Eine bekannte Börsenweisheit lautet: "Kaufen, wenn die Kanonen donnern." Der richtige Einstiegszeitpunkt wäre demnach genau dann, wenn Panik herrscht und die breite Masse auf Teufel komm raus verkaufen will. Diesem antizyklischen Sprichwort steht jedoch ein anders Bonmot gegenüber: "Greife nie in ein fallendes Messer." Damit ist gemeint, Aktien zu meiden, die sich im steilen Sinkflug befinden. Auf den ersten Blick widersprechen sich diese beiden Aphorismen. Bei genauerem Hinsehen jedoch lässt sich ein erfolgreicher Mittelweg erkennen. Findige Anleger, die sich beide Ansätze zu eigen machen, können so gewinnbringende Investmentchancen am Aktienmarkt identifizieren.

In den meisten Fällen empfehlen Analysten gesunde Unternehmen mit vielversprechenden Wachstumsstorys, innovativen Produkten und eindrucksvollen Charts. Solche Empfehlungen liest man oftmals erst dann, wenn die dazugehörigen Wertpapiere bereits eine atemberaubende Performance aufs Parkett gelegt haben. Ein großer Teil der Kursgewinne liegt somit in der Vergangenheit, und der Zeitpunkt zum günstigen Einstieg ist dahin. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich bisweilen auch antizyklisch mit den gefallenen Engeln des Aktienmarkts zu beschäftigen.

Hedgefondsstrategie für jedermann



Dieser Investmentansatz wird im Jargon der Hedgefondsmanager als "Dis-tressed-Strategie" bezeichnet. Dabei handelt es sich um das Investieren in notleidende Unternehmen. Die Gründe, warum eine Aktiengesellschaft in Schwierigkeiten geraten ist, können vielfältig sein. Eine erdrückend hohe Verschuldung, ein unfähiges Management oder ein auslaufendes Geschäftsmodell sind nur einige potenzielle Triebfedern des Misserfolgs.

Gewiefte Großinvestoren schlagen oft genau dann zu. Dabei engagieren sie sich allerdings nicht nur in Aktien, sondern gleichermaßen auch in Anleihen oder Kredite des Pleitekandidaten. Darüber hinaus üben sie oftmals essenziellen Einfluss auf künftige Managemententscheidungen aus. Das ist für Privatanleger zwar nicht möglich, doch ergeben sich auch durch nicht-aktivistische Aktienengagements attraktive Gelegenheiten, an der erhofften Trendwende zum Positiven, dem sogenannten Turnaround, zu partizipieren.

Allerdings sind Distressed-Strategien nur etwas für geduldige, leidensfähige Anleger. In Unternehmen zu investieren, die hohe Verluste schreiben, stark verschuldet sind oder vor entscheidenden Umstrukturierungen stehen, ist eine Gratwanderung. Die erste Krux liegt darin, den eigenen Verstand davon zu überzeugen, sich gegen die Meinung der Masse zu stellen. Die vielen Haudraufanalysen müssen missachtet werden, und auch die überwiegend negative Berichterstattung in den Medien sollte man ausblenden. Erst dann werden die Vorteile ersichtlich - langsam.

Der Kurs der als Turnaround-Kandidat identifizierten Aktie kannte in der Vergangenheit meist nur eine Richtung: gen Süden. Im Zuge dessen verliert die Mehrheit der Investoren schnell den Blick fürs große Ganze. Oftmals lassen sich Börsianer von Emotionen leiten und folgen dem panischen Verkaufsdruck der Herde. Dadurch wird die betroffene Aktie überproportional stark abgestraft und notiert schnell unter ihrem fairen Wert. Aus diesem Grund steht dieser Ansatz dem Value Investing sehr nahe.

