Regelmäßig sorgt der US-Präsident mit seinen Twitter-Tiraden für Wirbel - wie vor wenigen Tagen, als Donald Trump auf dem Weg zu seinem London-Besuch den Bürgermeister der britischen Hauptstadt als "Totalversager" titulierte. In der Twitter-Community ist Trump ein Megapromi, der US-Präsident hat fast 61 Millionen Follower. Vorgänger Barack Obama kommt jedoch auf 106 Millionen, die Musikstars Katy Perry und Justin Bieber haben vergleichbar viele Fans.
Die einst schlingernde, weil hochdefizitäre Microblogging- Plattform hat sich zu einer erstaunlichen Gelddruckmaschine gewandelt. Zum sechsten Mal in Folge fuhr Vorstandschef Jack Dorsey soeben einen Quartalsgewinn ein. Zwischen Januar und März blieben bei Twitter unterm Strich über 190 Millionen Dollar hängen.
Der kreative Kopf ist ein Quereinsteiger in die Digitalwelt. Dorsey absolvierte eine Ausbildung zum Masseur, verdingte sich zwischenzeitlich als Model. Sein Lifestyle ist ungewöhnlich: Der Milliardär trägt Tattoos, isst pro Tag genau eine Mahlzeit und nimmt regelmäßig Eisbäder. Twitter gründete er 2006 mit drei Partnern, 2008 folgte die Bezahlfirma Square, auch sie ein Liebling der Wall Street.
Der unkonventionelle Chef ist ziemlich konservativ, was das Geschäft angeht. Dorsey legt großen Wert auf die Qualität der Inhalte. Spam, Belästigungen und Hassbotschaften werden inzwischen systematisch entfernt. Algorithmen identifizieren dafür missbräuchliche Posts, 40 Prozent werden automatisch eliminiert. Künstliche Intelligenz und Machine Learning machen die Reinigungskräfte immer besser, die Qualität des Leseerlebnisses steigt. Die Länge der Posts wurde überdies von 140 auf 280 Zeichen verdoppelt.
Werbekunden sind von der neuen Qualitätsoffensive begeistert. Sie ist Teil von Dorseys Strategie, die Einnahmen hochzufahren. Das Konzept funktioniert, die Werbeumsätze steigen um 20 bis 30 Prozent pro Jahr. Hin und wieder gibt es noch Schwankungen, Dorsey will die Schaltungen weiter verstetigen. Bestimmte Bereiche wie die Suche innerhalb der App oder der Unterhaltungsbereich bringen noch nicht viel ein. Auch dies will der Chef ausbügeln.
Lukratives Geplänkel
Um die Einnahmen zu erhöhen, sollen mehr Menschen auf die Plattform kommen. Die 134 Millionen Nutzer pro Tag sind noch weniger als ein Zehntel dessen, was der Social-Media-Gigant Facebook auf die Waage bringt. Es gibt aber einige Hebel, die Dorsey in Bewegung setzt, um die Zahl zu steigern. Dazu zählen Inhalte, die individuell auf den Nutzer abgestimmt sind. Ob Politik, Wirtschaft, Sport oder Unterhaltung: Durch maschinelles Lernen weiß Twitter, welche Inhalte jeweils zu Gesprächen anregen.
Das Unternehmen entwickelt zudem Technologien weiter, die die richtige Werbung zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Nutzer vor die Nase setzen. So kann die Zahl der Anzeigen begrenzt werden, zu viele davon vertreiben die Surfer. Mithilfe von Algorithmen ist das kein Hexenwerk. Und für die Werbetreibenden ist das Gold wert.
Der Umsatz klettert, zugleich sinken die Ausgaben - Twitter wird zunehmend profitabler: Im ersten Quartal zog das Betriebsergebnis von 75 Millionen Dollar auf jetzt 94 Millionen Dollar an, die Marge stieg dabei von elf auf zwölf Prozent. Der Börsenwert der Plattform nimmt ebenfalls zu. Daran hat der begeistert zwitschernde US-Präsident seinen Anteil - auch wenn Trumps Kommentare der Wall Street längst nicht immer schmecken.
Investor-Info
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Kurve gekriegt
Mit einem Börsenwert von 28 Milliarden Dollar ist der Emporkömmling ein Zwerg im Vergleich zu den Internetriesen des Silicon Valley. Die Bilanz ist aber bärenstark: keine Schulden, in der Kasse liegen drei Milliarden Dollar. Seit dem Tief im Sommer 2016 hat sich der Kurs mehr als verdoppelt. Der Jahresumsatz liegt bei rund drei Milliarden Dollar. Analysten rechnen 2019 mit knapp 20 Prozent Wachstum. Spekulativ.