Wie so viele andere Aktienmärkte ist auch die Wall Street schwach in das neue Jahr gestartet. Auch an der Weltleitbörse haben die Kurse deutlich nachgegeben. Die Verluste haben dazu geführt, dass der S&P 500 Index inzwischen mit dem Vorjahrestief kämpft und damit um eine Verteidigung des zuletzt gültigen Seitwärtstrends. Fällt das Vorjahrestief nachhaltig, wäre das gleichbedeutend mit einem prozyklischen charttechnischen Verkaufssignal.

Die viel beachtete Investmentbank Goldman Sachs hat auf die jüngsten turbulenten Entwicklungen reagiert und unter Verweis auf die negativen Einflüsse durch die niedrigen Öl- und Energiepreise im Januar bereits die hauseigenen Gewinnschätzungen für die im S&P 500 Index vertretenen Unternehmen gesenkt. Für die Jahre 2015, 2016 und 2017 wurden die aggregierten Ergebnisprognosen um jeweils drei Dollar auf 106, 117 und 126 Dollar gesenkt. Auf dieser Basis wäre die Vorhersage für 2015 gleichbedeutend mit einem Gewinnrückgang von sieben Prozent, während für das laufende und das kommende Jahr demnach mit Gewinnsteigerungen von elf Prozent und acht Prozent gerechnet wird. Stimmt die Prognose, würde sich das Vorjahr in Sachen Gewinnentwicklung als das schwächste Jahr seit 2008 entpuppen.

Die nach unten korrigierten Ergebnisprognosen bedeuten aber nicht, dass Goldman Sachs pessimistisch für den US-Aktienmarkt gestimmt wäre. Analystin Abby Joseph Cohen beziffert den fairen Wert für den S&P 500 Index auf 2.100 Punkte. Damit ergibt sich verglichen mit dem Stand vom Mittwochabend von 1882,95 Punkten ein Aufholpotenzial von gut elf Prozent. Die jüngsten Kursturbulenzen führt Cohen auf emotionale Reaktionen der Anleger auf Ereignisse im Marktumfeld zurück. Wenn die Rahmendaten aber ins rechte Licht gerückt würden, dann spreche nach wie vor einiges dafür, dass Aktien noch immer der beste Platz für Investments seien.

Auf Einzelwerte-Ebene gilt das natürlich erst Recht für jene Werte aus dem von Goldman Sachs abgedeckten US-Aktien-Universum, denen die hauseigenen Analysten das größte Kurspotenzial zubilligen. Börse Online hat daraus jene fünf Titel herausgefiltert, die bei Auflage einer entsprechenden Studie den größten Abstand zu den Kurszielen aufwiesen und die auch mit einer Kaufempfehlung von Goldman Sachs ausgestattet sind. Das Aufwärtspotenzial bewegt sich dabei zwischen 40 Prozent und 81 Prozent.



Goldman Sachs US-Aktien-Kauffavorit mit dem größten Kurspotenzial, Nummer fünf: Kinder Morgan Inc. (WKN: A1H6GK, 14,22 Dollar, 13,06 Euro, alle Kurs- und Bewertungsabgaben beziehen sich auf den Stand vom 27. Januar)



Nach der Vorlage von Geschäftszahlen am 20. Januar nach US-Börsenschluss ist der Aktienkurs von Kinder Morgan in den beiden darauffolgenden Handelstagen um beeindruckende 27,7 Prozent nach oben geschossen. Klingt überzeugend, muss aber ins rechte Licht gerückt werden, um mit Blick auf die Aktie des Betreibers von Erdgas- und Erdöl-Pipelines und Tanklagern nicht den falschen Eindruck zu vermitteln. Denn es darf nicht vergessen werden, dass der Titel im April 2015 noch bei 44,57 Dollar notierte. Gemessen an dem noch am 20. Januar markierten Tief von 12,01 Dollar ergibt sich somit ein satter Rückgang von rund 73 Prozent.

Auch die jüngsten Quartalszahlen sind beileibe nicht so stark ausgefallen, dass Anleger deshalb in Jubelstürmen ausbrechen müssten. Denn mit einem Quartalsumsatz von 3,64 Milliarden Dollar wurde die Konsensschätzung der Analysten von 3,90 Milliarden Dollar verpasst. Das gilt erst Recht für das Ergebnis je Aktie. Hier musste nach einer hohen Abschreibung sogar ein Verlust von 0,29 Dollar je Anteilsschein ausgewiesen werden, während Analysten mit einem Gewinn von 0,18 Dollar gerechnet hatten.

