Analysten waren zum Teil skeptischer: "In den USA ist der Streamingmarkt bereits gesättigt und es herrscht eine gewisse Konsummüdigkeit", erklärte Analyst Colin Gillis von der Beratungsfirma Chatham Road Partners. Da spiele es kaum eine Rolle, dass Apple auf mehr Originalinhalte als Netflix und Amazon bei ihren jeweiligen Markteinführungen komme. Der Smartphone-Pionier will sich wegen der sinkenden Frage nach iPhones neu erfinden und hatte am Montag an seinem Firmensitz im kalifornischen Cupertino die neuen Angebote vorgestellt - einen eigenen Streamingdienst ab Herbst, neue Spiele- und Nachrichtenangebote sowie die Einführung einer Kreditkarte zur Ergänzung des Bezahldienstes Apple Pay. Für die Präsentation hatte Apple-Chef Tim Cook Hollywood-Stars wie Steven Spielberg, Jennifer Aniston, Reese Witherspoon und Oprah Winfrey um sich geschart.

VERFOLGER STATT ANFÜHRER



Doch so bahnbrechend wie das iPhone, das von Firmengründer Steve Jobs vor mehr als einem Jahrzehnt mit den Worten "One More Thing" ("Eine Sache noch") vorgestellt worden war, seien die neuen Dienste nicht, zeigten sich die Analysten von Credit Suisse unbeeindruckt. Sie urteilten, dass der Streamingdienst keine Gefahr für den Branchenpionier Netflix darstelle. Netflix habe einen Vorsprung von zehn Jahren und allein im März 70 Eigenproduktionen auf den Markt geworfen, während Apple bisher lediglich 17 Serien und vier Kinofilme angekündigt habe. Apple werde in dem Markt lediglich als Verfolger und nicht als Anführer auftreten - auch, weil das Unternehmen im Gegensatz zum Marktführer keine lizenzierten Inhalte von anderen Produzenten im Angebot haben werde. Der deutsche Medienkonzern Bertelsmann wollte sich jedenfalls nicht vom Apple-Vorhaben beunruhigen lassen. "Das beeinflusst nicht unsere Strategie", sagte Bertelsmann-Chef Thomas Rabe auf der Bilanzpressekonferenz in Berlin. Die Konzerntochter RTL will ebenfalls in den Markt einsteigen.

Abschreiben wollten Analysten die Bemühungen von Apple allerdings nicht. Mit der Fokussierung auf Dienstleistungen durch die neue Nachrichtenplattform und das Streamingangebot stelle der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino die Weichen für zukünftiges Wachstum, hieß es bei den Experten vom Vermögensverwalter Cowen. Allerdings könne sich das Unternehmen nicht über Nacht von einem Hardware-Anbieter zu einem Unterhaltungskonzern wandeln. Die Kollegen von JPMorgan hoben vor allem die Ankündigungen von Apple zur Einführung einer Kreditkarte und eines Spiele-Abonnements als positiv hervor. Letztlich stuften drei Wertpapierhäuser die Preisziele für die Apple-Aktie hoch.

rtr