An den Börsen haben sich die Anleger entschieden: Chipentwickler AMD, der weitaus kleinere Rivale und Nachbar des Halbleiterriesen Intel im kalifornischen Santa Clara, ist klarer Favorit der Investoren. Das sehr starke zweite Quartal und die Erhöhung der Prognose für das Gesamtjahr feierte die Börse soeben mit einem deutlichen Kursplus. AMD-Chefin Lisa Su stellt nun für das Jahr 32 Prozent mehr Umsatz, rund 8,9 Milliarden Dollar, in Aussicht. Bisher waren 8,1 Milliarden Dollar das Ziel.

Anders als der bisher in seinen Märkten dominierende Konkurrent Intel beschränkt sich AMD auf die Entwicklung sogenannter Mikroprozessoren. Das sind Chips für die zentrale Steuerung von PCs, Laptops und Servern in Rechenzentren. Die kostenintensive Produktion der Chips überlassen die Kalifornier dabei Spezialisten wie dem global führenden Fertigungsdienstleister Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC). Intel, deren Basisarchitektur auch AMD nutzt, leistet sich hingegen eine eigene Fertigung. Für den Giganten lag darin jahrzehntelang ein großer Vorteil, hinsichtlich der eigenen Technologie bei der Leistung der Chips - und letztlich bei den Gewinnmargen. Doch nun wendete sich das Blatt offenbar zugunsten des Rivalen.

Verflixte Sieben

AMD profitiert seit geraumer Zeit davon, dass Dienstleister TSMC in der Chipfertigung mit Abstand führend ist. Intel hingegen machen Verzögerungen zu schaffen. Ihre aktuell beste Technologie mit Strukturgrößen von zehn Nanometern wollten die Kalifornier ursprünglich 2017 einführen. Erst jetzt läuft sie auf Hochtouren. Den nächsten technologischen Sprung auf sieben Nanometer hat Intel soeben um ein Jahr auf 2022 verschoben.

Von Experten hagelt es Kritik. "Damit wurde auch der Rest des schon geringen Vertrauens aufgebraucht", murrt etwa Stacy Rasgon, Analyst der US-Bank Sanford C. Bernstein. Konsequenz: Murthy Renduchintala, Intels Chef der Technologiesparte, muss gehen. Der Bereich wird umgebaut. Auch an der Börse ist der Primus stark unter Druck.

Anleger trauen der kleineren AMD jetzt zu, Intel dauerhaft Marktanteile abzuluchsen. Während der nächsten vier Jahre rechnen Analysten bei AMD mit im Schnitt über 20 Prozent Umsatzplus pro Jahr. Beim Gewinn wird der Zuwachs für 2020 und 2021 auf 60 respektive 50 Prozent geschätzt. Danach soll das Plus hier über 30 Prozent liegen.

Neben Mikroprozessoren hat AMD auch Grafikchips für die Spielekonsolen von Microsoft und Sony im Portfolio. 2006 hatten die Kalifornier mit dem Kauf des Nvidia-Rivalen ATI ihr Portfolio erweitert.

Die promovierte Elektrotechnikerin Su hat erheblichen Anteil am Aufstieg des Intel-Rivalen. Seit 2014 steht sie an der Spitze des Hightechunternehmens, zuvor war sie für das Tagesgeschäft verantwortlich.

Die US-Amerikanerin erhielt ihren Doktortitel am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und hat selbst Verfahren zur Chipherstellung entwickelt. Mit der Branche ist die 51-Jährige somit bestens vertraut. Sie dürfte AMD künftig weiter voranbringen, vor allem wenn Intels bisheriger Vorteil der eigenen Fertigung zur Bürde wird.

Auftragsfertiger TSMC fertigt inzwischen Computerchips mit nur sechs Nanometer Leiterbahndurchmesser. AMD hat für das nächste Jahr bereits 200.000 Siliziumscheiben für Chips der weltweit führenden Technologie geordert.

Höhenflug: AMD verfügt über ein attraktives Chip-Portfolio und profitiert von Intels Schwäche. Für Risikofreudige.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 75,00 Euro
Stoppkurs: 45,00 Euro