Der bekannteste Vertreter dieses Anlagestils, Börsenlegende Warren Buffett, beantwortete die Frage, wie man reich wird, mit den Worten: "Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür." Und das gelingt eben in den seltensten Fällen bei sogenannten "Glamour Stocks", den beliebten Aktien, die jeder haben will. Wer wirklich zum halben Preis einkaufen will, muss sich mit den verprügelten Hunden des Kapitalmarkts beschäftigen. Dazu ist es notwendig, alle Negativfaktoren auszublenden und sich allein auf die Frage zu konzentrieren, ob ein Unternehmen überlebensfähig ist oder nicht.



Auf den Spuren von Sherlock Holmes



Am Anfang steht die Suche nach Unternehmen in großen Schwierigkeiten. Ein erster Anlaufpunkt kann dabei zum Beispiel ein Blick auf aktuell unpopuläre Branchen sein. In der jüngeren Vergangenheit waren dies vor allem der Minensektor oder Unternehmen aus der Ölindustrie. Durch stark gefallene Preise der zugrunde liegenden Rohstoffe, etwa Kupfer oder eben Rohöl, wurden viele Produzenten an den Rand der Pleite gedrängt. Nicht selten kommt es in solchen Phasen zur Marktbereinigung, in der es nur den Stärksten gelingt, das langfristige Überleben zu sichern. Um diese Unternehmen zu identifizieren, gilt es einige Punkte zu beachten:

Der Blick in die Zukunft - hat das Produkt eine Daseinsberechtigung?

Unternehmen mit Produkten, denen man selbst keine Zukunftschancen einräumt, scheiden von vornherein aus. Die existenznotwendige Nachfrage vergangener Jahre ist gesunken, weil die Daseinsberechtigung der Produkte sukzessive abnimmt. In diesem Fall gibt es meistens nur zwei Lösungen. Entweder das Unternehmen wird abgewickelt oder ist in der Lage "intelligent lateral zu diversifizieren", wie es so schön heißt. Gemeint ist die Fähigkeit, neue Produkte völlig unabhängig von der bisherigen Natur des Geschäftmodells zu entwickeln und sich so neu zu erfinden. Warren Buffetts Vorzeigeunternehmen Berkshire Hathaway zum Beispiel war ursprünglich eine Textilfirma in den USA, die es nicht schaffte, sich gegen günstigere Konkurrenten zu behaupten. Heute ist der einstige Pleitekandidat eine der erfolgreichsten Investmentholdings der Welt.

Wühlen im Dreck - wo liegen die Gründe für den Absturz?

Besonders wichtig ist es, sich auf Spurensuche zu begeben, um die Gründe des Kursniedergangs zu identifizieren. Hat das bisherige Geschäftsmodell ausgedient und kommt nur die Schließung infrage, ist der Turnaround unwahrscheinlich. Nicht selten ist es jedoch der Fall, dass ein unfähiges Management fehlerhafte Entscheidungen getroffen hat und das Unternehmen dadurch in Turbulenzen geriet. Solche Fehler können durch einen Austausch der Führungskräfte behoben werden. Gerade bei bevorstehenden Umstrukturierungen spielt das Management eine entscheidende Rolle. Ein gezielter Austausch kann für neuen Aufwind sorgen.

Ein Kursdebakel muss jedoch nicht immer hausgemacht sein. Kürzlich war zu beobachten, wie findige Hedgefonds aus rechtlichen Grauzonen heraus Short-Angriffe auf Unternehmen wie Wirecard oder Ströer durchführten, wodurch es zu starkem Verkaufsdruck kam. Auch hier kann es sich lohnen, die Bilanzen zu studieren und sich ein eigenes Bild davon zu machen, ob die Attacken gerechtfertigt sind oder nicht. Das allerdings erfordert viel Sachkenntnis und Erfahrung, da die wirklichen Grausamkeiten - falls überhaupt erwähnt - gern im Kleingedruckten versteckt werden. Leichter hat man es als Anleger, wenn andere äußere Umstände wie wirtschaftliche Rahmenbedingungen oder die Preisentwicklung bestimmter Rohstoffe für den Kurseinbruch verantwortlich waren.

