Die Führungskrise bei der Deutschen Bank vergrault immer mehr Anleger: Der Aktienkurs des größten deutschen Geldhauses sackte in den vergangenen Tagen zeitweise auf 10,82 Euro ab und näherte sich damit dem Rekordtief vom Herbst 2016, als das Papier gerade noch 9,90 Euro wert war.

Damals sorgten Zweifel an der Überlebensfähigkeit der Bank für einen Kurssturz. Heute kommt das Geldhaus - trotz Restrukturierung, solider Kapitalquote und geringerer Rechtsrisiken - im operativen Geschäft nicht in die Gänge. Vorstandschef John Cryan ist angezählt. Mittlerweile steht jedoch Aufsichtsratschef Paul Achleitner wegen seines Krisenmanagements bei Investoren im Zentrum der Kritik. Achleitner hatte nicht dementiert, dass er für Cryan einen Nachfolger suchen lässt, während dieser öffentlich erklärte, sich an seinen bis 2020 laufenden Vertrag zu halten.

"Äußerst schlecht für die Bank sind die Gerüchte, wonach offenbar einige angesprochene Kandidaten aus welchen Gründen auch immer abgewunken haben", erläutert Anlegeranwalt Klaus Nieding gegenüber €uro am Sonntag. So wachse der Druck auf Achleitner, bis zur Hauptversammlung am 24. Mai einen Cryan-Nachfolger präsentieren zu müssen.

"Dilettierendes Geldhaus"



Für Kritik bei Investoren sorgte auch die Nominierung von vier neuen Mitgliedern für den Aufsichtsrat. Mit der ehemaligen Morgan-Stanley-Bankerin Mayree Clark, der Ex-UBS-Managerin Michele Trogni, PwC-Deutschland-Chef Norbert Winkeljohann und vor allem dem früheren Chef der US-Invest-mentbank Merrill Lynch, John Thain, werde vor allem das Investmentbanking gestärkt.

Nieding vermisst Vertreter der deutschen Industrie im Kontrollgremium, nachdem der frühere SAP-Chef Henning Kagermann und Ex-Eon-Chef Johannes Teyssen nun ausscheiden. "Die deutsche Industrie braucht die Deutsche Bank nicht mehr", formuliert es ein Branchenkenner drastisch. "Und es will vermutlich keiner für ein vor sich hin dilettierendes Geldhaus Verantwortung übernehmen, jedenfalls nicht unter diesem Aufsichtsratschef."

"Wir sehen die vier Kandidaten durchweg positiv", sagte dagegen Union-Investment-Fondsmanager Ingo Speich. "Die Qualität des Aufsichtsrats wird -weiter gestärkt." Vor allem die Nominierung von Thain sei ein Hinweis, dass das Investmentbanking in den USA Kern der Strategie bleiben werde. Das Geldhaus habe einen "gut aufgestellten Aufsichtsrat, bringt aber die PS nicht auf die Straße", glaubt Speich.

Aktie "äußerst günstig"



Aus Sicht der Redaktion ist die Deutsche-Bank-Aktie derzeit zu meiden. Am Donnerstag erholte sich das Papier vorübergehend, bevor es am Freitag seine Talfahrt fortsetzte. Zu den wenigen, die die Aktie zum Kauf empfehlen, zählt die DZ Bank. Zwar sieht auch sie die Gefahr, dass die Kundenbeziehungen unter der Personaldiskussion leiden. "Dennoch sind die Aktien im Vergleich zur Situation im Dezember 2016 momentan äußerst günstig bewertet", heißt es.