Denn hinter den Kulissen bastelt er längst an der neuen Strategie, die er dem Aufsichtsrat bis Jahresende präsentieren muss. Im Vergleich zum ebenfalls neuen Deutsche-Bank-Chef John Cryan hat Bäte dabei einen großen Vorteil: Der Konzern ist keine Großbaustelle, auf der die Fortschritte in keinem Verhältnis zu den Kosten stehen, sondern liefert verlässlich zweistellige Milliardengewinne ab.

Der Allianz-Chef kann also in aller Ruhe überlegen, welche Akzente er setzen will und wo er künftig Wachstumschancen sieht. "Eine äußerst luxuriöse Ausgangslage", fasst es ein Analyst zusammen.

Das bedeutet freilich nicht, dass Bäte nicht auch Probleme zu lösen hätte, wie Analyst Frank Kopfinger von der Commerzbank hervorhebt. "Prioritäten sind aus meiner Sicht Pimco, das Thema Kapitalmanagement und die Suche nach einem ausgewogenen Produktmix in der Lebensversicherung. Die Allianz darf sich nicht zu abhängig vom Zinsumfeld machen."

Die auf Anleihen spezialisierte US-Fondstochter Pimco ist schon länger das Sorgenkind im Konzern. Denn deren einstiger Vorzeigefonds Total Return verliert nun schon seit mehr als zwei Jahren Kundengelder, weil die Produkte wegen der Zinsflaute weniger gefragt sind und Personalquerelen zusätzlich für Unruhe unter den Anlegern gesorgt haben. Dass sich die Mittelabflüsse zuletzt abschwächten, ist nur ein kleiner Trost, denn der Ruf ist angekratzt. Bäte muss dafür sorgen, dass Pimco wieder glänzt, damit die Vermögensverwaltung im Konzern nicht einbricht.

Denn mit ihr hat sich die Allianz ein wichtiges zweites Standbein neben dem klassischen Versicherungsgeschäft aufgebaut. Hier werden im aktuellen Niedrigzinsumfeld ebenfalls Antworten gesucht. Die Entwicklung von Lebensversicherungsprodukten ohne feste Zinsgarantien ist dabei nur ein Aspekt.

Experten halten es außerdem für dringend geboten, dass die Allianz den traditionellen Vertrieb über Filialen wegen der hohen Kosten zurückfährt und dafür mehr in die Digitalisierung ihrer Dienstleistungen investiert.

KEINE VORSCHUSSLORBEEREN



Der Zahlenmensch Bäte, der einst von McKinsey kam und 2008 quasi ohne "Stallgeruch" direkt in den Allianz-Vorstand einzog, gilt vielen als perfekter Mann für einen strengeren Blick auf die Kosten. Er selbst bemühte sich in den vergangenen Jahren zwar, das Image des kühlen Rechners abzulegen, wie Insider berichten. Aber das rauere Umfeld könnte den 50-Jährigen doch zu manchen Sparmaßnahmen zwingen. Vorgänger Michael Diekmann hat es in seinen Anfangsjahren vorgemacht.

An der Börse bekommt Bäte bislang keine Vorschusslorbeeren: Die Allianz-Aktie hat seit dem 7. Mai, seinem ersten Tag im Chefsessel, 2,4 Prozent verloren. Dagegen notiert der Dax stabil, der europäische Branchenindex legte sogar um 3,3 Prozent zu.

Ob die Quartalszahlen am Freitag für ein Kursfeuerwerk reichen, ist ungewiss. Manche Analysten wie Michael Huttner von JP Morgan erwarten wegen ausbleibender großer Naturkatastrophen im Frühjahr einen deutlichen Sprung beim Gewinn, andere wie Kopfinger von der Commerzbank sind da etwas vorsichtiger. Im Schnitt prophezeihen die Experten einen Nettogewinn von 1,85 Milliarden Euro, nach knapp 1,8 Milliarden vor einem Jahr.