Hop oder top - wie nah steht das Unternehmen am Abgrund?

Beim Distressed-Ansatz geht es vornehmlich um die Frage, ob ein Unternehmen sich wieder erholen kann oder sich dem Schicksal ergeben muss. Dafür ist ein tieferer Blick in das Zahlenwerk notwendig. Das Augenmerk sollte sich dabei vor allem auf die Bilanz - und hier insbesondere auf die Verschuldungsstruktur - richten. Wie hoch sind die Schulden, wie groß ist der Anteil langfristiger Verbindlichkeiten, und wie viel Prozent müssen kurzfristig beglichen werden?

Als positives Zeichen gilt es, wenn die Finanzierungsstruktur möglichst langfristig ausgelegt ist, was dem Unternehmen Planungssicherheit ermöglicht. Angaben dazu lassen sich im Regelfall im Anhang einer Bilanz finden. Einen Anhaltspunkt bietet die sogenannte "Goldene Bilanzregel" zur Ermittlung des Working Capital, also des Kapitals, das benötigt wird, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Dabei werden die kurzfristigen Verbindlichkeiten vom Umlaufvermögen subtrahiert. Im Idealfall sollte hier ein positiver Wert herauskommen, denn ein negatives Working Capital deutet auf Liquiditätsengpässe hin. Ein positives Working Capital hingegen belegt, dass das Umlaufvermögen nicht nur kurzfristig, sondern zum Teil eben auch langfristig finanziert wird. Das Unternehmen verfügt somit über einen gewissen Grad an Flexibilität und läuft nicht Gefahr, Opfer einer Liquiditätsfalle zu werden. Generell gilt: Je höher das Working Capital, desto stabiler steht ein Unternehmen da.



Neun Kandidaten



Auf den folgenden Seiten stellt BÖRSE ONLINE neun Aktien vor, die für einen erfolgreichen Distressed-Ansatz infrage kommen. Nicht alle empfehlen wir zum Kauf, da es sich nach derzeitigem Stand um 50 : 50-Wetten handelt. Die Frage, ob Himmel oder Hölle, ist bei diesen Werten noch nicht eindeutig zu beantworten.

Solche Aktien sind klassische Fälle für eine Watchlist, die von Zeit zu Zeit überprüft werden sollte. Bei bestimmten Ereignissen - etwa überraschend starken Quartalszahlen, dem Einstieg eines Ankerinvestors oder einem Wechsel des Managements - können sie dann mitunter von der Beobachtungs- auf die Kaufliste wandern.

So unterschiedlich die neun Unternehmen auch sind - gemeinsam ist nahezu allen ein im Branchenvergleich niedriges Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) und ein überschaubarer Börsenwert, der es großen Investoren ermöglicht, relevante Positionen aufzubauen, um Druck zu machen.

Aixtron und die Sicherheitsmarge



Aktien kauft man am besten unterhalb ihres fairen Wertes. Die Differenz zwischen dem fairen Wert und dem Börsenkurs nennt man Sicherheitsmarge (englisch: Margin of Safety). Ansätze, um den fairen Wert zu ermitteln, gibt es viele. Da strauchelnde Unternehmen oft defizitär arbeiten, liefert das durchschnittliche Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) der Branche meist einen besseren Anhaltspunkt als das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Besonders vorsichtige Investoren greifen erst unterhalb des Liquidationswertes zu (Anlage- plus Umlaufvermögen eines Unternehmens abzüglich aller Schulden). Aber auch in solchen Fällen sollten mindestens 30 Prozent Abwicklungskosten als Sicherheitsmarge berücksichtigt werden. Da die Stimmung gegenüber infrage kommenden Aktien meist extrem negativ ist, lässt einen das Teufelchen im Kopf oft vergessen, dass man bei bestimmten Kursen eigentlich kaufen wollte. Daher ist es sinnvoll, eine Exceltabelle anzulegen, in der die potenziellen Einstiegskurse vermerkt sind. Oder den selbst ermittelten fairen Wert mit Fettstift auf den Geschäftsbericht zu schreiben.

