Die Corona-Pandemie und die weltweiten Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung haben Spuren hinterlassen. Vor allem der Dienstleistungsbereich rund um Freizeit, Tourismus und Gastronomie geriet durch die Lockdowns massiv unter Druck, und manche Unternehmen mussten Verluste in Milliardenhöhe verbuchen. Der globale Tourismus etwa erlebte 2020 sein schlechtestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut Daten der Welttourismusorganisation (UNWTO) gingen die internationalen Ankünfte um 74 Prozent zurück. Zum Vergleich: Während der Weltwirtschaftskrise 2009 wurde ein Rückgang von nur vier Prozent verzeichnet.

Mit der Einführung der Impfstoffe geht es jedoch wieder aufwärts, und in vielen Ländern stehen die Zeichen auf Lockerungen. Nach Analysen der Beratung Strategy& ist für 2021 in Europa ein BIP-Anstieg um 5,5 Prozent zu erwarten. Die Öffnungen werden wahrscheinlich langsam und schrittweise erfolgen, aber es ist damit zu rechnen, dass zumindest im zweiten Halbjahr 2021 das Leben langsam wieder zur Normalität zurückkehrt. Für die Aktien vieler Unternehmen, die bisher stark unter der Corona-Krise gelitten haben, bietet das Aufholpotenzial. Für Anleger sind dabei besonders Werte aus der "zweiten Reihe" interessant, die nicht so stark im medialen Fokus stehen wie etwa Lufthansa, Carnival & Co.

Besonders Reise- und Freizeitaktien kommen der wiederkehrende Optimismus und ein gewisser Nachholbedarf zugute. Zum Beispiel verzeichnete Reiseveranstalter TUI über Nacht einen Buchungsanstieg von rund 500 Prozent, nachdem der englische Premierminister Boris Johnson für den Sommer das Ende aller Corona-Maßnahmen in Aussicht gestellt hatte. Viele Unternehmen liegen noch weit unter dem Niveau von vor der Pandemie, doch der Reisesektor beginnt sich langsam zu erholen. Das zeigt sich auch an den Entwicklungen der Aktienkurse.

So geht es auch bei einigen Fluggesellschaften aufwärts. Der Kurs für Papiere der britischen Airline Easyjet etwa lag im März 2020 noch bei einem Tief von 4,48 Euro. Etwas mehr als ein Jahr später hat sich der Kurs mehr als verdoppelt. Auch der US-amerikanische Billigflieger JetBlue verzeichnet seit etwas mehr als einem Jahr eine deutliche Kurserholung. Der entscheidende Vorteil der Billigflieger: Ihr Erholungspotenzial ist größer als das der Branchenschwergewichte, da sie vor allem kürzere Strecken für Privatreisende bedienen. Die Lufthansa dagegen zählt viele Geschäftskunden. Während der Pandemie stellten Unternehmen jedoch auf Videokonferenzen um. Die geschäftliche Reisetätigkeit wird wohl auch in Zukunft niedriger ausfallen, allein schon weil Unternehmen die Reisekosten sparen wollen.

Doch nicht nur bei den Airlines, auch in anderen Bereichen lohnt ein Blick in die zweite Reihe. Das US-amerikanische Tourismusunternehmen Vail Resorts zum Beispiel kommt bis jetzt relativ gut durch die Krise. Das auf Skiurlaube spezialisierte Unternehmen betreibt 34 Resorts in Nordamerika und sicherte sich im Lockdown durch vorverkaufte Season-Passes seinen Cashflow, sodass sich keine Stornoprobleme stellten. Damit fielen die Verluste geringer aus als erwartet. Auch die aktuellen Besucherzahlen geben Anlass zu Optimismus: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Besuche bis zum 7. März 2021 nur um rund acht Prozent gesunken - trotz anhaltender Pandemie und Reisebeschränkungen.

Das zeigt: Die Öffnung der Wirtschaft bietet Chancen für Anleger, und es lohnt durchaus ein Blick in die zweite Reihe. In den Branchen, die am härtesten von den Corona-Maßnahmen betroffen wurden, gibt es die größten Aufholchancen. Trotzdem ist zu beachten: Diese Unternehmen sind nach wie vor anfällig, sollte es Rückschläge bei der Bekämpfung der Pandemie geben.

 


Brian O’Reilly

O’Reilly ist Head of Investment Strategy bei Mediolanum International Funds, der irischen Vermögensverwaltungsgesellschaft der Mediolanum Banking Group mit mehr als 49 Milliarden Euro Assets under Management. Unter den drei Dachfonds Mediolanum Best Brands, Mediolanum Challenge Funds und GAMAX Funds FCP bietet das Investmenthaus mehr als 60 verwaltete Fonds für Anleger an.


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