Der anschließend trotzdem zu beobachtende Kurssprung nach oben, lässt sich damit erklären, dass in der tief gefallenen Notiz bereits sehr viel Negatives steckte, was auch in großen Shortpositionen zum Ausdruck kam. Außerdem hat der Ölpreis am Ende der Vorwoche zu einer markanten Gegenbewegung angesetzt, was den Aktien aus dem Energiesektor allgemein etwas auf die Sprünge half. Außerdem hörten es die Börsianer gerne, dass die Verantwortlichen bei Kinder Morgan Kürzungen bei den Ausgaben und den Schulden angekündigt haben und gleichzeitig eine höhere Dividende oder Aktienrückkäufe in Aussicht stellten. Dazu muss man auch wissen, dass eine im Dezember deutlich gekürzte Ausschüttung sehr negativ aufgenommen worden war.

Das Unternehmen, das sich selbst als größte Energie-Infrastrukter-Gesellschaft in Nordamerika bezeichnet und die Länge der betriebenen Pipelines auf rund 84.000 Meilen sowie die Zahl der Terminals auf 165 beziffert, kommt bei einer Hochrechnung des aktuellen Quartalsdividendenvorschlags von 0,125 Dollar auf eine Rendite von 3,5 Prozent. Gemessen an den Konsens-Gewinnschätzungen der Analysten für 2016 von 0,73 Dollar ergibt sich ein geschätztes KGV von 19,5.

Goldman Sachs hat das Kursziel kürzlich von 23 Dollar auf 20 Dollar gesenkt. Daraus errechnet sich theoretisch ein Kurspotenzial von 40,6 Prozent. Allerdings haben die Analysten bei diesem Wert nicht gerade ein glückliches Händchen bewiesen. Denn vor wenigen Monaten wurde das Kursziel noch auf 48 Dollar beziffert, bevor dann anschließend Stück für Stück bis auf das aktuell gültige Niveau zurückgerudert wurde.



Goldman Sachs US-Aktien-Kauffavorit mit dem größten Kurspotenzial, Nummer vier: Apple Inc. (WKN: 865985, 93,42 Dollar, 85,715 Euro)



Ins Trudeln geraten ist in den vergangenen Wochen und Monaten mit Apple ausgerechnet jener Titel, der den 2009 aufgenommenen Hausse-Zyklus lange entscheidend mitgeprägt hat. Doch Bedenken, ob bei all der Euphorie um die Tech-Ikone die große Erwartungshaltung in Sachen iPhone-Absätze vielleicht schon kurz- bis mittelfristig nicht mehr zu erfüllen sein wird, hat zu einem deutlichen Abrutschen von dem im Vorjahr bei 133 Dollar aufgestellten Rekordhoch geführt.

Dass diese Bedenken berechtigt waren, bestätigten die am Dienstag nach Börsenschluss gemeldeten neuen Geschäftszahlen. Beim Gewinn wurde im vierten Quartal zwar eine neue Bestmarke aufgestellt und auch die Analystenerwartungen konnten geschlagen werden, doch das Plus fiel für einen erfolgsverwöhnten Konzern wie Apple mit 1,9 Prozent auf 18,36 Milliarden Dollar gering aus. Beim iPhone-Absatz blieb man sogar hinter den Erwartungen zurück. Von Anfang Oktober bis Ende Dezember wurden 74,8 Millionen Geräte verkauft. Der Der daraus resultierende Zuwachs betrug lediglich 0,4 Prozent und war damit so niedrig wie nie seit der Markteinführung vor neun Jahren. Vor einem Jahr betrug das Absatzplus noch 46 Prozent.

Aus Anlegersicht noch ernüchternder ist der Ausblick ausgefallen. Für das laufende Vierteljahr rechnet Apple mit Erlösen von 50 bis 53 Milliarden Dollar gegenüber 58 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal. Bleibt es dabei, wäre das der erste Umsatzrückgang seit mehr als einem Jahrzehnt. Nervös machte außerdem eine allgemeine Bestandsaufnahme von Firmenchef Tim Cook, wonach man mit Blick auf die Weltwirtschaft so extreme Bedingungen beobachte, wie man sie so früher noch nie gesehen habe. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht wirklich, dass der Aktienkurs zum Redaktionsschluss praktisch auf dem Jahrestief notiert.