Der unten abgebildete Chart zeigt die Ein- und Ausstiegsmarken eines fiktiven Investors, der Aixtron einen fairen Wert von fünf Euro je Aktie zubilligte und bei 3,50 Euro mit 30 Prozent Sicherheitsmarge einstieg. Typischerweise fiel der Kurs zunächst weiter. Wichtig ist es dann, durchzuhalten und sich nicht von der Marktstimmung anstecken zu lassen. Das Gleiche gilt, wenn der Kurs - bei Aixtron war das wegen Übernahmegerüchten der Fall - dreht und den fairen Wert übersteigt. Zumindest Value-Investoren verkaufen dann diszipliniert.





Avon: Opfer der Konkurrenz aus dem Internet



Das Unternehmen:

Der 1886 gegründete Kosmetikkonzern Avon beschreibt sich selbst als Unternehmen für Frauen. Den Vertrieb übernehmen Handelsvertreterinnen, die sogenannten "Avon-Ladies", die Produkte im Direct Selling an der Haustür oder auf eigens inszenierten Partys verkaufen. Dieses Modell wird durch bequeme Internetbestellungen torpediert.

Die Probleme:

Mit einem Jahresumsatz von mehr als elf Milliarden US-Dollar gehörte der Konzern einst zu den größten Kosmetikunternehmen weltweit. 2015 betrug der Umsatz nur noch 6,16 Milliarden Dollar. Das Eigenkapital ist aufgezehrt und inzwischen sogar negativ. Hinzu kommt, dass die administrativen Kosten aufgrund der vielen Vertriebspartnerinnen auf die Margen drücken.

Der Ausblick:

Die Private-Equity-Gesellschaft Cerberus, die sich mit über 600 Millionen Dollar beteiligt hat, ist auf Restrukturierungen spezialisiert. Das flaue US-Geschäft wurde abgespalten. Zukünftig will man sich vor allem auf Südamerika und Asien konzentrieren, wo Direct Selling noch funktioniert. Hinzu kommt die finanzielle Umstrukturierung. Kurz laufende Anleihen mit Fälligkeitsterminen von 2018 bis 2020 will man vorzeitig ablösen. Stattdessen konnte Avon eine neue Anleihe über 500 Millionen Dollar mit längerer Laufzeit problemlos am Markt platzieren. Das zeigt das Vertrauen großer Investoren und gibt Planungssicherheit.





Banca Monte dei Paschi: 50 : 50-Wette mit ungewissem Ausgang



Das Unternehmen:

Die italienische Banca Monte dei Paschi gehört als ältestes Bankhaus der Welt zu den größten Sorgenkindern der aktuellen Schuldenthematik in Europa. Es handelt sich um ein hochriskantes Papier, bei dem am Ende auch der Totalverlust stehen könnte.

Die Probleme:

Seit Ausbruch der Eurokrise, die den Heimatmarkt Italien heftig traf, kannte die Aktie nur eine Richtung: gen Süden. Unser Stoppkurs bei 0,20 Euro ist nahezu erreicht. Vor allem die hohe Anzahl fauler Kredite sorgt für Kopfzerbrechen. Das Verhältnis nicht profitabler Vermögenswerte zum gesamten Vermögen liegt bei hohen 27,2 Prozent. Zum Vergleich: Selbst bei Mitbewerbern wie Unicredit und Deutsche Bank liegen diese Werte nur bei 8,9 beziehungsweise 0,4 Prozent. Obendrein hat Monte Dei Paschi die geringsten Reserven aller von der EZB beobachteten Banken. Eine gefährliche Mischung, die dazu führte, dass die Gesellschaft beim jüngsten Stresstest den letzten Platz belegte.

