Einige Anwälte seien noch nicht bereit, einzulenken. Die Zahlungen für die beigelegten Fälle dürften je zwischen einigen Tausend Dollar und einigen Millionen Dollar liegen. Noch sei aber keine Vereinbarung unterschrieben worden und der Aufsichtsrat von Bayer müsse auch noch zustimmen. Im Juni werde der Konzern die Einigung voraussichtlich bekanntgeben.
Bayer-Aktien legten nach dem Bericht um fast sieben Prozent auf 61,58 Euro zu. In den USA sah sich der Konzern zuletzt mit rund 52.500 Klägern wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des glyphosathaltigen Unkrautvernichters Roundup konfrontiert. Ein Unternehmenssprecher erklärte, Bayer habe in den Mediationsgesprächen Fortschritte erzielt. "Aber dieser Prozess bleibt auch weiterhin vertraulich. Daher wird das Unternehmen nicht über Ergebnisse oder den Zeitpunkt eines Vergleichs spekulieren." Der Konzern werde eine Lösung dann in Betracht ziehen, wenn diese wirtschaftlich sinnvoll und so strukturiert sei, dass künftige Rechtsstreitigkeiten zu einem Abschluss gebracht werden, bekräftigte er.
Bloomberg berichtete von geschätzt 125.000 Klagen in den USA, Bayer teilte aber mit, dass diese Zahl eine beträchtliche Anzahl potenzieller Kläger umfasst, deren Klagen noch nicht eingereicht oder zugestellt wurden. Der Konzern gehe aber davon aus, dass die Zahl der Glyphosat-Klagen weiter steigen wird.
ANWÄLTE SOLLEN NICHT MEHR AUF KUNDENFANG GEHEN
Der US-Staranwalt Ken Feinberg versucht seit Monaten, eine außergerichtliche Einigung zwischen Bayer und den US-Klägern zu erreichen, die den Konzern nach Einschätzung von Analysten zwischen acht und zwölf Milliarden Dollar kosten könnte. Die Klagewelle hat sich der Konzern mit dem 63 Milliarden Dollar schweren Kauf des Glyphosat-Entwicklers Monsanto ins Haus geholt. Ende August rechnet Vorstandschef Werner Baumann mit einer Entscheidung im ersten Berufungsverfahren in den USA.
Wie Bloomberg weiter unter Berufung auf mit den Verhandlungen vertraute Personen berichtete, will Bayer acht Milliarden Dollar für die Lösung aller aktuellen Fälle bereitstellen. Weitere zwei Milliarden Dollar sollen für künftige Klagen auf die Seite gelegt werden. Der Unkrautvernichter Roundup soll in den USA weiter für den Einsatz in Gärten und landwirtschaftlichen Betreiben ohne Sicherheitshinweis verkauft werden. Das sei überraschend, sagte Analyst Markus Mayer von Baader Helvea. Er von einem Verkaufsverbot an Privatanwender ausgegangen. Die Kanzleien sollen sich dem Bericht zufolge zudem dazu verpflichten, künftig nicht mehr um neue Kunden zu werben und neue Kläger anzunehmen. Reuters hatte bereits im Februar berichtet, dass Bayer einem Insider zufolge eine Art Stillhalte-Abkommen mit den Anwälten anstrebt, die die US-Kläger vertreten. Die Kanzleien sollen auf Werbeanzeigen verzichten, um in Sachen Glyphosat auf Kundenfang zu gehen.
Normalerweise führen Vergleiche bei Klagen wegen Arzneien oder Verbrauchsgegenständen dazu, dass die Produkte mit einem Warnhinweis versehen oder ganz vom Markt genommen werden. Das verhindert weitere Klagen in der Zukunft und macht die Kosten und Risiken vorhersehbar. Doch beides ist für Bayer keine Option: Die glyphosathaltigen Roundup-Produkte, die sich das Unternehmen für Milliarden durch die Übernahme von Monsanto eingekauft hat, sollen auf dem Markt bleiben. Sie spielen eine zu wichtige Rolle in der Produktpalette. Und Warnhinweise vor möglichen Krebsgefahren hatte die US-Umweltbehörde EPA selbst verboten, da dies nach ihrer Einschätzung eine falsche Behauptung ist.
rtr