Andrew Ross Sorkins neues Buch „1929“ erinnert an den größten Crash der Wall Street – seine Warnungen klingen heute vertraut.

Der Oktober hat an den Finanzmärkten einen besonderen Klang. Immer wieder markiert er Wendepunkte – von heftigen Korrekturen bis hin zu epochalen Krisen. Der Börsencrash von 1929 war der gewaltigste Einschnitt in der Geschichte der Wall Street: In nur vier Jahren verlor der Dow Jones über 80 Prozent seines Wertes. Fast ein Jahrhundert später stellt sich die Frage: Droht sich das Muster zu wiederholen?

Ein Schock, der die Welt veränderte

Der Schwarze Dienstag, der 29. Oktober 1929, ging als Tag in die Geschichte ein, an dem die scheinbar unbesiegbare Wall Street kollabierte. Innerhalb weniger Monate verloren Millionen Anleger ihre Ersparnisse, die US-Wirtschaft rutschte in die Große Depression.

Die Verluste in der Folge waren dramatisch: 1929 brach der Dow Jones zunächst um 17 Prozent ein, 1930 folgten weitere 34 Prozent. Im Jahr 1931 beschleunigte sich der Absturz mit einem Minus von 53 Prozent, und selbst 1932, als die Krise längst voll entfaltet war, verlor der Index nochmals 23 Prozent. Insgesamt summierte sich der Einbruch auf mehr als 80 Prozent – ein Crash, der das Vertrauen in die Märkte für Jahre erschütterte.

Andre Ross Sorkin warnt: „Wir werden wieder einen Crash erleben“

Der Crash war nicht nur ein ökonomisches Ereignis, sondern ein psychologischer Bruch. „Was als goldene Zukunft begann, entpuppte sich als Illusion, die an der Realität zerbrach“, schreibt der Finanzjournalist Andrew Ross Sorkin in seinem neuen Buch "1929", das diese Woche erschienen ist – pünktlich zum historischen Jahrestag.

Sorkin, Bestsellerautor von "Too Big to Fail", hat über acht Jahre an seinem neuen Werk gearbeitet. In Interviews warnt er eindringlich: „Wir werden wieder einen Crash erleben. Ich kann nur nicht sagen, wann.“

Bubbles kommen leise – und platzen plötzlich

Sorkin beschreibt die 1920er als „Sugar Rush“: Eine spekulative Euphorie, die durch billigen Kredit und fehlende Regulierung beschleunigt wurde. Das klingt erschreckend vertraut. 

Auch heute sind Bewertungen in vielen Sektoren extrem hoch, während die realwirtschaftliche Dynamik nachlässt. „Wir wissen nicht, ob wir in einem Goldrausch oder einem Zuckerrausch leben“, sagt Sorkin. „Aber wenn Zuversicht kippt, dann geschieht das plötzlich.“

Das sind die Parallelen der "Roaring 20'" und den heutigen 20ern: 

Sorkin zieht Parallelen zwischen den 1920er Jahren und der Gegenwart:

•  Aktienmärkte, die jahrelang nahezu ungebremst stiegen

•  Neue Technologien, die Spekulation anheizen – damals das Automobil oder das Radio, heute KI 

•  Eine zunehmende Entkopplung von realer Wirtschaft und Aktienkursen

•  Und eine Erosion regulatorischer Schutzmechanismen.

Die Psychologie hinter dem Absturz

Der Crash von 1929 war nicht nur das Ergebnis makroökonomischer Fehlentwicklungen – er war auch ein Produkt kollektiver Emotionen. Gier, Herdentrieb und Selbstüberschätzung spielten eine zentrale Rolle.

Vor dem Crash glaubten viele, „diesmal ist alles anders“: Neue Technologien wie Radio, Automobile und Elektrifizierung sollten angeblich ein neues, krisenfreies Zeitalter einläuten. Heute klingt das vertraut – nur heißen die Zauberworte KI, Robotik und Digitalisierung.

5 Lektionen aus 1929 – und ihre Parallelen zu heute

1. Spekulation endet fast immer schlecht

1929 wie heute treiben Euphorie, billiges Geld und neue Technologien die Kurse. Doch überhitzte Märkte wirken nur stabil – bis sie implodieren. Ob Meme-Aktien damals oder KI-Hype heute: Spekulation ist ein fragiles Fundament.

2. Politik kommt oft zu spät

Die Geschichte zeigt: Wenn Regierungen erst reagieren, wenn die Krise schon da ist, verstärkt das den Absturz. Auch heute mahnen Experten: hohe Bewertungen, geopolitische Risiken und Verschuldung verlangen rechtzeitige Antworten – nicht erst nach dem Crash.

3. Märkte sind Psychologie, keine Mathematik

Angst, Gier und Herdentrieb haben schon 1929 die Fakten übertönt. Auch 2025 bestimmen Stimmungen und Narrative mehr als fundamentale Daten. Ein Umschwung im Sentiment kann den Wendepunkt markieren.

4. Fehlende Regeln machen Märkte anfällig

Damals fehlte Regulierung, heute bröckeln viele Schutzmechanismen. Laxe Aufsicht, Deregulierung im Tech-Sektor oder in Krypto – all das kann Schocks verstärken, wenn das Vertrauen schwindet.

5. „Diesmal ist es anders“ – ist ein gefährlicher Irrtum

Vor 1929 glaubten viele an ein neues, krisenfreies Zeitalter. Heute klingt es ähnlich: KI, Digitalisierung, Token-Ökonomie. Die Geschichte lehrt: Jede Blase beginnt mit dem Satz, dass alte Regeln nicht mehr gelten.

Die Geschichte flüstert – wer hinhört, erkennt die Muster

Ob sich ein Crash wie 1929 wiederholt, ist offen. Doch die Parallelen sind zu deutlich, um sie zu ignorieren. Die Börse lebt von Erwartungen – und sie stirbt an gebrochenem Vertrauen.

Sorkins Buch ist keine düstere Prophezeiung, sondern eine Erinnerung: Finanzkrisen sind keine Naturkatastrophen. Sie sind menschengemacht. Und sie beginnen immer in Phasen größter Euphorie. Wer die Lehren von 1929 versteht, erkennt, dass Wachsamkeit nicht Pessimismus ist – sondern kluge Risikovorsorge.

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