Der Ausblick:

Bei der bereits 1472 gegründeten Traditionsbank handelt es sich um einen spekulativen Kandidaten, bei dem man auf Pleite oder Fortbestehen setzt. Für einen Verbleib spricht der unterschwellige Wille des italienischen Präsidenten Renzi, der aktuell händeringend nach Lösungen sucht. Eine erste Finanzierung durch ein Bankenkonsortium scheint zu stehen. Es bleibt spannend.





J. C. Penney: Ein kleiner Schritt bis zur Gewinnzone



Das Unternehmen:

J. C. Penney buhlt unter anderem mit Walmart um die Gunst der Kunden im US-Einzelhandel. Das 1902 gegründete Unternehmen mit seinen heute über 105 000 Mitarbeitern ist aus dem US-Alltag kam mehr wegzudenken.

Die Probleme:

Bereits 2014 hat man, wie sich heute herausstellt, die Talsohle erreicht. Verantwortlich dafür war vor allem ein veraltetes Konzept. Im Handelsgeschäft - insbesondere mit Textilien -, das generell von geringen Gewinnmargen -geprägt ist, kann es in Phasen schwacher Konjunktur schnell zu Problemen kommen. Ineffektive Prozessketten und das Verpassen neuester Trends brachten J. C. Penney in eine missliche Lage. 2014 betrug der Nettoverlust mehr als 1,3 Milliarden Dollar. Der mit 2,7 Milliarden Dollar ebenfalls dramatisch negative Cashflow ist ein deutliches Zeichen, dass Geld verbrannt wurde. Die Zeit des Traditionsunternehmens drohte abzulaufen.

Der Ausblick:

Im Sinne des amerikanischen Geistes hat man sich von den Problemen nicht unterkriegen lassen und die Ärmel hochgekrempelt. Effektivere Prozessketten, aggressiveres Marketing und drastische Kostensenkungen führten unterm Strich dazu, dass der Konzernverlust 2015 auf 513 Millionen Dollar sank. Über-raschenderweise steht das Unternehmen jüngeren Analystenschätzungen zufolge inzwischen wieder kurz vor dem Eintritt in die Gewinnzone.





Kontron: Neues Management unter Zugzwang



Das Unternehmen:

Das Augsburger Unternehmen Kontron zählt weltweit zu den größten Herstellern von Embedded-Computer-Technologien. Die Produkte sind kleine Elektronenhirne, die größere Maschinen steuern. Damit beliefert man ein breites Spektrum an Kunden, zu denen enge Geschäftsverbindungen bestehen. Das über die Jahre erworbene Know-how schützt vor neuen Konkurrenten.

Die Probleme:

Bereits 2010 ließen sich bei einem Kurs von über acht Euro erste Probleme erkennen. In den Folgejahren verschlechterten sich die operativen Ergebnisse zunehmend. Vor allem strukturelle Probleme wie hohe Kosten in der Verwaltung, aber zum Beispiel auch wenig effektive Prozessketten, unter anderem abzulesen an ineffizienter Lagerhaltung, waren die Gründe dafür. Nachdem man sich im Frühjahr noch optimistisch zeigte, musste man die Jahresprognose Ende Juli erneut einkassieren. Der sofortige Austausch des Managements war die logische Konsequenz. Jetzt mehren sich die Spekulationen über einen Verkauf.

Der Ausblick:

Das Vertrauen der Anleger ist stark gebeutelt. Der neue Vorstand hat noch einen langen Weg vor sich. Wenngleich der Auftragsbestand in der ersten Jahreshälfte rückläufig war, macht immerhin ein Auftragseingang mit einem Plus von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum etwas Hoffnung.





News Corp.: Print ist noch lange nicht tot



Das Unternehmen:

"Wall Street Journal", "Sun", "Sunday Telegraph", "New York Post" oder "Marketwatch.com" sind nur einige der Produkte aus dem Imperium des Medienmoguls Rupert Murdoch. Nach der Abspaltung von 21st Century Fox agiert das in Australien gegründete Medienunternehmen als Holding, die zahlreiche Marken unter ihrem Dach vereint. Die Angebote konzentrieren sich auf die Informationskanäle Print, TV und Online. Hauptsitz ist inzwischen Delaware/USA.

