vom Sparerpauschbetrag erfasst, meint das Bundesfinanzministerium (Gz. IV C 1 - S 2252/19/ 10003 :007). Ein Einspruch dagegen könnte sich lohnen. - Anlage KAP, Zeilen 7-11

Totalverluste I

Wer sich 2020 von wertlosen Wertpapieren durch Verkauf an die Depotbank getrennt hat, kann den Totalverlust steuermindernd geltend machen. Mit Aktien, Anleihen und Knock-out-Zertifikaten erlittene Totalverluste sind seit 2020 nur noch bis zur Höhe von 20 000 Euro pro Jahr verrechenbar, höhere Miese in künftige Veranlagungsjahre vortragbar. - Anlage KAP, Zeilen 7 - 15

Totalverluste II

Hat die Depotbank 2020 Aktien von existenzbedrohten Unternehmen vor deren Löschung ausgebucht, ist der erlittene Verlust für Betroffene verrechenbar, urteilte kürzlich der Bundesfinanzhof (Az. VIII R 20/18). Miese aus Aktiengeschäften können bisher nur mit Gewinnen aus anderen Aktiengeschäften verrechnet werden, nicht mit Zinsen und Dividenden. - Anlage KAP, Zeilen 7-15

Verlustverrechnung

Wer Wertpapierdepots bei mehreren Geldinstituten hat und für 2020 bankübergreifend realisierte Verluste aus Aktienverkäufen mit anderweitig erzielten Aktiengewinnen verrechnen will, muss eine Verlustbescheinigung vorlegen, die bis 15. Dezember 2020 zu beantragen war. Gleiches gilt, wenn zusammen Veranlagte Miese depotübergreifend verrechnen. - Anlage KAP, Zeilen 7-15

 


Baukindergeld

Wer 2020 Baukindergeld für den Neubau oder Erwerb von Wohneigentum in Deutschland bezogen hat, erhält Leistungen (jährlich 1200 Euro pro Kind über zehn Jahre) steuerfrei. Ursprünglich musste dafür bis 31.12.2020 der Kaufvertrag unterschrieben sein oder die Baugenehmigung vorliegen. Wegen Corona wurde die Frist bis zum 31.3.2021 verlängert. - Mantelbogen und Co

Einbruchschutz

Wer 2020 Handwerker mit Arbeiten zum Einbruchschutz an Eigenheim oder Mietwohnung beauftragt hat, kann für Arbeitskosten 20 Prozent der gezahlten Rechnungsbeiträge (maximal 1200 Euro) direkt von der Steuerschuld abziehen. Immobilieneigentümer dürfen hier parallel keine Zuschüsse oder geförderte Darlehen für Einbruchschutz abrufen. - Anlage Haushalt, Zeile 6

Immobilienverkauf

Bei vermieteten Immobilien sind Verkaufsgewinne in der Regel erst nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei. Wird eine selbst genutzte Immobilie verkauft, bleibt der erzielte Verkaufsgewinn stets abgabenfrei. Der Steuerbonus gilt auch, wenn Eigenheim oder zuvor selbst genutzte Wohnung im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet war. - Anlage SO, Zeilen 31-41

Nebenkosten I

Wer Immobilien vermietet, hat spezifische Werbungskosten. Darunter fallen Ausgaben für das Aufsetzen von Mietverträgen, die Erstellung von Nebenkostenabrechnungen und Korrespondenz mit Mietern. Kosten für Porto, Telefon und Schreibwaren akzeptieren Finanzämter in der Regel. Gekaufte IT-Geräte dürfen nur bis zu zehn Prozent privat genutzt werden. - Anlage V, Zeilen 33-53

Nebenkosten II

Immobilieneigentümer können Werbungskosten für Vermarktungsbemühungen geltend machen, bis die passenden Mieter für leerstehende Objekte gefunden sind. Absetzbar sind auch Ausgaben für Mietinserate, Makler und Energieausweise. Die Absicht, Mieteinkünfte zu erzielen, ist für das Finanzamt etwa mit Renovierungen im Jahr 2020 belegbar. - Anlage V, Zeilen 33-53

Nebenkosten III

Eigentümer können Fahrten zur Mietwohnung geltend machen, wenn sie sich dort mit Bewohnern treffen oder Objekte an sie übergeben. Absetzbar sind 30 Cent pro gefahrenem Kilometer. Gleiches gilt für Reisen zu Eigentümerversammlungen. Ab acht Stunden Aufwand pro Tag sind auch die gesetzlichen Verpflegungspauschalen steuermindernd abziehbar. - Anlage V, Zeilen 33-53

Photovoltaik-Anlagen

Wer in eine PV-Anlage investiert hat, kann die degressive Abschreibung nutzen, die für 2020 und 2021 befristet wieder eingeführt wurde. So sind zehn Prozent der Anschaffungskosten absetzbar, im Folgejahr zehn Prozent des Restwerts. Die PV-Anlage muss für den Steuerbonus spätestens zum Stichtag 31. Dezember2020 betriebsbereit gewesen sein. - Anlage G

Schrebergärten

Wer Gartenparzellen innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb verkauft, kann sich auf eine Musterklage beim Bundesfinanzhof berufen (Az. IX R 5/21). In dem Verfahren wird geklärt, ob Schrebergärten steuerlich als "zu eigenen Wohnzwecken genutzt" oder als "vor der Veräußerung selbst genutzt" gelten. Hat die Klage Erfolg, wären Verkaufsgewinne steuerfrei. - Anlage SO, Zeilen 31-41

