(neu: Details zu Betrugsfällen, Höhe des Inventurschadens, Pressekonferenz)

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Kupferkonzern Aurubis muss für das abgelaufene Geschäftsjahr nach Diebstahl- und Betrugsfällen einen Gewinneinbruch verkraften. Zudem steckt der Konzern weiter viel Geld in den Produktionsausbau. Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren, denn die Dividende soll nun sinken. Im neuen, bis Ende September laufenden Geschäftsjahr 2023/24 soll der Gewinn zwar wieder steigen, die Beteiligung des Stahlkonzerns Salzgitter liegt mit der Mitte der Zielspanne aber unter der durchschnittlichen Analystenschätzung. Zudem droht der Aufsichtsrat dem Vorstand nach den Problemen der vergangenen Monate mit Konsequenzen.

Die Aktien waren nach anfänglichen Verlusten am Mittwoch aber doch noch gefragt. Der Kurs stieg bis zum Nachmittag um 1,3 Prozent auf 79,00 Euro. Mit einem kleinen Plus von 3,5 Prozent liegt das Papier 2023 aber weit hinten im Index der mittelgroßen Werte, dem MDax. Dessen Gewinne summieren sich in diesem Jahr bislang auf 8,7 Prozent.

Zuletzt lagen die Erwartungen von Analysten an das operative Vorsteuerergebnis (Ebt) 2023/24 im Mittel bereits eher am oberen Ende der vom Unternehmen genannten Zielspanne von 380 bis 480 Millionen Euro. Allerdings dürfte der Ausblick so früh im Jahr eher als vorsichtig wahrgenommen werden, sagte ein Händler.

Aurubis geht mit Blick auf das neue Geschäftsjahr von einer weiterhin hohen Metallnachfrage aus, vor allem nach Gießwalzdraht. Der Gewinnbeitrag durch den Verkauf von Schwefelsäure - einem Nebenprodukt der Kupferproduktion - dürfte infolge der aktuellen Preisentwicklungen indes sinken. Zudem nimmt Aurubis derzeit viel Geld für den Ausbau der Produktion in die Hand. Insgesamt sind rund 1,7 Milliarden Euro für strategische Projekte genehmigt. Analysten monierten indes gestiegene Kosten.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr sank das operative Vorsteuerergebnis um gut ein Drittel auf 349 Millionen Euro, bei einem Umsatzrückgang um knapp 8 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente der Recycling-Spezialist 141 Millionen Euro nach 715 Millionen ein Jahr zuvor. Die Aktionäre sollen nun 1,40 Euro Dividende je Aktie erhalten, nachdem für das außergewöhnlich starke Vorjahr noch 1,80 Euro geflossen waren.

Aurubis ist Opfer von Kriminellen geworden. Unter dem Strich geht es um einen Fehlbestand an Metallen von 169 Millionen Euro, 16 Millionen Euro weniger als zunächst angenommen. "Kompensierend wirkten darüber hinaus Erstattungsansprüche aus Versicherungen in Höhe von 30 Millionen Euro", hieß es. "Es ist unser klares Ziel, das Sicherheitsniveau weiter zu erhöhen, Manipulationen und Betrügereien in einer solchen Größenordnung für die Zukunft mit höchster Wahrscheinlichkeit auszuschließen", sagte Vorstandschef Roland Harings.

Harings sprach von insgesamt drei Sachverhalten. "Die Ermittlungen haben mittlerweile bestätigt, dass ein wesentlicher Teil des Fehlbestandes auf kriminelle Aktivitäten im Bereich Recycling zurückzuführen ist." In einem Fall geht es darum, dass manipulierte Proben mit hohen Gehalten wertvoller Metalle abgegeben wurden, die Lieferungen dann aber deutlich weniger wertvolle Metalle enthielten - wodurch letztlich überhöhte Rechnungen bezahlt wurden.

Darüber hinaus gibt es aber einen weiteren - laut Geschäftsbericht "nicht vollumfänglich nachvollziehbaren" - Fehlbestand bei Edelmetallen in einem niedrigen dreistelligen Millionenbereich. Bisherige Erkenntnisse wiesen darauf hin, dass auch diese Fehlbestände auf kriminelle Aktivitäten zurückzuführen seien. "Aufgrund der laufenden und komplexen Ermittlungen können wir die jüngsten Erkenntnisse nicht weiter kommentieren und konkretisieren", sagte der Aurubis-Chef.

Die Probleme der vergangenen Monate könnten auch Folgen für die Chefetage des Konzerns haben. "Der Aufsichtsrat kann derzeit weder ausschließen, dass die amtierenden Vorstandsmitglieder unverändert ihr Amt fortführen, noch kann er ausschließen, dass es zu einer vorzeitigen Trennung von einzelnen oder mehreren Vorstandsmitgliedern kommt beziehungsweise der Vorstand umstrukturiert wird", hatte das Unternehmen am Dienstag mitgeteilt.

Zunächst solle das Ergebnis einer in Auftrag gegebenen Untersuchung durch die Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller abgewartet werden. Eine Entscheidung soll dann voraussichtlich im Januar oder Anfang Februar getroffen werden.

Zu seiner eigenen Zukunft an der Aurubis-Spitze wollte sich Harings auf Nachfrage nicht explizit äußern. Er äußerte seine persönliche Erwartung, "dass die Untersuchungen ergeben, dass wir hier mit allen Sorgfaltspflichten und mit aller Verantwortung das Unternehmen geführt haben".

Analyst Christian Obst von der Baader Bank sieht in der Ungewissheit hinsichtlich der Zukunft der Aurubis-Chefetage den größten Bremsklotz für eine kurzfristige Erholung des Aktienkurses. Mittel- bis langfristig bleibt der Experte indes optimistisch, auch wegen der hohen Investitionen des Konzerns in den Produktionsausbau./mis/kf/nas/jha/

Quelle: dpa-Afx