Die Probleme:

Im vergangenen Geschäftsjahr verbuchte man einen Verlust von fast 150 Millionen US-Dollar. Der Trend zu kostenlosen Nachrichten über Smartphones nimmt sukzessive zu. Vor allem das Printgeschäft ist auf dem Rückmarsch. Diesem generellen Trendwechsel muss News Corp. entgegenwirken.

Der Ausblick:

Die Ausgangslage ist offen. Das Internet, so viel steht fest, wird die zentrale Informationsplattform der Zukunft sein, wenn man sie nicht bereits heute als solche beschreiben darf. News Corp. ist mit Marken wie Market-watch.com etabliert. Die Frage wird sein, ob Kunden in Zukunft auch bereit sind, für Online-Inhalte Geld zu bezahlen. Positiv stimmen die führende Marktposition und die Tatsache, dass der Umsatz im ersten Halbjahr 2016 wieder leicht anzog. Die Konkurrenz wird aufgrund der geringen Hürden zunehmen und Marktanteile anfechten. Diese gilt es zu verteidigen.





Vale VZ.: Preisverfall scheint fürs Erste gestoppt



Das Unternehmen:

Vale aus Brasilien gehört zu den weltweit größten Rohstoffunternehmen und ist seit 1942 vor allem in Nordamerika, Europa und Asien aktiv. Die Zahl der Mitarbeiter liegt bei über 74 000.

Die Probleme:

Bei Vale kommen zwei wesentliche Aspekte zusammen. Zum einen sitzt der Konzern in Brasilien. Das Land war in der jüngeren Vergangenheit vom Wachstumspfad abgekommen. Hinzu kommt, dass Vale als Bergbauunternehmen eine hohe Korrelation zu den Entwicklungen an den Rohstoffmärkten aufweist. Sinkende Preise - beispielsweise für Kupfer - spiegeln sich somit auch in den Einnahmen des Unternehmens wider. Während der Konzern 2014 noch hohe Gewinne schrieb, führte der Preisverfall an den Rohstoffmärkten bereits ein Jahr später zu großer Bedrängnis.

Der Ausblick:

Die Rohstoffmärkte scheinen sich zu erholen, und auch die Lage an Brasiliens Börse stellt sich deutlich freundlicher dar als noch zu Jahresanfang. Die Verwaltungskosten wurden gesenkt und die Effektivität innerhalb der Lieferkette gesteigert. Wenn die Märkte für Eisen, Kupfer, Zink & Co nicht erneut einen drastischen Preisverfall verzeichnen, dürfte auch Vale auf kurz oder lang zurück in die Erfolgspur finden. Charttechnisch hat sich seit dem Januar-Tief bei 1,49 Euro ein klarer Aufwärtstrend herausgebildet, der trotz der jüngsten Verschnaufpause intakt geblieben ist.





Valeant Pharmaceuticals: Vom Analystenliebling zur Skandalnudel



Das Unternehmen:

Valeant ist ein kanadischer Pharmakonzern, der in den vergangenen Jahren eine expansive Wachstumspolitik verfolgte. Der einstige Liebling der Wall Street schluckte dabei ein Unternehmen nach dem anderen. Das hierzulande wohl bekannteste Übernahmeobjekt war 2013 für fast sieben Milliarden Euro der Kontaktlinsenhersteller Bausch & Lomb.

Die Probleme:

Valeant kam in große Bedrängnis, nachdem ein Researchhaus fragwürdige Rechnungslegungsmethoden unterstellte und der Vorwurf der Bilanzmanipulation im Raum stand. Hinzu kommt der schlechte Ruf, den das Unternehmen erntete, als US-Politiker der 1994 gegründeten Gesellschaft eine zu aggressive Preispolitik vorwarfen. In Verbindung mit den hohen Schulden für die zahlreichen Übernahmen führte das zu einem Kurseinbruch um fast 90 Prozent und zum Austausch des Vorstandsvorsitzenden.

