Nach den Kursturbulenzen der vergangenen Wochen setzen Börsianer auf eine Jahresendrally. Eine Voraussetzung ist nach Meinung der Experten, dass die US-Notenbank Fed klare Signale sendet, ob sie die lang erwartete Zinswende angeht oder auf die lange Bank schiebt. Ein Kursfeuerwerk erwarten sie aber nicht, da der Rückenwind von Konjunkturdaten und Firmenbilanzen fehle.

Für Sarah Brylewski, Finanzmarkt-Expertin des Brokerhauses Ayondo steht die Börsenampel auf grün, obwohl Anleger weitere Rückschläge befürchteten. "Doch genau an dieser Mauer der Angst entlang ist der Markt häufig gestiegen, als Blaupause darf das Jahr 2011 herangezogen werden." Damals brach der Dax im dritten Quartal um 25 Prozent ein und legte bis zum Jahresschluss wieder etwa sieben Prozent zu. Im abgelaufenen Vierteljahr büßte der deutsche Leitindex knapp zwölf Prozent ein, in der alten Woche gab er 1,4 Prozent nach.

"Der Mix für eine Rally stimmt", betont Brylewski. Die Nervosität der Anleger sei trotz der Volkswagen -Affäre um manipulierte Diesel-Abgaswerte und der Spekulationen um eine Abkühlung der Weltwirtschaft nicht mehr so stark wie noch im August. Außerdem stabilisierten sich die Preise wichtiger Rohstoffe wie Rohöl oder Kupfer.

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HAUPTGESPRÄCHSTHEMA US-GELDPOLITIK



Entscheidend für die Kursentwicklung der kommenden Wochen und Monate bleibt aber die US-Geldpolitik. Deshalb warten Börsianer gespannt auf die Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung. Davon erhoffen sie sich Hinweise, ob der US-Leitzins noch vor dem Jahreswechsel angehoben wird. Nach überraschend schwachen Arbeitsmarktdaten am Freitag schwindet die Aussicht auf eine rasche Zinswende. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass die Fed zumindest in diesem Monat ihre Politik des billigen Geldes noch nicht beendet. Andere Experten halten sogar einen Aufschub bis März 2016 für möglich. Besonderes Augenmerk der Anleger gilt daher den Auftritten des Chefs der Fed von San Francisco, John Williams, am Dienstag und Donnerstag. Er gilt als enger Vertrauter der US-Notenbankchefin Janet Yellen.

MAUE KONJUNKTURDATEN UND FIRMENBILANZEN ERWARTET



Bei den Konjunkturdaten achten die Anleger vor allem auf die Stimmungsbarometer der Einkaufsmanager aus Deutschland und der Euro-Zone. Hier interessiert besonders, ob und wie sich "Dieselgate" niedergeschlagen hat. Einer Umfrage des Verband der Börsenprofis DFVA zufolge gehen 83 Prozent der befragten Mitglieder davon aus, dass die VW-Manipulationen keine oder nur geringe Auswirkungen auf die Geschäfte anderer Unternehmen haben.

Börsianer warnen vor überzogenen Erwartungen an die anstehenden Geschäftszahlen der deutschen Unternehmen. Am Donnerstag legen der deutsche Zuckerproduzent Südzucker und der Verpackungshersteller Gerresheimer ihre Quartalsergebnisse vor. Am selben Tag läutet der Aluminiumkonzern Alcoa, der sich im kommenden Jahr aufspalten will, die Bilanzsaison der wichtigen US-Unternehmen ein. Er gilt aufgrund seiner breitgefächerten Kundschaft als gutes Barometer für den Zustand der amerikanischen Wirtschaft.

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STEINIGER WEG FÜR BÖRSENKANDIDATEN



Im Rampenlicht stehen zudem die Börsenaspiranten Covestro und Schaeffler. Die Bayer -Kunststoffsparte und der Continental -Großaktionär hatten ihre Debüts verschoben, weil Anleger wegen der Kursturbulenzen der vergangenen Wochen nur zögerlich zugriffen. Der Online-Anzeigenmarkt Scout24 schaffte es in der alten Woche zwar an die Börse, blieb aber auch am Tag nach dem Debüt unter seinem Ausgabepreis von 30 Euro.

Covestro will am Dienstag den Sprung auf das Parkett wagen, die Aktien wurden zu je 24 Euro zugeteilt und damit am oberen Ende der gesenkten Preisspanne. Einen Tag zuvor soll die Angebotsspanne für die Schaeffler-Titel bekanntgegeben werden. Ein neuer Termin für die Erstnotiz steht aber noch nicht fest.

Reuters