20.000 offene Anfragen, gesperrte Konten, kein Support – und ausgerechnet jetzt übernimmt die KI. Was bei Trade Republic schief läuft, wie Nutzer verzweifeln und warum selbst die BaFin hellhörig wird – jetzt exklusiv bei BÖRSE ONLINE.
Service-Aus? Jetzt übernimmt die Maschine
Es sollte ein großer Schritt in die Zukunft sein – doch für viele Kunden fühlt sich der radikale Umbau bei Trade Republic eher wie ein Sprung ins digitale Nichts an. Der Berliner Neobroker hat seinen internen Kundenservice komplett dichtgemacht – mitten in einer Phase, in der Tausende Kunden verzweifelt auf Antworten warteten. Statt persönlichem Support gibt es nun: Künstliche Intelligenz und ausgelagerte Callcenter. Doch der große Wurf droht zum Eigentor zu werden.
Ein digitaler Flächenbrand
Mehr als 20.000 unbearbeitete Anfragen, teils über 30 Tage alt. Gesperrte Konten, blockierte Karten, nicht nachvollziehbare Steuerabzüge, ausbleibende Dividenden. Während sich die Beschwerden häufen, schweigt der Support – oder liefert automatisierte Antworten, die weder helfen noch erklären. Inzwischen hat sich sogar die BaFin eingeschaltet. Eine Sprecherin der Finanzaufsicht: „Die Zahl der Beschwerden hat zuletzt zugenommen – wir gehen dem nach.“ Ein seltener, klarer Ton der Behörde.
Was steckt hinter dem Umbau?
Laut Unternehmenskreisen war die Schließung der internen Serviceeinheit seit Monaten geplant. 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren bereits ihren Job, nur ein kleiner Kern blieb bei der Muttergesellschaft. Offiziell heißt es, man habe bei den externen Partnern mehrere Hundert neue Supportkräfte eingelernt – ergänzt durch KI-gestützte Systeme. Doch genau diese künstliche Intelligenz steht jetzt im Zentrum der Kritik.
KI-Sperren: Algorithmus oder Albtraum?
Immer mehr Nutzer berichten, dass ihre Konten oder Karten gesperrt wurden – ohne Vorwarnung, ohne nachvollziehbaren Grund. Ein Nutzer schreibt: „Mein Konto wurde erneut eingefroren. Ich kann mein eigenes Geld nicht mehr bewegen. Es gibt keinen Support. Für mich ist das das Ende mit Trade Republic.“
Andere berichten von dubiosen KI-Entscheidungen: Transaktionen würden automatisch geflaggt, Konten gesperrt, Chatverläufe nie beantwortet. „Ich habe nicht mal meine Karte benutzt, aber jemand in London hat damit versucht zu zahlen“, so ein weiterer User. Die Konsequenz: automatische Sperre – und Schweigen vom Support.
Reddit läuft heiß – und die Community warnt
In einschlägigen Finanzforen wie Reddit sammeln sich inzwischen Hunderte Erfahrungsberichte. Der Tenor: Vertrauen schwindet, Anleger fliehen. „Nutz TR nur, wenn du weißt, dass du keinen Support bekommst“, schreibt ein User. Ein anderer ergänzt: „Wenn was schiefläuft, bist du allein.“
Börsenrealität trifft Zukunftsversprechen
Für Trade Republic steht viel auf dem Spiel. Das Unternehmen hat große Pläne – will zur führenden Plattform für Geldanlage in Europa werden. Mit neuen Features wie der TR-Karte und wachsender Nutzerzahl sind jedoch auch die Anforderungen gestiegen. Doch wenn die technische Skalierung nicht von einem funktionierenden Kundendienst begleitet wird, kann der Traum vom skalierbaren Fintech schnell zum Albtraum werden – für Kunden und Investoren.
KI ersetzt keinen gesunden Menschenverstand
Der Fall Trade Republic zeigt, wie schnell digitale Euphorie zur Vertrauenskrise werden kann. Automatisierte Prozesse und KI mögen Effizienz bringen – doch sie ersetzen keine Erreichbarkeit, keine Empathie und keine Verantwortung. Für die Börse-Online-Redaktion ist klar: Der Neobroker steht am Scheideweg. Entweder es gelingt der Spagat zwischen Innovation und Kundenbindung – oder der digitale Höhenflug endet im freien Fall.
Investoren sollten genau hinsehen – denn zwischen App-Glanz und KI-Schatten liegt oft nur ein Klick.
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