BERLIN/POTSDAM (dpa-AFX) - Eine weitere Laboruntersuchung soll Gewissheit über den ersten Fall eines amtlichen Verdachts auf Afrikanische Schweinepest in Deutschland bringen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will am Donnerstag über das Ergebnis mit potenziell schwerwiegenden Folgen informieren. Der Verdacht besteht bei einem toten Wildschwein, das in Brandenburg wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt gefunden wurde, wie ihr Ministerium am Mittwochabend mitteilte. Eine Probe wurde für eine virologische Analyse ins Friedrich-Loeffler-Institut gebracht, das als nationales Referenzlabor Verdachtsfälle abklärt.

Große Sorgen vor wirtschaftlichen Auswirkungen herrschen bei den Bauern. Im Fall eines Schweinepest-Nachweises bei einem Wild- oder Hausschwein würde Deutschland den Status als "seuchenfrei" verlieren, es könnten Exportstopps für Schweinefleisch ins Nicht-EU-Ausland drohen, etwa nach Asien.

Ein Übertreten der für Menschen ungefährlichen Tierseuche nach Deutschland wird seit längerem befürchtet. Seit Monaten kursiert sie in Polen. Im März wurde im Nachbarland ein an der Schweinepest gestorbenes Wildschwein nur etwas mehr als zehn Kilometer vor der Grenze zu Deutschland entdeckt.

Um ein Einschleppen der Tierseuche zu verhindern, herrscht bei den deutschen Behörden bereits seit Jahren erhöhte Wachsamkeit. Vorbereitet wurden auch rechtliche und organisatorische Regeln und Schutzvorkehrungen für den Fall eines Ausbruchs. Der jagdpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Karlheinz Busen, forderte, jahrelang geprobte Maßnahmen für den Ernstfall umgehend zu aktivieren. "Es geht nun darum, eine weitere Ausbreitung und eine Übertragung auf Hausschweinbestände um jeden Preis zu verhindern."

Bei dem in Brandenburg im Spree-Neiße-Kreis entdeckten Wildschwein stellte das Landeslabor den Verdacht fest. Nach dpa-Informationen gab es mehrere positive Tests. Der Sprecher des brandenburgischen Verbraucherschutzministeriums, Gabriel Hesse, sagte der dpa, erst wenn das nationale Referenzlabor den Verdacht ebenfalls bestätige, könne von einem Ausbruch gesprochen werden. Das Landeskrisenzentrum und die kommunalen Krisenzentren seien aktiviert. Erste Schutzmaßnahmen würden vorbereitet. In den vergangenen Jahren habe es mehrere Großübungen zum Umgang mit Tierseuchen gegeben.

Für das Krisenmanagement sind die örtlichen Behörden zuständig. Wird die Schweinepest bei einem Wildschwein festgestellt, wird nach Angaben des Bundesministeriums generell ein "gefährdeter Bezirk" festgelegt und eine Pufferzone eingerichtet, die nicht von der Tierseuche betroffen ist. Hausschweine und Schweinefleisch dürfen dann aus diesen Gebieten - bis auf Ausnahmen - nicht herausgebracht werden. Im Fall eines Ausbruch bei Hausschweinen müssten alle Tiere betroffener Höfe getötet werden. Zudem sind Sperrbezirke im Radius von mindestens drei Kilometern um den Betrieb und Beobachtungsgebiete im Umkreis von mindestens zehn Kilometern einzurichten.

Eine mögliche Verbreitung der Tierseuche über größere Entfernungen wird vor allem durch Menschen angenommen. Daher rufen die Behörden seit Jahren Auto- und Lkw-Fahrer aus Osteuropa auf, keine rohe Wurst außerhalb von Mülleimern wegzuwerfen, da Fleischprodukte das Virus in sich tragen und von Wildschweinen gefressen werden könnten. Das seit längerem in Osteuropa auftretende Virus war 2018 auch im Nachbarland Belgien entdeckt worden, rund 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

In Westpolen war der Schwerpunkt des Infektionsgeschehens nach Angaben der Bundesregierung im August wieder etwas in Richtung Osten von Deutschland abgerückt. Brandenburg hatte wegen der grenznahen Fälle in Polen in den beiden Landkreisen Oder-Spree und Spree-Neiße sowie in der Stadt Frankfurt (Oder) einen 120 Kilometer langen Elektroschutzzaun an der Grenze errichtet. Er soll Wildschweine aufhalten. Auch am sächsischen Grenzverlauf wurde ein Zaun gebaut.

In Brandenburg wurden nach Angaben des Landesbauernverbands vom November 2019 rund 750 000 Schweine in etwa 170 Betrieben gehalten. Von dort werden Ferkel insbesondere in andere Bundesländer und EU-Staaten exportiert. Der Landesbauernverband und der Deutsche Jagdverband hatten nach den Fällen in Polen zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Landwirte ergriffen strenge Sicherheitsmaßnahmen./sam/ju/vr/DP/zb

Quelle: dpa-Afx