Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien am 13.04.2017 in Heftausgabe 15/2017

Einen besseren Einstand hätte der neue Adidas-Chef Kasper Rorsted kaum geben können. Bei seiner ersten Bilanzpressekonferenz verkündete der Manager einen Rekordgewinn des Sportartikelkonzerns. "2016 war für Adidas ein außergewöhnliches Jahr. Wir haben die Begehrlichkeit unserer Marken und unserer Produkte weltweit erhöht. Dadurch konnten wir den Umsatz deutlich steigern und erstmals in der Unternehmensgeschichte einen Rekordgewinn von mehr als einer Milliarde Euro erzielen", sagte Rorsted in Herzogenaurach.

Neben Adidas haben 2016 elf weitere DAX-Konzerne neue Bestleistungen erzielt. Dass die 30 Bluechips beim Überschuss in der Summe "lediglich" um 13,5 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro zulegen konnten, liegt an den immensen Verlusten von Deutsche Bank, Eon und RWE. Ohne die drei Ausreißer wäre der Indexgewinn um satte 23 Milliarden Euro höher ausgefallen. Viel wichtiger als vergangene Profite und Verluste sind aber ohnehin die Ausblicke. Die Börsianer interessieren sich vor allem dafür, wie viel die Konzerne in Zukunft verdienen werden. Denn es ist unbestritten, dass die Gewinnentwicklung der Unternehmen langfristig gesehen der mit Abstand wichtigste Kurstreiber für Aktien ist.

Was die Auswahlindizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX betrifft, könnten die Aussichten kaum besser sein. Dank der anziehenden Weltwirtschaft blickten viele Unternehmenslenker während der abgelaufenen Berichtssaison zuversichtlich nach vorn. Analysten gehen daher davon aus, dass gut 78 Prozent der Indexunternehmen ihren Gewinn im laufenden Jahr weiter steigern werden - trotz zahlreicher Risikofaktoren wie der ungewissen Wirtschaftspolitik der US-Regierung, den anstehenden Wahlen in Frankreich sowie der Unsicherheiten über den weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Fed.

Die aktuellen Ausblicke der Unternehmen sind eine prima Gelegenheit, unsere Gewinnprognosen auf den Prüfstand zu stellen. BÖRSE ONLINE hat daher die Gewinnprognosen für über 500 deutsche Papiere auf den neuesten Stand gebracht. Zudem haben wir erstmals Prognosen für 2018 erstellt. Auch die Angaben zum Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beziehen sich nun auf 2018. Die Excel-Version des Statistikteils, ­BO DATA INTERACTIVE, enthält nicht nur sämtliche Werte der Printausgabe, sondern auch viele zusätzliche Daten, die Ihnen bei der Aktienanalyse helfen. Als Abonnent können Sie jederzeit die aktuelle Datei im Premiumbereich unter www.boerse-online.de herunterladen.

Zudem haben wir insgesamt 13 Aktien herausgefiltert, bei denen in den kommenden Jahren überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten beim Gewinn zu erwarten sind. Jeweils zwei stammen aus den vier Auswahlindizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX. Dazu gesellen sich fünf Nebenwerte (siehe Seite 6). Die Auswahl könnte besonders für die Anleger geeignet sein, die wegen der jüngsten Rally am Aktienmarkt Korrekturen befürchten. Allein schon die hohe Gewinnqualität sollte bei diesen Papieren vor größeren Rückschlägen schützen.

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Gewinnstarke Dax-Unternehmen



Die 30 DAX-Unternehmen dürften im laufenden Jahr mit 87,4 Milliarden Euro gut 55 Prozent mehr verdienen als im Vorjahr. Damit würden die aktuellen Mitglieder des Leitindex sogar das Rekordniveau von 84,1 Milliarden Euro aus dem Jahr 2007 hinter sich lassen. 2018 könnte die Gewinnsumme dann erstmals die magische Marke von 100 Milliarden Euro überschreiten, nochmals ein Plus von fast 15 Prozent.



Besonders hohe Steigerungen sind bei SAP zu erwarten. Gewinntreiber ist die Umstellung auf Cloud-Software. Ihr ist zu verdanken, dass SAP bereits 2016 nach Steuern mit 3,6 Milliarden Euro 18  Prozent mehr verdient hat, obwohl gleichzeitig ein teures Abfindungsprogramm zu Buche schlug. Bis 2018 gehen Analysten von einem durchschnittlichen jährlichen Gewinnplus von 24 Prozent aus (siehe Tabelle Seite 5). Daher und angesichts der hohen Profitabilität des Softwareherstellers eröffnet die aktuelle Bewertung noch Kurspotenzial nach oben.



