2020 hat die Nachfrage für digitalisierte Prozesse und mobiles Arbeiten bedingt durch die Corona-Pandemie deutlich zugelegt. Als Anbieter für Fernwartungssoftware hat Teamviewer stark davon profitiert. Von dem Einbruch beim Corona-Crash im März 2020 hat sich das Göppinger Unternehmen innerhalb kürzester Zeit erholt und ging als Profiteur durch den weiteren Verlauf der Pandemie. Obwohl der Aktienkurs im dritten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres wegen nachlassender Wachstumsdynamik und Abgabedruck durch den Großaktionär Permira etwas nachgegeben hat, ging es danach weiter bergauf. Das zeigt sich auch in den Jahreszahlen.

Im vergangenen Jahr waren die in Rechnung gestellten Umsätze (Billings) währungsbereinigt um 44 Prozent auf rund 460 Millionen Euro gewachsen. Der verbuchte Umsatz wuchs mit einem Plus von 17 Prozent auf knapp 456 Millionen Euro weniger stark. Das bereinigte Betriebsergebnis (Ebitda) kletterte um 44 Prozent auf 261,4 Millionen Euro. Die bereinigte Ebitda-Marge lag damit bei 56,8 Prozent. Mit diesen Ergebnissen hat Teamviewer die im Jahresverlauf bereits angehobene Prognose übertroffen.

Mittelfristiges Billings-Ziel: Die Milliardenschwelle überspringen


Auch mittelfristig rechnet der Konzern mit einer anhaltend hohen Nachfrage und will bei den abgerechneten Umsätzen bis 2023 die Milliardenschwelle überspringen. Die Rechnungsstellungen sollen bis dahin unter anderem mithilfe zusätzlicher Produkte und kleineren Übernahmen bis auf eine Milliarde Euro steigen, hieß es am Dienstag in Göppingen. So stemmte Teamviewer mit dem Augmented-Reality-Spezialisten Ubimax im vergangenen Jahr seine erste Übernahme. Seither kauften die Schwaben noch das österreichische Software-Startup Xaleon. Mit dem Zukauf stärkte das Unternehmen sein Angebot im Bereich der digitalen Kundeninteraktion weiter. "Wir haben eine lange Liste von möglichen interessanten Unternehmen in einer ähnlichen Größenordnung. Ich würde sagen, wir werden die ein oder andere Akquisition sehen", so Firmenchef Oliver Steil. Die nächste Übernahme könnte womöglich in Asien oder den USA erfolgen, wie es von Teamviewer hieß.

Teamviewer sei hervorragend aufgestellt, um weiter zu wachsen, sagte Steil. "Wir werden unsere Lösungsangebote auf weitere Industriezweige ausdehnen, unser Großkundensegment weiter stärken und die Anwendungsmöglichkeiten unserer Software in den Technologiefeldern Augmented Reality und Internet of Things deutlich erweitern", erklärte Steil die Pläne des Unternehmens. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte er außerdem: "Wir können jetzt für jeden Unternehmensbereich ein Angebot für die Digitalisierung machen und sind in allen wesentlichen Ländern präsent. Das macht uns zuversichtlich, weiterhin mit 30 Prozent zu wachsen."

Insbesondere im Großkundensegment verzeichnete Teamviewer im vierten Quartal ein starkes Wachstum. Zuletzt gaben die Göppinger eine Zusammenarbeit mit dem Medizintechnik-Konzern Siemens Healthineers bekannt. Teamviewer unterstützt in diesem Rahmen weltweit mehrere zehntausend bildgebende und labordiagnostische Geräte in klinischen Einrichtungen per Fernzugriff. Insgesamt konnte Teamviewer die Zahl der Unternehmenskunden mit einem jährlichen Vertragswert von mindestens 10.000 Euro auf 1.885 nahezu verdreifachen.