Der Ausblick:

Der neue Kapitän Joseph Papa scheint das Ruder allmählich wieder unter Kontrolle zu kriegen. Die verspätet abgelieferten Quartalszahlen verfehlten zwar die Erwartungen, die Prognose fürs Gesamtjahr wurde jedoch bestätigt. Hedgefondsmanager Bill Ackman war vor dem Absturz an Bord und hält dem Unternehmen auch heute noch die Treue. Die Produktpipeline ist vielversprechend. In den vergangenen zwölf Monaten erwirtschaftete Valeant einen freien Cashflow von über zwei Milliarden US-Dollar.





Vallourec: Staat als Garant für Stabilität



Das Unternehmen:

Vallourec aus Frankreich gehört mit über 20 000 Mitarbeitern weltweit zu den führenden Anbietern von Bohrgestängen und Stahlrohren. Neben großen Industrieunternehmen bedient man vor allem Kunden aus dem Ölsektor.

Die Probleme:

Die größten Kunden hatten im Zuge des Ölpreisverfalls mit starkem Kostendruck zu kämpfen. Das schlug auch auf die der Nachfrage nach den Produkten der Franzosen durch und führte zu massiven Umsatzrückgängen.

Der Ausblick:

Die Chancen auf eine Erholung bei Vallourec stehen gut. Dafür sprechen drei wesentliche Aspekte. Zum einen konnte die Gesellschaft vor Kurzem durch die Platzierung von Bezugsrechten und Wandelanleihen fast eine Milliarde Euro an frischem Kapital einsammeln. Besonders beeindruckend ist der Fakt, dass die Auktion zu 160 Prozent überzeichnet war, man also noch fast 600 Millionen Euro mehr hätte einnehmen können. Darüber hinaus scheint der Ölpreis nach rasanter Talfahrt einen Boden auszuloten. Branchenexperten rechnen damit, dass die Talsohle durchschritten ist und sich die Unternehmen an die neue Realität gewöhnen. Sollte der Ölpreis sogar steigen, würde dies zusätzlich Auftrieb erzeugen. Zu guter Letzt ist der französische Staat mit seiner Investitionsbank Bpifrance mit über 15 Prozent größter Aktionär. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Vallourec nicht in die Insolvenz schlittern wird.





Wienerberger: Ton, Steine, Scherben, und dann noch Brexit



Das Unternehmen:

Bereits seit fast 200 Jahren ist Wienerberger in der Produktion von Ziegeln, Tondachprodukten, Betonflächenbefestigungen und Rohrsystemen aktiv. Ein konservatives Geschäftsmodell, das sich nur so lange gehalten hat, weil die Daseinsberechtigung der Produkte voll und ganz gegeben ist.

Die Probleme:

Das österreichische Unternehmen schrieb von 2010 bis 2014 Verluste, die sich in der Spitze auf mehr als sieben Prozent des Umsatzes beliefen. Generell ist die Baubranche von niedrigen Margen geprägt. Bei Wienerberger kam es zusätzlich zu Wertminderungen und Firmenwertabschreibungen sowie notwendigen Rückstellungen für eine Kartellstrafe. 2014 wirkte sich dies mit fast zehn Prozent des Umsatzes äußerst negativ auf das Nettoergebnis aus. Unser zuletzt angegebener Stoppkurs von 13,50 Euro wurde kurzfristig unterschritten.

Der Ausblick:

Die Probleme sind zum Teil hausgemacht und somit zu beheben. Das oberste Management hat dies bisher unbeschadet überstanden. Zehn Prozent der Umsätze stammen aus Großbritannien. Mit Hinblick auf den Brexit bleibt abzuwarten, ob es neuen Gegenwind von der Insel gibt. Weitere zehn Prozent stammen jeweils aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden. Für diese Märkte prognostiziert der Branchenverband Euroconstruct bis 2018 Wachstumsraten von zwei bis vier Prozent.