Bei einem geschätzten KGV von rund zehn für 2016 steht einem derzeit schwachen Chartbild eine optisch moderate Bewertung gegenüber. Bei Goldman Sachs glaubt man, dass die Aktie zu günstig ist und längerfristig gesehen die Wachstumsraten höher ausfallen als derzeit vom Markt unterstellt. Analystin Simona Jankowski ist der Meinung, der Markt unterschätze die wiederkehrenden Umsatzströme sowohl im Hardware- als auch im Software-Geschäft. Das Kursziel beträgt 155 Dollar, woraus sich theoretisch ein Kurspotenzial von 65,9 Prozent ergibt.



Goldman Sachs US-Aktien-Kauffavorit mit dem größten Kurspotenzial, Nummer drei: United Continental Holdings (WKN: A1C6TV, 47,71 Dollar, 43,816 Euro)



Trotz des Sonderbonus, der mit den tiefen Energiepreisen einhergeht, konnten die Aktien der meisten US-Fluggesellschaften zuletzt nicht mehr richtig durchstarten. Das gilt erst Recht für die Anteilsscheine der United Continental Holdings. Hier bewegt sich der Abschlag gemessen an dem Vorjahreshoch von 57,30 Dollar aktuell bei 16,7 Prozent. Charttechnisch hat sich dadurch die Lage bei dem Titel, der sich seit 2009 vervielfacht hat, spürbar eingetrübt.

Das ist auch deshalb erstaunlich, weil das billige Kerosin und eine dicke Steuergutschrift der US-Fluggesellschaft 2015 einen Gewinnsprung beschert haben. Konkret stieg der Gewinn im abgelaufenen Jahr von 1,1 Milliarden auf 7,3 Milliarden Dollar. Allein die Kerosinrechnung fiel gut vier Milliarden Dollar geringer aus als ein Jahr zuvor, eine Steuergutschrift brachte weitere drei Milliarden Dollar ein. Der Umsatz sank dagegen um drei Prozent auf 37,9 Milliarden Dollar. Das Jahresende lief etwas schlechter als von Analysten erwartet. Die Erlöse litten unter dem starken Dollar und dem Preiskampf in der Branche, hieß es von Unternehmensseite. Dennoch kauft die Gesellschaft 40 neue Boeing-Flugzeuge für ihre Regionalstrecken, die ab Mitte 2017 in die Flotte aufgenommen werden sollen.

Der Sitzladefaktor, eine in der Luftfahrt wichtige operative Kennziffer, stieg auf 82,6 Prozent von 81,6 Prozent. Der erst unlängst zum Vorstandschef aufgestiegene Oscar Munoz, der im Oktober einem Herzinfarkt erlitten hatte und sich deshalb im Januar einer Herztransplantation unterziehen musste, soll im Laufe des Quartals seine Arbeit wieder aufnehmen. Mal sehen, ob mit ihm auch der Aktienkurs wieder gesundet, wobei verfehlte Quartalsprognosen bei Umsatz und Gewinn kurzfristig erst einmal keine allzu gute Ausgangsposition sind.

Einladend sieht allerdings die Bewertung aus, die sich auf Basis des von Analysten im Schnitt für 2016 erwarteten Gewinns je Aktie von 9,02 Dollar ergibt. Denn das entspricht lediglich einem KGV von 5,3. Goldman Sachs traut dem Titel Kurse von 86 Dollar zu. Bei Zielerreichung wäre das gleichbedeutend mit einem Kursanstieg von rund 80 Prozent.



Goldman Sachs US-Aktien-Kauffavorit mit dem größten Kurspotenzial, Nummer zwei: Harley Davidson Inc. (WKN: 871394, 37,49 Dollar, 34,412 Euro)



Fast schon beängstigend sieht derzeit das Chartbild bei Harley Davidson aus. Die Aktie, die Ende April 2014 noch bei 73,94 Dollar notierte, steuert daran gemessen direkt auf eine Kurshalbierung zu. Schaut man sich den Chart an, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob die Notiz noch auf viel tiefere Notierungen fallen könnte.

