(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz, Wintershall Dea, Aktienkurs)

FRANKFURT (dpa-AFX) - BASF-Chef Martin Brudermüller hat mit Bestürzung auf den russischen Einmarsch in der Ukraine reagiert. "Wir sind entsetzt über diesen Angriff und sehen die weitere Entwicklung mit großer Sorge", sagte Brudermüller zu Beginn einer Online-Konferenz am Freitag in Ludwigshafen. Noch vor kurzer Zeit habe dies niemand für möglich gehalten. "Der gestrige Tag markiert das Ende des Friedens in Europa. Es ist ein bitterer Tag für uns alle", sagte er bei der Bilanzvorlage.

Zu den internationalen Strafmaßnahmen im Zusammenhang mit dem russischen Angriff sagte Brudermüller, es wäre "vermessen, bereits irgendwelche Auswirkungen abzuschätzen". "Am ersten Tag nach der Invasion in der Ukraine steht ja noch gar nicht fest, was die Sanktionen wirklich beinhalten." Bei BASF mache das Geschäft in Russland etwa ein Prozent und das in der Ukraine 0,2 Prozent des Umsatzes aus. Diese Märkte hätten "keinen größeren Einfluss". Die Energiepreise würden aber sicher mittelfristig eher höher bleiben.

Nachdem der Kurs der BASF-Aktie am Vortag bereits um fast sechs Prozent gefallen war in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine, büßte er zuletzt als Dax-Schlusslicht in einem insgesamt erholten Markt rund zwei Prozent ein.

Gerade die gestiegenen Energiepreise machen BASF zu schaffen. Nach einem Umsatz- und Gewinnsprung 2021 rechnet der Konzern für 2022 mit einem Rückgang. "Wir sind sehr stark in das Jahr gestartet und haben im Januar gute Zahlen über denen des Vorjahresmonats erzielt", sagte Brudermüller. Die starke Nachfrage halte auch im Februar an. Nach der sehr starken Erholung 2021 werde die Weltwirtschaft 2022 voraussichtlich etwas moderater wachsen.

Allerdings blieben die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung hoch, warnte der Dax-Konzern . Der weitere Verlauf der Corona-Pandemie könnte die Nachfrage stärker als erwartet beeinträchtigen und die Lieferschwierigkeiten in den globalen Wertschöpfungsketten länger anhalten. Hohe Energiepreise und gestiegene Inflationsraten würden die Kaufkraft der Verbraucher möglicherweise stärker dämpfen als erwartet.

"Wir werden in den kommenden Monaten weitere signifikante Preiserhöhungen umsetzen, um die deutlich gestiegenen Kosten weiterzugeben und unsere Margen in den Downstream-Geschäften wieder zu verbessern", sagte Brudermüller. Die Mehrkosten für die europäischen Standorte beliefen sich aufgrund der weiter gestiegenen Erdgaspreise im abgelaufenen Jahr auf rund 1,5 Milliarden Euro, davon allein 800 Millionen Euro im Schlussquartal.

Für 2022 rechnet das Unternehmen mit einem Rückgang beim Umsatz auf 74 bis 77 Milliarden Euro und beim operativen Ergebnis auf 6,6 bis 7,2 Milliarden Euro. 2021 kletterte der Umsatz im Jahresvergleich um ein Drittel auf 78,6 Milliarden Euro. Dazu trugen deutlich höhere Verkaufspreise und Mengen bei. Den um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) konnte BASF auf 7,8 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Hier profitierte das Unternehmen auch von seinem Sparkurs, verfehlte aber die optimistischeren Erwartungen von Analysten.

Unter dem Strich blieb ein auf die Aktionäre entfallender Gewinn von 5,5 Milliarden Euro. Im ersten Corona-Jahr hatte BASF wegen milliardenschwerer Abschreibungen einen Verlust von gut einer Milliarde Euro ausgewiesen. Die Dividende will der BASF-Vorstand um 10 Cent auf 3,40 Euro je Aktie erhöhen. Experten hatten im Schnitt mit etwa so viel gerechnet.

Die überraschend schwache Geschäftsentwicklung des Chemiekonzerns sei ein Stimmungsdämpfer, schrieb Analyst Chetan Udeshi von JPMorgan. Allerdings signalisiere der gute Start ins laufende Jahr ein gewisses Aufwärtspotenzial beim Ausblick. Der BASF-Kurs droht nun unter das Tief von Ende November bei gut 57 Euro zu fallen. Das wäre der tiefste Stand seit November 2020.

Derweil hält BASF an dem Börsengang seiner Mehrheitsbeteiligung Wintershall Dea fest. "Wir haben eine strategische Entscheidung getroffen und halten den Börsengang für den richtigen Weg", sagte Finanzchef Hans-Ulrich Engel. Natürlich müsse er in das jeweilige Marktumfeld passen. Die Beteiligungsgesellschaft LetterOne des russischen Milliardärs Michail Fridman, die den restlichen Anteil am Unternehmen hält, will den Schritt einem Pressebericht zufolge sogar ganz verhindern.

Grund sei unter anderem die Marktstimmung gegenüber Vermögenswerten in Russland, wo das Unternehmen einen Teil seiner Gas- und Ölproduktion tätigt. Dies würde "sehr wahrscheinlich zu einer Bewertung führen, die das Potenzial des Unternehmens nicht widerspiegelt", schrieb jüngst die "Financial Times".

"In Anbetracht der hohen strategischen Bedeutung des Börsengangs für BASF und unsere Stakeholder werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um unsere Rechte und Interessen zu schützen", sagte Engel. Dazu gehörten auch der Rechtsweg und das Recht, einen Börsengang im Jahr 2023 einseitig zu verfolgen. Er hofft aber, dass sich BASF mit den Miteigentümer einigen kann.

Ursprünglich hatte BASF den Börsengang für das zweite Halbjahr 2020 geplant. Wintershall Dea ist auch an der Finanzierung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland beteiligt. Angesichts des Ukraine-Kriegs ist die Zukunft Pipeline ungewiss. Nachdem die Bundesregierung das Genehmigungsverfahren für den Betrieb ausgesetzt hat, haben die USA Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft und deren Top-Manager auf den Weg gebracht./mne/wo/jha/

Quelle: dpa-Afx