Bei HeidelbergCement rechnen Analysten sogar mit einem Gewinnzuwachs von mehr als 41 Prozent pro Jahr. Zwar hat sich die Euphorie angesichts des geplanten billionenschweren Infrastrukturprogramms von US-Präsident Donald Trump ein wenig gelegt. Effekte daraus würden sich nach Angaben von Vorstandschef Bernd Scheifele frühestens 2018 oder 2019 zeigen. Dennoch laufe der US-Markt gut und HeidelbergCement erwarte wegen Preiserhöhungen erneut einen kräftigen Gewinnanstieg in diesem Jahr.



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Gewinnstarke MDax-Unternehmen



Im MDAX ist der Gewinnrückgang von knapp 19,2 Milliarden auf 17,2 Milliarden Euro im Jahr 2016 dem Indexneuling Uniper geschuldet. Hauptgrund für den milliardenschweren Verlust des Energieunternehmens sind die Abschreibungen auf die Großkraftwerke. Doch schon im laufenden Jahr wird die Delle ausgebügelt sein. In der Summe könnten die MDAX-Unternehmen 2017 knapp 22,5 Milliarden Euro verdienen - so viel wie noch nie zuvor.



Erhebliche Gewinnsteigerungen zeichnen sich bei Salzgitter ab. Der Stahlkonzern will durch Kostensenkungen bis 2020 mehr als 590 Millionen Euro gegenüber 2012 einsparen. Doch auch der Ausblick auf die nahe Zukunft stimmt: "Was 2017 angeht, halte ich nicht nur die vierte Steigerung des Konzernergebnisses in Folge, sondern auch einen Vorsteuergewinn in dreistelliger Millionenhöhe für nicht ausgeschlossen", sagte Konzernchef Heinz Jörg Fuhrmann Anfang Februar der "Börsen-Zeitung". Das Unternehmen profitiert von Preissteigerungen und den Anti-Dumping-Maßnahmen der EU.



Zu einem Gewinngaranten entwickelt sich Zalando. Das Weihnachtsgeschäft ließ bei dem Online-Modehändler, dessen Geschäfte von der allgemeinen Konjunkturentwicklung kaum beeinflusst werden, ordentlich die Kassen klingeln. Per Ende Dezember 2016 übersprang der Umsatz erstmals in einem Quartal die Milliardengrenze. 2017 will Zalando die Erlöse um 20 bis 25 Prozent steigern und eine bereinigte operative Marge von fünf bis sechs Prozent erzielen, nachdem im vergangenen Jahr 5,9 Prozent erreicht wurden.



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Gewinnstarke SDax-Unternehmen





Im SDAX ist auf den Solar- und Windparkbetreiber Capital Stage Verlass. Trotz eines vergleichsweise schwachen Windjahres hat das Unternehmen seine für das Geschäftsjahr 2016 ausgegebene Ergebnisprognose übertroffen. Ab 2017 dürften sich die positiven Effekte durch die Übernahme des Konkurrenten Chorus Clean Energy erstmals voll im Zahlenwerk niederschlagen. Bis 2018 dürfte der Gewinn je Aktie um durchschnittlich fast 71 Prozent pro Jahr zulegen.



Bei Vossloh schreitet die Transformation zu einem auf Bahninfrastruktur fokussierten Konzern voran. 2016 hat sich die Profitabilität des Konzerns erneut verbessert. Die operative Marge übertraf mit 5,4 Prozent den zuletzt kommunizierten Prognosekorridor von 4,5 bis fünf Prozent sowie das Vorjahresniveau von 4,4 Prozent deutlich. Für 2017 stehen 5,5 bis sechs Prozent auf der Agenda. Darüber hinaus spricht eine Portion Übernahmefantasie für den Titel. Nachdem Großaktionär Heinz Hermann Thiele seinen Anteil auf 45 Prozent ausgebaut hat, rückt eine Komplettübernahme - verbunden mit einer neuen Offerte - immer näher.



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Gewinnstarke TecDax-Unternehmen



Besonders kräftige Gewinnsteigerungen sind im TecDAX zu erwarten. Analysten gehen davon aus, dass die 30 Unternehmen des Techindex 2018 gemeinsam einen Profit von 3,21 Milliarden Euro erzielen werden. Das entspricht einem Plus von gut 77 Prozent gegenüber 2016.



Gemessen an der Gewinnentwicklung gehört der auf Arztpraxen und Apotheken spezialisierte Softwareanbieter Compugroup zu den auffälligsten Werten. Die Gesellschaft profitiert im Zuge der Umsetzung des Ende 2015 beschlossenen E-Health-Gesetzes von der Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems. Angesichts der zu erwartenden Gewinnsteigerung von gut 52 Prozent pro Jahr bis 2018 ist der Titel noch nicht zu teuer.



