Ford vollzieht eine radikale Kehrtwende bei seiner Elektrostrategie. Der US-Autokonzern streicht mehrere E-Modelle, fokussiert sich wieder stärker auf Verbrenner und Hybride – und schreibt dafür 19,5 Milliarden Dollar ab. Die Entscheidung hat auch politische Gründe.
Der US-Autokonzern Ford zieht die Reißleine bei seiner Elektroauto-Strategie. Angesichts schwacher Nachfrage und fehlender Profitabilität stellt der Traditionshersteller mehrere geplante Strommodelle ein und schreibt insgesamt 19,5 Milliarden Dollar ab. Statt weiter Milliarden in große Elektrofahrzeuge zu investieren, richtet Ford seinen Fokus wieder stärker auf Verbrenner- und Hybridmodelle.
„Kein Weg mehr zur Profitabilität“
„Anstatt weitere Milliarden für große E-Autos auszugeben, für die es keinen Weg zur Profitabilität mehr gibt, investieren wir dieses Geld in Bereiche mit höheren Renditen“, sagte Andrew Frick, Chef des Ford-Geschäftsbereichs für Verbrenner- und Elektrofahrzeuge. Damit verabschiedet sich Ford faktisch von großen Teilen seiner bislang angekündigten zweiten Generation von Elektroautos.
Das Ende des Cybertruck-Rivalen F-150 Lightning
Konkret wird die Produktion des rein elektrischen Pick-ups F-150 Lightning eingestellt, den Ford auch als Antwort auf den Cybertruck von Tesla positioniert hatte. Stattdessen plant Ford nun eine Hybrid-Variante des F-150 mit sogenanntem Range Extender – einem benzinbetriebenen Generator, der die Batterie während der Fahrt auflädt. Der Pick-up gehörte jahrelang zu den meistverkauften Fahrzeugen in den USA. Außerdem werden ein geplanter elektrischer Truck der nächsten Generation (Codename T3) sowie weitere elektrische Nutzfahrzeuge ersatzlos gestrichen.
Der F-150 Lightning war 2022 mit großen Erwartungen gestartet. Zeitweise lagen laut Ford rund 200.000 Bestellungen vor. Doch nach dem anfänglichen Hype blieben die Verkaufszahlen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Nun will sich der Konzern auf kleinere, erschwinglichere Elektrofahrzeuge konzentrieren, die frühestens ab 2027 auf den Markt kommen sollen.
Operativer Gewinn soll steigen
Die milliardenschwere Abschreibung wird vor allem im vierten Quartal verbucht und zieht sich bis 2027. Rund 8,5 Milliarden Dollar entfallen auf die eingestellten E-Modelle, etwa sechs Milliarden auf die Auflösung eines Batterie-Joint-Ventures mit dem südkoreanischen Partner SK On. Weitere fünf Milliarden Dollar betreffen projektbezogene Kosten.
Kurzfristig plant Ford Entlassungen in einem Batteriewerk in Kentucky. Bereits im September war bekannt geworden, dass Ford am deutschen Standort in Köln zusätzlich zu den bereits bekannten 2900 noch einmal 1000 Stellen streichen wird. Langfristig sollen jedoch Tausende neue Stellen für die Produktion von Benzin- und Hybridfahrzeugen entstehen. Gleichzeitig hob der Konzern seine Prognose für den bereinigten operativen Gewinn 2025 auf rund sieben Milliarden Dollar an. Angesichts der Dimension der Abschreibungen ist aber auch klar, dass der Autoriese damit netto, nach Steuern, tief im Minus landen wird.
Die Kehrtwende spiegelt auch den veränderten politischen und wirtschaftlichen Rahmen in den USA wider. Die Regierung von Präsident Donald Trump hat die Förderung für Elektroautos gestrichen und Abgasvorschriften gelockert. Nach dem Auslaufen der 7500-Dollar-Steuergutschrift brachen die E-Auto-Verkäufe im November um rund 40 Prozent ein. Das könnte Ford zum Anlass genommen haben, seine Elektrostrategie komplett zu überdenken.
Blüht nun das Gleiche bei Volkswagen?
Während Ford seine E-Offensive deutlich zurückfährt, hält Volkswagen grundsätzlich weiterhin an seinem Elektroauto-Kurs fest. Zwar kämpfen auch die Wolfsburger mit einer schwächeren Nachfrage als prognostiziert, hohen Kosten und Überkapazitäten. Doch VW verfügt gegenüber Ford über gleich mehrere Vorteile. Dazu zählt vor allem die breite modulare E-Plattform (MEB), die konzernweit von Marken wie VW, Audi, Skoda und Cupra genutzt wird und Skaleneffekte ermöglicht. Der neue ID.Polo ist das jüngste Beispiel dafür. Zudem ist Volkswagen gezwungen, in Europa strengere CO₂-Vorgaben und staatliche Regulierung zu erfüllen; auch wenn diese Vorschriften auf EU-Ebene nun wieder sukzessive gelockert werden.
Zudem hat VW Partnerschaften geschlossen, um im Wettrennen um den E-Automarkt verlorene Zeit wieder aufzuholen. So kooperieren die Deutschen in China unter anderem mit Xpeng und in den USA mit Rivian; vor allem um kundenfreundlichere und besser integrierte Software in den Autos anbieten zu können.
Zwar zwingen Sparprogramme, Werksschließungen und Personalabbau auch Volkswagen zu schmerzhaften Anpassungen. Hinzu kommt, das Porsche sich schrittweise wieder stärker auf Verbrenner konzentrieren will. Doch im Massenmarkt, setzt VW auf einen längeren Atem als die Konkurrenz und darauf, dass sich Elektromobilität mittelfristig, selbst in einem technologieoffenen Markt, als dominierende Antriebsform durchsetzt.
Gleichzeitig könnte der Rückzieher von Ford VW auch helfen. Denn damit fällt im europäischen E-Auto-Markt ein traditionell starker Konkurrent im Kleinwagen- und Mittelklasse-Segment weg.
Lesen Sie auch
VW-Aktie startet plötzlich durch – das ist die nächste wichtige Schwelle
oder
Mercedes Benz: Was der neue Milliardendeal für die Aktie bedeutet
Auto-Aktien sind Ihnen zu renditeschwach?
Mit dem "Best of Billionaires"-Index von BOERSE ONLINE investieren Sie in die Aktien der vier größten Börsenlegenden.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..