Ausblick 2021


Neben den Trends rund um Digitalisierung und Konnektivität setzt Teamviewer beim weiteren Wachstum auf Nachhaltigkeit. Wie Teamviewer-Finanzchef Stefan Gaiser erläuterte, habe man einen ESG-Fahrplan entwickelt. "Wir sind sehr stolz darauf, dass der Einsatz von Teamviewer-Lösungen nach einer aktuellen wissenschaftlichen Studie jährlich rund 37 Megatonnen an Treibhausgasemissionen vermeidet. Damit helfen wir Unternehmen auf der ganzen Welt, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und leisten einen Beitrag zur Bekämpfung der globalen Erderwärmung", so Gaiser.

Einschließlich der Beiträge aus den jüngsten Übernahmen, rechnet das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr mit einem währungsbereinigten Billings-Wachstum von 29 bis 33 Prozent. Wegen negativer Wechselkurseffekte, vor allem bedingt durch den schwächeren US-Dollar, werden die ausgewiesenen Billings voraussichtlich zwischen 585 und 605 Millionen Euro liegen. Im Vorjahr erreichte Teamviewer bei den abgerechneten Umsätzen 460,3 Millionen Euro. Der Ausblick beruht auf einem Euro-Dollar-Wechselkurs von 1,20 und geht von weitgehend stabilen Wechselkursen anderer Währungen aus. Der Umsatz für das Gesamtjahr soll zwischen 525 und 540 Millionen Euro liegen. Es wird erwartet, dass sich das Umsatz-Wachstum dem Billings-Wachstum ab 2022 angleichen wird. Die bereinigte Ebitda-Marge soll im laufenden Jahr zwischen 55 und 57 Prozent ausfallen.

Jetzt im Interview zum Anhören: Teamviewer-Finanzchef Stefan Gaiser



In Kooperation mit Börsen Radio Network AG



Unsere Einschätzung zur Aktie


Zwar lief es für Teamviewer im abgelaufenen Geschäftsjahr gut, doch Anleger hatten offenbar mehr erwartet. Mit Bekanntgabe der Zahlen verlor die Aktie mehr als drei Prozent. Enttäuscht hatte laut Händlern vor allem der Ausblick auf das laufende Jahr. Laut Analyst Stacy Pollard von JPMorgan seien die Ziele für das laufende Jahr jedoch etwas höher gesteckt als gegenwärtig die Markterwartungen, so schrieb er in einer ersten Reaktion. Die mittelfristigen Prognosen des Konzerns deuteten zudem auf nachhaltiges Wachstum hin. Alles in allem signalisierten die nach vorn gerichteten Aussagen des Unternehmens Zutrauen in die Wachstumsmöglichkeiten.

Auch die US-Investmentbank Goldman Sachs ist zuversichtlich und hat die Einstufung für Teamviewer nach endgültigen Quartals- und Jahreszahlen mit einem Kursziel von 53 Euro auf "Buy" belassen. Analyst Mohammed Moawalla glaubt, dass die Geschäftsdetails und die mittelfristigen Ziele die strukturellen Wachstumschancen des Anbieters von Fernwartungssoftware unterstreichen.

Insgesamt ist Teamviewer gut aufgestellt. Neue Lösungen in verschiedensten Industriezweiten - unter anderem durch Zukäufe - sichern weiteres Wachstum. Mit dem Fokus auf die Megatrends Digitalisierung, Konnektivität und Nachhaltigkeit geht Teamviewer mit der Zeit.

Nach dem Corona-Crash im Frühjahr legte die Teamviewer-Aktie von gut 25 Euro im Sommer auf knapp 55 Euro zu. Danach gab der Kurs wieder etwas nach. Grund dafür war neben einer nachlassenden Wachstumsdynamik der Abgabedruck durch den Großaktionär Permira. Der Finanzinvestor hat seit dem Börsengang im September 2019 bereits mehrere Aktienpakete verkauft und sammelte damit rund fünf Milliarden Euro ein. Aktuell hält Permira noch knapp 28 Prozent der Anteile. Dass noch weitere Pakete verkauft werden, ist nicht auszuschließen. Insgesamt dürfte es für Teamviewer jedoch weiterhin bergauf gehen. Die Aktie bleibt ein Kauf.