Ebenfalls recht günstig zu haben ist die Aktie von Adva Optical. Nachdem der Netzwerkausrüster 2016 vor allem unter der Pfund-Schwäche und dem Margendruck im Geschäft mit Internetserviceprovidern gelitten hat, blickt Finanzvorstand Ulrich Dopfer zuversichtlich nach vorn: "Bei der Marge erwarten wir Entspannung durch den zunehmenden Verkauf neuer Produkte." Auch die Analystenschätzungen sind vielversprechend: 2018 dürfte der Gewinn im Vergleich zum vergangenen Jahr mehr als doppelt so hoch sein. Entsprechend hat der Aktienkurs wieder Fahrt nach oben aufgenommen.





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Gewinnstarke Small Caps



Zahlreiche Unternehmen unterhalb der deutschen Auswahlindizes stehen gemessen an den erwarteten Gewinnsteigerungen vor einer goldenen Zukunft.

Unter den gut 360 Small Caps, die wir regelmäßig analysieren, befinden sich sieben, die ihren Profit bis 2018 im Durchschnitt um mehr als 100 Prozent pro Jahr steigern dürften. Bei weiteren 20 Unternehmen steht ein Gewinnplus von 50 bis 100 Prozent pro Jahr auf der Agenda.

Zu den Spitzenreitern gehört GK Software. Der auf den Einzelhandel spezialisierte Softwareanbieter schaffte 2016 den Turnaround. Wegen der gut gefüllten Vertriebspipeline ist der Vorstand zuversichtlich, dass bis 2018 die Erlöse um rund 50 Prozent ausgeweitet werden und eine Ebit-Marge von über 15 Prozent erreicht wird. Unterm Strich könnte dann ein Gewinn je Aktie von 4,21 Euro stehen - ein Wachstum von durchschnittlich 93 Prozent pro Jahr.

Den Turnaround schaffte auch die Fintech Group. Das Ergebnis drehte 2016 von minus 2,2 Millionen Euro auf plus 12,3 Millionen Euro. Ausschlaggebend war neben dem organischen Wachstum der Tochter Flatex das neu aufgestellte Geschäft mit Unternehmenskunden. Für 2017 sagt Fintech einen Überschuss von 16,8 Millionen Euro voraus. Bis 2018 dürfte das Ergebnis je Aktie auf 1,33 Euro steigen.

Dreistelliges Gewinnwachstum



Satte 136 Prozent durchschnittliches Ergebnisplus bis 2018 stehen bei der EQS Group auf der Agenda. Die Münchner haben sich als Anbieter von digitalen Investor-Relations-Lösungen bei vielen börsennotierten Firmen unentbehrlich gemacht. 2016 ist das Ergebnis wegen der internationalen Expansion unterproportional zu den Erlösen gewachsen. Dennoch erzielte EQS eine operative Marge von 12,6  Prozent. Langfristig ist die Rückkehr zu den historischen Margenniveaus von 25 bis 35 Prozent geplant.

Einen Gewinntreiber ganz besonderer Art hat Blue Cap: Die Beteiligungsgesellschaft hat voriges Jahr aus der Insolvenz heraus die Vermögensgegenstände des Folien- und Beschichtungsspezialisten Neschen übernommen. Ab 2017 dürften die Einsparungen und Synergieeffekte deutliche Spuren in der Blue-Cap-Bilanz hinterlassen. Aus diesem Grund haben die Analysten von Warburg Research bereits zu Jahresbeginn ihre Umsatz- und Gewinnprognosen deutlich erhöht.

Auch bei 3U Holding könnte eine Sondersituation den Gewinnknoten platzen lassen. Denn bei der auf Telekommunikation und erneuerbare Energien ausgerichteten Beteiligungsfirma erhöht der 2010 eingestiegene Privatanleger Matthias Zettler den Druck. Mit der durchgesetzten Absenkung der Managementgehälter stellte sich bereits ein erster Erfolg ein. Zudem erhielten die um den Investor versammelten Anteilseigner ein Aufsichtsratsmandat. Ziel ist es unter anderem, den Aktienkurs auf den inneren Wert zu heben, der je nach Berechnung zwischen 1,19 und 1,90  Euro je Aktie liegt.

Übrigens: Mit unseren fünf Empfehlungen vom vorigen Jahr landeten wir mehrere Volltreffer. Im Schnitt konnten Anleger fast 30 Prozent Gewinn erzielen. DAX, MDAX, TecDAX und SDAX haben "nur" zwischen 17 und 24 Prozent zugelegt.