HAMBURG (dpa-AFX) - Der Kupferkonzern Aurubis ist mitten im Wirbel um die Folgen von Betrugsschäden und Vorstandsumbau mit Gewinneinbußen ins neue Geschäftsjahr gestartet. Höheren Schmelz- und Raffinierlöhnen standen niedrigere Preise für Metalle und Schwefelsäure gegenüber. Hinzu kamen gestiegene Rechts- und Beratungskosten, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Dabei verfehlten die Hamburger teilweise die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Für die Aurubis-Aktie ging es am Vormittag nach oben.

Während der Umsatz um 5 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro sank, fiel das operative Vorsteuerergebnis im ersten Geschäftsquartal (Ende Dezember) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 Prozent auf 111 Millionen Euro. Auch der Überschuss sank um 10 Prozent, und zwar auf 89 Millionen Euro. Die gestiegenen Schmelz- und Raffinierlöhne etwa für Kupferkonzentrat und Schrott zehrten ebenso am Ergebnis wie die gesunkenen Preise für Metalle und Schwefelsäure, ein Nebenprodukt der Kupferherstellung.

Für das gesamte Geschäftsjahr peilt die Konzernführung um Noch-Aurubis-Chef Roland Harings weiterhin einen operativen Vorsteuergewinn von 380 bis 480 Millionen Euro an. Das ist zwar mehr als die 2022/23 erzielten 349 Millionen Euro, doch hatten Betrugs- und Diebstahlfälle Aurubis da mit 139 Millionen Euro belastet.

Der Millionenschaden hatte auch zur Kritik am Risikomanagement der Unternehmenslenker geführt. Wie seit Januar bekannt, muss in der Folge fast der komplette Vorstand gehen. Aurubis-Chef Roland Harings, Finanzvorstand Rainer Verhoeven und Produktionsvorstand Heiko Arnold verlieren vorzeitig ihre Posten. Die Nachfolger stehen noch nicht fest.

Nur die erst Anfang 2023 in den Vorstand berufene Recyclingchefin Inge Hofkens bleibt und erhält zusätzliche Aufgaben. Zudem wird das Aufsichtsratsmitglied Markus Kramer ab 1. März für einen begrenzten Zeitraum in den Vorstand entsandt und soll dort für den Unternehmenswandel verantwortlich sein.

Mitte vergangenen Jahres war bei Aurubis ein großer Fehlbestand an Edelmetallen bekannt geworden. In einem anderen Betrugsfall waren interne Proben zur Verifizierung der Metallgehalte von Lieferungen von Recyclingmaterialien im Werk Hamburg manipuliert worden. Deshalb hatte der Konzern überhöhte Rechnungen bezahlt.

Der Aufsichtsrat hatte eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Vom Unternehmen hieß es im Januar dazu: "Auf Basis dieses Rechtsgutachtens der Kanzlei Hengeler Mueller zur Verantwortung der drei Vorstandsmitglieder hat der Aufsichtsrat ferner beschlossen, nach aktuellem Stand von der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die drei Vorstandsmitglieder abzusehen."

Der Wirbel kommt zu einem schlechten Zeitpunkt. Aurubis steckt derzeit viel Geld in den Ausbau seiner Geschäfte, was wegen der Komplexität die volle Aufmerksamkeit des Managements fordert. Aktuell sind rund 1,7 Milliarden Euro Investitionen für strategische Projekte genehmigt.

Doch Aurubis will die Strategie mit unveränderter Geschwindigkeit umsetzen, wie es am Dienstag weiter hieß. Im ersten Geschäftsquartal hätten sich die Ausgaben dafür im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf über 150 Millionen Euro verdoppelt. In der zweiten Jahreshälfte sollen dann Recycling-Projekte in Belgien sowie die erste Produktionsstufe im neuen Recycling-Werk in Richmond in den USA in Betrieb gehen. Mit dem Werk will das Unternehmen vom Recycling-Boom in den Vereinigten Staaten profitieren.

Analyst Christian Obst von der Baader Bank sieht in den Geschäftszahlen keinen wesentlichen Treiber für den Kurs der Aurubis-Aktien. Zwar liege der operative Vorsteuergewinn unter dem Marktkonsens, das Nettoergebnis habe diesen aber erreicht. Die Ungewissheit in puncto künftiger Unternehmensführung bleibe indes zunächst eine Belastung, schrieb der Experte. Hinzu komme das derzeit schwierige Wirtschaftsumfeld. Die langfristigen Perspektiven blieben gleichwohl unverändert gut.

Der Kurs der zuletzt schwachen Aurubis-Aktie stieg am Vormittag an der Spitze des MDax um 4,3 Prozent auf 67,22 Euro. Ihr Minus im noch jungen Börsenjahr schmolz damit auf gut 9 Prozent. Das bedeutet aber weiterhin einen der hinteren Plätze im Index der mittelgroßen Börsenwerte. Vergangenen Sommer hatten die Papiere noch bis zu rund 85 Euro gekostet./mis/stw/men

Quelle: dpa-Afx