Zur Begründung für seine Zuversicht verwies Wirecard-Chef Braun auf die ersten Zwischenergebnisse nach dem Start der Kooperation. Danach hätten Händler, die Alipay zur Bezahlung akzeptieren würden, binnen weniger Wochen rund 90 Prozent höhere Umsätze mit chinesischen Touristen erzielt als vor Einführung von Alipay. Zudem liege der durchschnittliche Umsatz pro Bezahlvorgang bei über 500 Euro. Bei Kreditkarten-Transaktionen liege die Rechnung dagegen im Schnitt gerade bei 60 bis 70 Euro.

Alipay ist in China vor allem für sein mobiles Bezahlsystem bekannt. Dabei wird in der Smartphone-App ein Barcode generiert, an der Kasse gescannt, geprüft und die Zahlung dann frei gegeben. Nach eigenen Angaben verfügt die Alibaba-Tochter bislang über 450 Millionen Kunden. Sie können mit Alipay von unterwegs aber nicht nur bezahlen, sondern auch ihren Kontostand checken, eine Versicherung abschließen oder einen Kredit beantragen.

Nun soll das mobile Bezahlsystem Alipay-Kunden auch in Europa zur Verfügung stehen. Dabei wickelt Wirecard die Transaktionen ab und kassiert dafür Gebühren.

Urlauber aus dem Reich der Mitte gelten in der Branche als besonders zahlungskräftig. Chinesische Kunden verfügten über eine "sehr hohe Kaufkraft", sagte etwa Benjamin Ritschel von Lufthansa-Tochter Miles & More. Schätzungen zufolge hätten chinesische Touristen bei ihren Trips nach London, Paris, Venedig oder Berlin alleine 2014 rund 21 Milliarden Dollar ausgegeben. Und dies sei noch längst nicht das Ende, machte Alipay-Europachefin Rita Liu deutlich.

Schon jetzt könnten Chinesen etwa an rund 70 Shops am Flughafen München mit Alipay bezahlen. Auch der Haushaltswarenhersteller WMF und die britische Handelskette Body Shop unterstützten das System. Nun sollen rasch zahlreiche weitere Händler hinzukommen.

In den Prognosen für 2017 sei die Alipay-Kooperation bereits berücksichtigt, sagte Braun. Allerdings habe man "sehr konservativ" geplant.

Wirecard weist Spekulationen über Einstieg von Alipay zurück

Zugleich trat Braun Spekulationen um eine mögliche Kapital-Beteiligung von Alipay an Wirecard entgegen. Entsprechende Gerüchte "weisen wir zurück", sagte Braun auf Nachfrage von BÖRSE ONLINE. Alipay sei "eine operative Partnerschaft, die man weiter intensivieren" werde.

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Einschätzung der Redaktion



Wirecard hat mit Alipay einen viel versprechenden Partner gefunden. Die Alibaba-Tochter ist auf dem Milliardenmarkt in China ein Riese - und extrem ambitioniert. Alipay setzt nicht nur auf reine Zahlungsabwicklung, sondern unterstützt angeschlossene Händler mit Marketing-Aktionen wie ortsbasierten Promo-Codes. Daher ist das Unternehmen im Handel sehr beliebt.

Die Kooperation mit Wirecard eröffnet den Chinesen den Zugang zum wichtigen europäischen Markt. Zudem dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Alipay sein Angebot auch für europäische Nutzer öffnet. Umgekehrt erhält Wirecard mit Alipay einen weiteren wichtigen Partner für den wachstumsträchtigen asiatischen Markt.

Hier liegt mittelfristig noch reichlich Potenzial. Im laufenden Jahr peilt Wirecard ein operatives Ergebnis (Ebitda) rund 298 bis 312 Millionen Euro an. 2017 erwartet das Unternehmen einen großen Satz nach vorne. Dann soll das Ebitda auf 382 bis 400 Millionen Euro zulegen. Wirecard ist für seine konservativen Prognosen bekannt. Mobile Bezahllösungen liegen im Trend. Wirecard ist hier hervorragend positioniert. Weitere Prognoseanhebungen wären nicht allzu überraschend. Auch charttechnisch ist alles im grünen Bereich. Fällt das bisherige Allzeithoch bei knapp 49 Euro, ist der Weg für weitere Kursgewinne frei. Wir bleiben bei unserer Empfehlung: Kaufen.

Kursziel: 60 Euro

Stopp: 35 Euro