Technologie-Aktien haben zuletzt deutlich zugelegt. Doch nach Einschätzung von Goldman Sachs droht nun ein Rückschlag.
Die Nasdaq schwebte zuletzt in Euphorie. Nvidia, Meta und die anderen Mag 7-Werte haben sich im zweiten Quartal eindrucksvoll zurückgemeldet – zweistellige Kursgewinne, als hätte es den Frühjahrs-Crash nie gegeben.
Doch ausgerechnet in dieser scheinbar unaufhaltsamen Aufwärtsbewegung schlägt Goldman Sachs nun leise Alarm. „Melt-up“ nennt der US-Investmentriese den Zustand des Tech-Markts – ein schleichender, irrationaler Anstieg, der oft ein böses Erwachen nach sich zieht.
Goldman-Topanalyst warnt vor „Unruhe unter der Oberfläche“
Peter Callahan, Technologie-, Medien- und Telekommunikationsspezialist bei Goldman Sachs, erkennt nach der massiven Rallye der vergangenen zwei Monate erste Risse an der Nasdaq. Sein Warnsignal: Die hauseigene Momentum-Strategie – long in die Top-Performer, short die Nachzügler – hat binnen weniger Tage 7,5 Prozent verloren. Ein Indikator, der in der Vergangenheit oft Wendepunkte signalisierte.
Tatsächlich haben einige der bisherigen Zugpferde der Nasdaq-Rallye wie Netflix, Spotify oder Broadcom in den letzten drei Handelstagen deutlich Federn gelassen. Auch Qualitätsaktien wie Costco oder GE – lange als sichere Häfen gehandelt – hinken in der Wochen- und Monatsbilanz zunehmend hinterher. Callahan spricht daher von „Unruhe unter der Oberfläche“.
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Warum Goldman jetzt bremst
Dabei hatte sich das Umfeld zuletzt aufgehellt: Die Gespräche zwischen den USA und China endeten in konstruktivem Ton, die jüngsten Inflationszahlen fielen besser aus als erwartet, und auch die Stimmung unter Small Caps – lange Underperformer – hat sich zuletzt sichtlich verbessert.
Doch genau diese neue Sorglosigkeit könnte trügen. Callahan betrachtet den jüngsten Aufschwung als taktischen „Newsflow-Squeeze“: zu viele gute Nachrichten auf einmal, in einem zu kurzen Zeitfenster. Bleiben neue Impulse nun aus – Quartalsende, Sommerloch, fehlende Konjunktur-Updates – droht die Rallye ins Leere zu laufen.
Dreht der Markt im Sommer?
Besonders auffällig: Die Marktbreite kippt. Small Caps schlagen plötzlich die Big Techs. Zykliker outperformen defensive Titel. Und sogar unprofitable Tech-Werte laufen besser als die „Quality Darlings“. Ein klassisches Zeichen dafür, dass Investoren beginnen, ihre Wetten umzuschichten – raus aus dem, was gut gelaufen ist, rein in das, was zurückgeblieben war.
Was heißt das für Anleger? Die Geschichte lehrt: Wenn Momentum-Strategien plötzlich ins Straucheln geraten, ist Vorsicht geboten. Nicht selten folgen auf solche extremen Bewegungen abrupte Korrekturen. Der CBOE-Volatilitätsindex (VIX), der weiter fällt, suggeriert indes eine trügerische Ruhe. Callahan sieht das anders – für ihn ist die Nervosität bereits da, nur noch nicht in den Kursen angekommen.
Zwischen Euphorie und Ernüchterung
Die überhitzte Stimmung bei Nvidia und Co. erinnert an ähnliche Phasen: 1999, 2021 – oder den Jahresbeginn 2024. Doch während die makroökonomischen Daten aktuell eine sanfte Landung der US-Wirtschaft nahelegen, bleibt das politische Umfeld fragil: Trumps erneute Attacken auf die Fed, das heikle Tarifthema mit China, geopolitische Spannungen rund um Iran – all das könnte die Märkte schneller auf dem falschen Fuß erwischen, als es den Anlegern lieb ist.
Goldman Sachs sendet daher ein klares Signal: Der Moment, sich defensiver zu positionieren, könnte gekommen sein. Noch dominieren Gier und Wachstumsfantasie. Doch an der Wall Street gilt: Wer zu spät verkauft, den bestraft der Drawdown.