Um noch mehr Ungemach zu verhindern, war es wichtig, wie die am 28. Januar veröffentlichten Geschäftszahlen ausfallen. Analysten hatten im Vorfeld die Messlatte beim Gewinn je Aktie auf 0,19 Dollar nach 0,35 Dollar im Vorjahresquartal gelegt und beim Umsatz auf unveränderte 1,03 Milliarden Dollar. Ein Schlagen dieser Vorgaben könnte schwierig werden, nachdem die Konkurrenz zuvor bereits mit wenig prickelnden Zahlen aufwartete. So gesehen überrascht ein Aktienkurs kaum, der kurz vor der Zahlenveröffentlichung auf neue Mehrjahrstiefs abgerutscht ist.

Als eines der größeren Probleme wird am Markt der Umstand wahrgenommen, dass die Motorrad-Händler auf großen Mengen gebrauchter Harley-Davidsons sitzen, was auch die Preise für Motorräder drückt, die in Zahlung gegeben werden. Als Folge davon werden weniger neue Modelle gekauft und klammheimlich kommt es dadurch von Händlerseite zu eigentlich verbotenen Preissenkungen. Zudem sorgt der Konkurrent Polaris mit einem überzeugenden Produktangebot für intensive Konkurrenz. Deshalb ist es wichtig, dass der Vorstand von Harley Davidson beim Marketing und bei der Produktentwicklung die richtigen Antworten findet.

Gelingt das, ist die Aktie auf der im Vorjahr erreichten Gewinnbasis von 4,00 Dollar mit einem KGV von 9,4 moderat bewertet. Goldman Sachs nennt als Kursziel 68 Dollar, was um 81,4 Prozent über der derzeit gültigen Notiz liegt.



Goldman Sachs US-Aktien-Kauffavorit mit dem größten Kurspotenzial, Nummer eins: Ford Motor Co. (WKN: 502391, 11,85 Dollar, 10,884 Euro)



In den USA brummt das Geschäft, wenn als Maßstab die Verkaufszahlen für das Vorjahr herangezogen werden. Mit am stärksten profitieren davon die drei großen drei amerikanischen Hersteller. Obwohl dazu auch Ford Motor gehört, hat auch der Kurs dieses Autobauers den Rückwärtsgang eingelegt. In nur gut drei Monaten hat die Notiz um 24,4 Prozent nachgegeben und der Chart lässt dadurch den Kopf ganz schon hängen.

Selbst die Beteuerungen des Vorstandes, der sich im Vorgriff auf die Mitte April anstehenden Ergebnisbekanntgabe jüngst bereits vorab optimistisch für das Abschneiden im Jahr 2015 zeigte, hat dem Kurs bisher nicht wieder auf die Sprünge geholfen. Dabei geht man intern davon aus, beim um Sondereffekte bereinigten Vorsteuergewinn das obere Ende der eigenen Prognosespanne von 10-11 Milliarden Dollar erreicht zu haben. Für das Jahr 2016 geht der Konzern davon aus, den Vorsteuergewinn aus 2015 erneut zu erreichen oder zu übertreffen. Zudem kündigte Ford eine Sonderausschüttung in Höhe von insgesamt eine Milliarde Dollar an, was 0,25 Dollar je Aktie entspricht.

Doch die Marktteilnehmer bleiben trotz alledem vorsichtig gestimmt, weil man sich fragt, ob der Sektor nicht bald den Höhepunkt im laufenden Zyklus erreicht oder vielleicht sogar schon überschritten hat. Außerdem ist man verunsichert, wie sich letztlich das Thema autonomes Fahren auf die Branche auswirken wird. Zu denken geben in diesem Zusammenhang auch sinkende Führerscheinquoten bei Jugendlichen und darüber hinaus bereitet auch die freigiebige Vergabe von Autokrediten Kopfzerbrechen, weil die Frage im Raum steht, ob wegen laxer Vorgaben nicht auch viele wenig kreditwürdige Kreditnehmer darunter sind.

Auf Basis der regulären Quartalsdividende von 0,15 Dollar ergibt sich für das Gesamtjahr eine Dividendenrendite von 5,06 Prozent und bei einem für 2016 geschätzten Gewinn je Aktie von 1,95 Dollar beträgt das KGV lediglich 6,1. Goldman Sachs hält das für zu niedrig und beziffert das Kursziel auf 21 Dollar. Daraus resultiert ein Aufwärtspotenzial von 77,2 Prozent.