Strassenreinigung

Reinigungsgebühren für öffentliche Straßen sind nicht als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt (Bundesfinanzhof, Az. VI R 4/18). Ausgaben für Wohnungsreinigung, Gartenpflege, Erd- und Pflanzarbeiten sowie für Hausmeister-, Winterdienste und Leitungs-Dichtheitsprüfungen sind aber zu 20 Prozent (maximal 4000 Euro) direkt von der Steuer abziehbar. - Anlage Haushalt, Zeile 6

Wohnungsbau

Für 2020 neu gebaute Mietwohnungen können Käufer für begrenzte Zeit mehr Kosten abschreiben. "Neu" bedeutet, dass eine Mietwohnung noch im Jahr der Fertigstellung angeschafft sein muss. Investoren können so vier Jahre bis zu fünf Prozent p. a. als Sonderabschreibung nutzen, mit linearer Abschreibung also 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten - Anlage V, Zeilen 33-53

 


Arbeitszimmer im Alter

Wer im Ruhestand Arbeitseinkünfte erzielt und dafür vergangenes Jahr ein häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit nutzte, kann die darauf entfallenden Kosten voll absetzen. Der Werbungskostenabzug ist in dieser Konstellation - im Gegensatz zu beruflichen Tätigkeiten vor Renteneintritt - nicht auf 1250 Euro pro Jahr begrenzt. - Anlage N, Zeile 44

Enkelbetreuung

Haben Großeltern Enkel betreut, sollten unbare Zahlungen schriftlich fixiert werden. Eltern können die Ausgaben als Kinderbetreuungskosten absetzen, wenn die Aufsichtspersonen nicht im Haushalt leben. Zusätzlich können die Eltern betreuenden Familienangehörigen abzugsfähig die Fahrtkosten erstatten - die Zahlungen bleiben für Großeltern steuerfrei. - Anlage Kind, Zeilen 73-79

Gesundheitsausgaben

Wer 2020 von Krankenkassen nicht erstattete Gesundheitsausgaben, etwa Kosten für Zahnersatz, Brillen, Medikamente, Fahrten zu Arztpraxen und Kuren, bündelt, kann den Aufwand oft als außergewöhnliche Belastung absetzen. Der abzugsfähige Betrag wird um den "zumutbaren Eigenanteil" des Steuerpflichtigen auf Basis der Einkünfte gekürzt. - Anlage Außergewöhn. Belastungen

Handicaps

Wer als steuerpflichtiger Rentner in seiner Beweglichkeit eingeschränkt ist, kann oft einen Behindertenpauschbetrag geltend machen. Ab einem Behinderungsgrad ("GdB") von 25 Prozent werden 310 Euro steuermindernd berücksichtigt, ab GdB 95 Prozent sind es 1420 Euro. Hilflosen und blinden Menschen stehen 3700 Euro Pauschbetrag für das Jahr 2020 zu. - Anlage Außergewöhn. Belastungen

Nebeneinkünfte

Wer am 1. Januar 2020 mindestens 64 Jahre alt war, kann einen Altersentlastungsbetrag für Arbeitseinkommen, Mieteinkünfte und Kapitalerträge geltend machen. Je nach Geburtsjahr gilt ein Höchstbetrag von 760 bis 1900 Euro. Damit das Finanzamt dies berücksichtigt, müssen stets die Anlage KAP ausgefüllt und eine Günstigerprüfung beantragt werden. - Anlage KAP, Zeile 7

NV-Bescheinigung

Wer 2020 weniger als den Grundfreibetrag (9408 Euro) als zu versteuerndes Einkommen hatte, kann sich via Nichtveranlagungsbescheinigung ("NV") von der Abgeltungsteuer befreien lassen. Dafür ist die Angabe der Steuer-ID obligatorisch. Die NV muss beim Finanzamt beantragt und der Bank vorgelegt werden, die Erträ- ge drei Jahre steuerfrei gutschreibt. - Anlage KAP

Pflegekosten

Kosten für krankheitsbedingte Unterbringung in Heimen können Senioren als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Absetzbar sind neben Pflegeausgaben auch Mietkosten, die aber um die Haushaltsersparnis des Heimbewohners zu kürzen sind. Pflegeversicherungsleistungen werden nur bei Sachzuwendungen angerechnet, Pflegegeld dagegen nicht. - Anlage Außergewöhn. Belastungen

Rentenberatung

Wer 2020 bei einem Rentenberater war und dafür mehr als 102 Euro gezahlt hat, kann die Ausgaben als Werbungskosten absetzen. Wer vergangenes Jahr zunächst noch rentenversicherungspflichtig beschäftigt war und unterjährig in den Ruhestand getreten ist, kann noch die Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer (1000 Euro) beanspruchen. - Anlage R, Zeilen 37-38

Spenden

Wer 2020 an gemeinnützige Organisationen gespendet hat, kann dies als Sonderausgabe absetzen. Abzugsfähig ist auch ein für Flugreisen freiwillig gezahlter CO2-Ausgleich. Bei Beträgen bis 200 Euro reicht als Nachweis der Kontoauszug. Parteispenden sind zu 50 Prozent direkt von der Steuerschuld und als Sonderausgaben abziehbar, maximal 1650 Euro. - Anlage Sonderausgaben

Wohnungsumbau

Wer seine Wohnung 2020 seniorengerecht umbauen ließ, etwa durch Einbau eines Treppenlifts oder roll- stuhlgerechter Türen und Wohnungszugänge, kann die Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Als Beleg ist vor dem Umbau ein Attest über die medizinische Notwendigkeit oder ein Gutachten des Medizinischen Dienstes erforderlich. - Anlage Außergewöhn. Belastungen