SEOUL (dpa-AFX) - Gewissen und Güte gegen eine absurde Menschenverachtung: Die wohl meistgehypte Thrillerserie des Streaming-Zeitalters, "Squid Game", findet am Freitag (27.6.) mit der dritten Staffel ein Ende. Es wird noch einmal blutig, äußerst brutal und philosophisch. 2021 wird die südkoreanische Thriller-Serie zu einem weltweiten Überraschungserfolg und ist bis heute die erfolgreichste Netflix-Produktion .

456 hoch verschuldete Menschen werden alljährlich von einer mysteriösen Organisation auf eine unbekannte Insel vor Seoul verschleppt. Dort müssen sie an koreanischen Kinderspielen teilnehmen, um den Jackpot von umgerechnet rund 30 Millionen Euro zu gewinnen. Doch wer ein Spiel verliert, wird auf der Stelle erschossen.

Zum Ende der zweiten Staffel, die erst vor einem knappen halben Jahr veröffentlicht wurde, ist die Hauptfigur Gi-hun (Lee Jung-jae) am Boden zerstört. Ein von ihm angezettelter Aufstand der Spielenden wurde von den Wärtern blutig niedergeschlagen. Der Chef der Spiele, der "Frontmann", tötete Gi-huns besten Freund.

Ein Kinderspiel als Höllentrip

Die sechs neuen Folgen (Laufzeit: jeweils rund eine Stunde) setzen genau hier an. Die dezimierte Gruppe muss weiter ums Überleben kämpfen.

Schon das erste weltweit bekannte Kinderspiel - das an dieser Stelle nicht verraten werden darf - entwickelt sich auch für die Fans zu einem psychologischen Höllentrip und einem der Höhepunkte der gesamten Serie.

Die Spannung entlädt sich an gleich zwei Fronten: Im Kampf um das dringend benötigte Preisgeld gehen sich die Spielenden gegenseitig an die Gurgel. Es bilden sich zwei Lager - die Moralisten, die einander auch in der größten Not helfen, gegen die zunehmend rücksichtslos agierenden Pragmatiker.

Außerdem konzentriert sich die Serie zum Ende hin wieder verstärkt auf die Machtstrukturen einer kapitalistischen Gesellschaft. Die Reichen und Mächtigen (hier: VIPs genannt) schauen genüsslich bei einem Glas Champagner dabei zu, wie die verarmten und verschuldeten Spieler um ihr Leben kämpfen - und wetten auf ihr Überleben.

Menschenverachtung ist Realität

Die Sprüche sind dabei so menschenverachtend, dass man kaum hinhören mag. Umso erschreckender ist die Vorstellung, dass Hass und Hetze in den Kommentarspalten sozialer Medien heutzutage Alltag sind und junge Menschen skrupellos Teenager über das Internet in den Suizid treiben. Die Festnahme eines 20-Jährigen in Hamburg schockierte kürzlich selbst erfahrene Ermittler.

"Aktuell scheint es mehr schlechte als gute Nachrichten zu geben, und die Ereignisse um uns herum lassen uns häufig eher verzweifeln, als dass sie Hoffnung machen", erklärte Serienschöpfer Hwang Dong-Hyuk. Diese Beobachtungen hätten bei ihm fundamentale Fragen aufgeworfen: "Bessert sich die Menschheit? Wird die Welt besser? Entwickeln sich die Menschen, die auf dieser Erde leben, wirklich weiter?"

Der geheimnisvolle "Frontmann", der früher selbst einmal das "Squid Game" gewann, hat die Menschheit aufgegeben. Und auch Gi-hun (Spieler 456) hat die Hoffnung auf ein Happy End zu Beginn der Staffel verloren. Doch das Gespräch mit einer weiteren Spielerin und ein ganz besonders schicksalhaftes Ereignis wecken neue Kampfeslust in ihm.

Mehr als nur Unterhaltung

""Squid Game" wird manchmal ausschließlich als Unterhaltung angesehen, aber die Zuschauer*innen, die die Serie wirklich lieben, sind diejenigen, die auch die zugrundeliegenden Themen und die philosophischen Fragen schätzen", sagt 456-Darsteller Lee Jung-jae. "Sie sehen, wie wir Einfluss auf die Gesellschaft nehmen wollen, damit diese gesünder und robuster wird."

Bei ihrer Gesellschaftskritik bedienen sich die Macher erneut blutiger Bilder und lassen tief in moralische Abgründe blicken. Die Millionen Fans auf der ganzen Welt dürften mit dem Abschluss zufrieden sein und können sich auf Nachschub aus der "Squid Game"-Welt freuen.

So hat US-Regisseur David Fincher ("Sieben") bereits einen US-Ableger angekündigt. Und die Reality-Show "Squid Game: The Challenge" bekommt eine zweite Staffel. Dort werden die Spiele aus der Serie von echten Teilnehmerinnen und Teilnehmern nachgestellt - natürlich mit weniger brutalen Konsequenzen./tbm/DP/zb

Quelle: dpa-Afx