Seit dem 28. März läuft die vierte Kapitalerhöhung des Touristik-Konzerns TUI. Derzeit werden TUI-Aktie und Bezugsrecht parallel gehandelt. Normalerweise nähern sich die beiden Kurse an. Doch das TUI-Bezugsrecht stürzt am Mittwoch regelrecht ab. Die Kapitalerhöhung wird jedoch durch ein Banken-Konsortium gesichert. 

Die laufende Umsetzung der Kapitalerhöhung von TUI erweist sich für den Aktienkurs immer mehr als Belastung. Die Papiere des Reisekonzerns wurden am Mittwoch im Xetra-Handel zeitweise nur noch bei 6,17 Euro gehandelt. Das bisherige, um Kapitalerhöhungen und Reverse Split bereinigte Allzeittief wurde Anfang Oktober 2022 bei 6,58 Euro markiert. Am Montag vor der Kapitalerhöhung waren die TUI-Anteile noch zu 15,72 Euro aus dem Handel gegangen.

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9-Monats-Chart TUI (in Euro, um Kapitalerhöhungen und Reverse-Split bereinigt)

Auch der Wert der Bezugsrechte (ISIN: DE000TUAG1E4) – Ende März zum Start des Bezugsrechte-Handels noch zeitweise bei über 6,30 Euro – verliert extrem. Am Mittwoch notieren die Rechte im Xetra-Handel mit einem Tagesverlust von fast 50 Prozent nur noch bei 0,84 Euro. Vom Höchststand hat sich dieser Preis um mehr als 86 Prozent verbilligt. Normalerweise nähern sich in Kapitalerhöhungen die Preise von alten und jungen Aktien allmählich an.

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TUI-Bezugsrechte (in Euro, seit 28.03.2023)

Mit der laufenden Kapitalerhöhung will TUI die vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gewährten Corona-Hilfen vollständig zurückzahlen. Aktionäre können ihr Bezugsrecht noch bis 17. April ausüben und dabei für je drei bestehende Anteile acht neue Papiere erhalten.

Insgesamt sollen mehr als 328,9 Millionen junge TUI Aktien bei Anlegern platziert werden – und dem Konzern so 1,8 Milliarden Euro frisches Kapital in die Kassen spülen. Laut Aussage eines TUI-Sprechers ist die "Kapitalerhöhung vollständig von einem Bankenkonsortium gezeichnet – der Nettoerlös beträgt etwa 1,75 Milliarden Euro". Die Banken übernehmen demnach die Aktien, die nicht platziert werden.


Russischer Großaktionär bleibt außen vor

Die Kapitalerhöhung läuft allerdings nur mäßig. Zum einen ist Großaktionär Alexej Mordashow, der bei den drei vergangenen Kapitalerhöhungen eine führende Rolle gespielt hat, diesmal nicht an Bord. Grund: Der russische Oligarch muss wegen der Sanktionen außen vor bleiben – ein Überhang auf der Angebotsseite ist die Folge. Aktuell hält Mordaschow laut TUI "nach den uns vorliegenden Informationen indirekt 30,91 Prozent der TUI-Aktien". Durch die aktuelle Kapitalmaßnahme werde sich dieser Anteil auf knapp elf Prozent verringern.

Zum anderen schwindet mit den Börsenkursen auch der Glaube der Anleger, dass dem Touristik-Konzern auf absehbare Zeit ein großes Comeback gelingt. Obwohl die Reisetätigkeit nach der Corona-Pandemie wieder deutlich zugenommen hat und auch die Oster-Zeit gut gebucht ist, sind schwarzen TUI-Zahlen noch entfernt. Im ersten Quartal (per Ende Dezember 2022) stand ein Verlust von rund 232 Millionen Euro in den Büchern. Und die Nettoverschuldung betrug zu diesem Zeitpunkt laut Bloomberg noch stolze 5,4 Milliarden Euro.

Ein TUI-Sprecher betont gegenüber BÖRSE ONLINE, dass die Kapitalerhöhung die Rückzahlung der ausstehenden staatlichen Hilfen des WSF und die Reduzierung der Nettoverschuldung um etwa eine Milliarde Euro ermöglicht.

Einschätzung zu TUI

Da bereits in der Vergangenheit die TUI-Margen recht mickrig waren, ist es wahrscheinlich, dass der Schuldenstand der Hannoveraner noch über Jahre hoch bleibt. Zudem sorgen die steigenden Kapitalmarkt-Zinsen für eine Belastung. Immerhin sorgt der Schuldenabbau nach der laufenden Kapitalerhöhung laut TUI für eine Reduzierung der Zinskosten um etwa 80 bis 90 Millionen Euro jährlich.

Die wieder ansteigenden Ölpreise sollen die Airline-Tochter TUIfly nicht nennenswert belasten. Eine wirksame Hedging-Politik dürfte hier größere Auswirkungen ausgleichen.

Dass die TUI-Aktie zuletzt so massiv unter Druck gerät, liegt zu einem Teil auch an Shortsellern. Laut den Experten für quantitative Analyse der UBS ist die TUI-Aktie seit vielen Monaten ein "crowded short". Demnach setzen Leerverkäufer konstant und mit großen Positionen auf weiter fallende Kurse.

BÖRSE ONLINE rät Anlegern, trotz der verlockend günstigen Kurse bei ebenfalls günstiger Bewertung derzeit von der TUI-Aktie ab. Selbst wenn TUI – wie von Analysten erwartet – 2023 einen Gewinn von 412 Millionen Euro und 2024 etwa 565 Millionen Euro erwirtschaften sollte, wird es noch Jahre benötigen, bis alle Schulden abgebaut sind.

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